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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Chemie 1801 bis 1815.
Durch zahlreiche Analysen wurde nachgewiesen, dass das siderische
Eisen stets Nickel, aber keinen Kohlenstoff enthielt.

Die ersten richtigen Analysen veröffentlichte Klaproth. 1798
hatte er das Meteoreisen von Agram untersucht und darin 96,50 Tle.
Eisen und 3,50 Tle. Nickel gefunden 1); ferner in dem von Durango
96,75 Tle. Eisen und 3,25 Tle. Nickel. Proust hatte 1799 das
gediegene Eisen von Tucuman zerlegt und darin ebenfalls einen
Nickelgehalt nachgewiesen.

Eine interessante systematische Untersuchung stellte Vauquelin
1806 an, indem er Raseneisensteine aus Burgund und der Freigraf-
schaft, die dazu verwendeten Zuschläge und das daraus geschmolzene
Roheisen, Gareisen und die Schlacken analysierte 2). Er wollte dadurch
zu einer richtigen Erkenntnis der chemischen Vorgänge bei den
Hüttenprozessen kommen und sprach die Ansicht aus, dass, wenn
gleichartige Versuche auf allen Hütten gemacht würden, dies eine
grosse Förderung für die Hüttenkunde sein würde.

Er untersuchte die Kalksteine von Drambon (vier Stunden von
Dijon) und von Pesme, die als Zuschlag verwendet wurden, und fand, dass
beide, namentlich aber letzterer, fast ganz aus kohlensaurem Kalk
beständen, mit einer geringen Beimengung von phosphorsaurem Kalk,
welche aber nicht 1/5 Proz. betrug. -- Sodann analysierte er zuerst
die Frischschlacke der Hütte von Drambon, weil in dieser alle Ver-
unreinigungen des Roheisens enthalten sein mussten. Die qualitative
Analyse ergab die Anwesenheit von Eisenoxydul, Manganoxyd, Kalk,
Thonerde, Kieselsäure, Phosphorsäure und Chrom. Hiernach unter-
suchte Vauquelin den Raseneisenstein von Drambon und fand darin
dieselben Stoffe. Nun untersuchte er das Roheisen von Drambon.
Beim Auflösen ging mit dem Wasserstoff ein öliges Gas fort, dessen
stinkenden Geruch er einer Beimischung von Phosphor zuschrieb.
Auch der Rückstand der Lösung in Schwefelsäure enthielt von dieser
öligen Substanz, welche er mit Alkohol auszog und durch Verdunsten
derselben isolierte. In dem Roheisen fand er ausserdem Kohlen-
eisen, Phosphoreisen, Mangan, Chrom, Kieselerde und Thonerde, und
zwar in weissem Eisen mehr als in grauem. Der Rückstand der
Auflösung in verdünnter Schwefelsäure betrug etwas über 5 Proz.
Das hieraus gefrischte Schmiedeeisen gab nur 3 Proz. Rückstand

1) Siehe N. allgem. Journal der Chemie, Bd. I, S. 13 und Klaproths Bei-
träge zur chem. Kenntnis der Mineralkörper, Bd. IV, S. 99.
2) S. Journal des Mines, Vol. XX, p. 381.

Chemie 1801 bis 1815.
Durch zahlreiche Analysen wurde nachgewiesen, daſs das siderische
Eisen stets Nickel, aber keinen Kohlenstoff enthielt.

Die ersten richtigen Analysen veröffentlichte Klaproth. 1798
hatte er das Meteoreisen von Agram untersucht und darin 96,50 Tle.
Eisen und 3,50 Tle. Nickel gefunden 1); ferner in dem von Durango
96,75 Tle. Eisen und 3,25 Tle. Nickel. Proust hatte 1799 das
gediegene Eisen von Tucuman zerlegt und darin ebenfalls einen
Nickelgehalt nachgewiesen.

Eine interessante systematische Untersuchung stellte Vauquelin
1806 an, indem er Raseneisensteine aus Burgund und der Freigraf-
schaft, die dazu verwendeten Zuschläge und das daraus geschmolzene
Roheisen, Gareisen und die Schlacken analysierte 2). Er wollte dadurch
zu einer richtigen Erkenntnis der chemischen Vorgänge bei den
Hüttenprozessen kommen und sprach die Ansicht aus, daſs, wenn
gleichartige Versuche auf allen Hütten gemacht würden, dies eine
groſse Förderung für die Hüttenkunde sein würde.

