Der hohe Phosphorgehalt machte das Eisen besonders brüchig und für den Geschützguss ungeeignet.
Die noch gründlicheren Untersuchungen von Berthier (1808) über Schlacken und Eisen der Hochöfen von Mont Blanc und Allevard und die Stahlfrischhütten von Rives können wir hier nur erwähnen 1).
Die Eisenanalysen waren damals durchweg noch sehr unvollkommen. Dasselbe lässt sich von den älteren Eisenerzanalysen sagen. So- lange man keine richtigen Kenntnisse der Oxydationsstufen des Eisens, der Oxyde und der Oxydhydrate hatte, konnten auch die Analysen nicht richtig berechnet werden; weit mehr noch waren aber die un- vollkommenen analytischen Methoden an der Mangelhaftigkeit der Resultate schuld. Der Eisengehalt wurde meistens durch die trockene oder Schmelzprobe bestimmt. Da hierbei ein Roheisenkorn fiel, wel- ches Kohlenstoff und auch noch sonstige Beimengungen enthielt, so fiel der Eisengehalt stets zu hoch aus. Die übrigen Bestandteile wurden für sich ermittelt und die sich ergebende Differenz als Sauer- stoff aufgeführt. Die Fällung als Berlinerblau nach Bergmans Ver- fahren gab ebenfalls einen zu hohen Eisengehalt. Da auch die übrigen Bestandteile, wegen mangelhaften Auswaschens u. s. w., in der Regel zu hoch ausfielen, so ergab die Summe der Bestandteile eine höhere Zahl als 100. Die Chemiker hatten nun die schlechte Gewohnheit, nach Willkür oder vorgefassten Meinungen die Zahlen auf die Summe von 100 zu reduzieren; dadurch verringerten sie noch den Wert ihrer unvollkommenen Arbeiten. Klaproth war der erste, der den Mut und die Gewissenhaftigkeit hatte, seine analytischen Untersuchungen nach ihrem wirklichen Ausfall zu veröffentlichen. Dadurch haben seine Analysen, abgesehen von ihrer grösseren Genauig- keit, einen bleibenden Wert und sein Verfahren fand allgemeine Nach- ahmung.
Die trockene Probe für die Eisenbestimmung blieb indes noch
1) S. Annales des arts et manuf. 31. August 1808.
Chemie 1801 bis 1815.
Kieselsäure 3,5
Thonerde 0,8
Kalkerde 0,5
Schwefel 0,3
Phosphor 0,75
5,85
Kohlenstoff 2,10
Eisen 93,15
101,10
Der hohe Phosphorgehalt machte das Eisen besonders brüchig und für den Geschützguſs ungeeignet.
Die noch gründlicheren Untersuchungen von Berthier (1808) über Schlacken und Eisen der Hochöfen von Mont Blanc und Allevard und die Stahlfrischhütten von Rives können wir hier nur erwähnen 1).
Die Eisenanalysen waren damals durchweg noch sehr unvollkommen. Dasselbe läſst sich von den älteren Eisenerzanalysen sagen. So- lange man keine richtigen Kenntnisse der Oxydationsstufen des Eisens, der Oxyde und der Oxydhydrate hatte, konnten auch die Analysen nicht richtig berechnet werden; weit mehr noch waren aber die un- vollkommenen analytischen Methoden an der Mangelhaftigkeit der Resultate schuld. Der Eisengehalt wurde meistens durch die trockene oder Schmelzprobe bestimmt. Da hierbei ein Roheisenkorn fiel, wel- ches Kohlenstoff und auch noch sonstige Beimengungen enthielt, so fiel der Eisengehalt stets zu hoch aus. Die übrigen Bestandteile wurden für sich ermittelt und die sich ergebende Differenz als Sauer- stoff aufgeführt. Die Fällung als Berlinerblau nach Bergmans Ver- fahren gab ebenfalls einen zu hohen Eisengehalt. Da auch die übrigen Bestandteile, wegen mangelhaften Auswaschens u. s. w., in der Regel zu hoch ausfielen, so ergab die Summe der Bestandteile eine höhere Zahl als 100. Die Chemiker hatten nun die schlechte Gewohnheit, nach Willkür oder vorgefaſsten Meinungen die Zahlen auf die Summe von 100 zu reduzieren; dadurch verringerten sie noch den Wert ihrer unvollkommenen Arbeiten. Klaproth war der erste, der den Mut und die Gewissenhaftigkeit hatte, seine analytischen Untersuchungen nach ihrem wirklichen Ausfall zu veröffentlichen. Dadurch haben seine Analysen, abgesehen von ihrer gröſseren Genauig- keit, einen bleibenden Wert und sein Verfahren fand allgemeine Nach- ahmung.
Die trockene Probe für die Eisenbestimmung blieb indes noch
1) S. Annales des arts et manuf. 31. August 1808.
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[36/0052]
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Thonerde 0,8
Kalkerde 0,5
Schwefel 0,3
Phosphor 0,75
5,85
Kohlenstoff 2,10
Eisen 93,15
101,10
Der hohe Phosphorgehalt machte das Eisen besonders brüchig
und für den Geschützguſs ungeeignet.
Die noch gründlicheren Untersuchungen von Berthier (1808) über
Schlacken und Eisen der Hochöfen von Mont Blanc und Allevard
und die Stahlfrischhütten von Rives können wir hier nur erwähnen 1).
Die Eisenanalysen waren damals durchweg noch sehr unvollkommen.
Dasselbe läſst sich von den älteren Eisenerzanalysen sagen. So-
lange man keine richtigen Kenntnisse der Oxydationsstufen des Eisens,
der Oxyde und der Oxydhydrate hatte, konnten auch die Analysen
nicht richtig berechnet werden; weit mehr noch waren aber die un-
vollkommenen analytischen Methoden an der Mangelhaftigkeit der
Resultate schuld. Der Eisengehalt wurde meistens durch die trockene
oder Schmelzprobe bestimmt. Da hierbei ein Roheisenkorn fiel, wel-
ches Kohlenstoff und auch noch sonstige Beimengungen enthielt, so
fiel der Eisengehalt stets zu hoch aus. Die übrigen Bestandteile
wurden für sich ermittelt und die sich ergebende Differenz als Sauer-
stoff aufgeführt. Die Fällung als Berlinerblau nach Bergmans Ver-
fahren gab ebenfalls einen zu hohen Eisengehalt. Da auch die
übrigen Bestandteile, wegen mangelhaften Auswaschens u. s. w., in der
Regel zu hoch ausfielen, so ergab die Summe der Bestandteile eine
höhere Zahl als 100. Die Chemiker hatten nun die schlechte
Gewohnheit, nach Willkür oder vorgefaſsten Meinungen die Zahlen
auf die Summe von 100 zu reduzieren; dadurch verringerten sie noch
den Wert ihrer unvollkommenen Arbeiten. Klaproth war der erste,
der den Mut und die Gewissenhaftigkeit hatte, seine analytischen
Untersuchungen nach ihrem wirklichen Ausfall zu veröffentlichen.
Dadurch haben seine Analysen, abgesehen von ihrer gröſseren Genauig-
keit, einen bleibenden Wert und sein Verfahren fand allgemeine Nach-
ahmung.
Die trockene Probe für die Eisenbestimmung blieb indes noch
1) S. Annales des arts et manuf. 31. August 1808.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/52>, abgerufen am 19.12.2024.
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