Er untersuchte die Kalksteine von Drambon (vier Stunden von
Dijon) und von Pesme, die als Zuschlag verwendet wurden, und fand, daſs
beide, namentlich aber letzterer, fast ganz aus kohlensaurem Kalk
beständen, mit einer geringen Beimengung von phosphorsaurem Kalk,
welche aber nicht ⅕ Proz. betrug. — Sodann analysierte er zuerst
die Frischschlacke der Hütte von Drambon, weil in dieser alle Ver-
unreinigungen des Roheisens enthalten sein muſsten. Die qualitative
Analyse ergab die Anwesenheit von Eisenoxydul, Manganoxyd, Kalk,
Thonerde, Kieselsäure, Phosphorsäure und Chrom. Hiernach unter-
suchte Vauquelin den Raseneisenstein von Drambon und fand darin
dieselben Stoffe. Nun untersuchte er das Roheisen von Drambon.
Beim Auflösen ging mit dem Wasserstoff ein öliges Gas fort, dessen
stinkenden Geruch er einer Beimischung von Phosphor zuschrieb.
Auch der Rückstand der Lösung in Schwefelsäure enthielt von dieser
öligen Substanz, welche er mit Alkohol auszog und durch Verdunsten
derselben isolierte. In dem Roheisen fand er auſserdem Kohlen-
eisen, Phosphoreisen, Mangan, Chrom, Kieselerde und Thonerde, und
zwar in weiſsem Eisen mehr als in grauem. Der Rückstand der
Auflösung in verdünnter Schwefelsäure betrug etwas über 5 Proz.
Das hieraus gefrischte Schmiedeeisen gab nur 3 Proz. Rückstand

1) Siehe N. allgem. Journal der Chemie, Bd. I, S. 13 und Klaproths Bei-
träge zur chem. Kenntnis der Mineralkörper, Bd. IV, S. 99.
2) S. Journal des Mines, Vol. XX, p. 381.
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[34/0050] Chemie 1801 bis 1815. Durch zahlreiche Analysen wurde nachgewiesen, daſs das siderische Eisen stets Nickel, aber keinen Kohlenstoff enthielt. Die ersten richtigen Analysen veröffentlichte Klaproth. 1798 hatte er das Meteoreisen von Agram untersucht und darin 96,50 Tle. Eisen und 3,50 Tle. Nickel gefunden 1); ferner in dem von Durango 96,75 Tle. Eisen und 3,25 Tle. Nickel. Proust hatte 1799 das gediegene Eisen von Tucuman zerlegt und darin ebenfalls einen Nickelgehalt nachgewiesen. Eine interessante systematische Untersuchung stellte Vauquelin 1806 an, indem er Raseneisensteine aus Burgund und der Freigraf- schaft, die dazu verwendeten Zuschläge und das daraus geschmolzene Roheisen, Gareisen und die Schlacken analysierte 2). Er wollte dadurch zu einer richtigen Erkenntnis der chemischen Vorgänge bei den Hüttenprozessen kommen und sprach die Ansicht aus, daſs, wenn gleichartige Versuche auf allen Hütten gemacht würden, dies eine groſse Förderung für die Hüttenkunde sein würde. Er untersuchte die Kalksteine von Drambon (vier Stunden von Dijon) und von Pesme, die als Zuschlag verwendet wurden, und fand, daſs beide, namentlich aber letzterer, fast ganz aus kohlensaurem Kalk beständen, mit einer geringen Beimengung von phosphorsaurem Kalk, welche aber nicht ⅕ Proz. betrug. — Sodann analysierte er zuerst die Frischschlacke der Hütte von Drambon, weil in dieser alle Ver- unreinigungen des Roheisens enthalten sein muſsten. Die qualitative Analyse ergab die Anwesenheit von Eisenoxydul, Manganoxyd, Kalk, Thonerde, Kieselsäure, Phosphorsäure und Chrom. Hiernach unter- suchte Vauquelin den Raseneisenstein von Drambon und fand darin dieselben Stoffe. Nun untersuchte er das Roheisen von Drambon. Beim Auflösen ging mit dem Wasserstoff ein öliges Gas fort, dessen stinkenden Geruch er einer Beimischung von Phosphor zuschrieb. Auch der Rückstand der Lösung in Schwefelsäure enthielt von dieser öligen Substanz, welche er mit Alkohol auszog und durch Verdunsten derselben isolierte. In dem Roheisen fand er auſserdem Kohlen- eisen, Phosphoreisen, Mangan, Chrom, Kieselerde und Thonerde, und zwar in weiſsem Eisen mehr als in grauem. Der Rückstand der Auflösung in verdünnter Schwefelsäure betrug etwas über 5 Proz. Das hieraus gefrischte Schmiedeeisen gab nur 3 Proz. Rückstand 1) Siehe N. allgem. Journal der Chemie, Bd. I, S. 13 und Klaproths Bei- träge zur chem. Kenntnis der Mineralkörper, Bd. IV, S. 99. 2) S. Journal des Mines, Vol. XX, p. 381.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/50>, abgerufen am 23.04.2024.