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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Eisengiesserei 1801 bis 1815.
Breite sollte bei Steinkohlenfeuerung höchstens 3 zu 1 betragen; bei
den meisten Flammöfen in Oberschlesien war das Verhältnis 11 zu 4.
-- In England stellte man oft zwei Flammöfen in ein gemeinschaft-
liches Mauerwerk, wie Fig. 34 zeigt.

Das Flammofenschmelzen hatte den Nachteil, dass das Roheisen
dabei eine Veränderung seiner chemischen Verhältnisse erfuhr. Es
wurde durch den Sauerstoff der Luft teilweise entkohlt. Erst erfolgte
ein Braten der glühenden Eisenstücke und dann ein Frischen des
flüssigen Metalls. Es bildeten sich mehr oder weniger grosse Mengen
von Schaleneisen, und das Eisen wurde dickflüssiger. Diese Einwirkung
der Luft wurde vermindert durch rasches Einschmelzen. Trotzdem
war das Flammofeneisen nicht für alle Gusswaren geeignet, am besten

[Abbildung] Fig. 34.
war es für grosse Stücke, wie für
Kanonen und für Walzen, wozu es in
England verwendet wurde. Je nach
der Grösse des Ofens und der Güte
der Steinkohlen wurden in zwei bis
vier Stunden 15 bis 16 Ctr. Roheisen
geschmolzen. Der Schmelzverlust be-
trug 10 bis 15 Proz. Der Steinkohlen-
verbrauch war dem Roheisengewicht
annähernd gleich. Wie für die Kupol-
öfen die Koks, so waren für die
Flammöfen die Steinkohlen das vor-
teilhafteste Brennmaterial. Es bedurfte grosser Holzmengen, um die
erforderliche Hitze zu erzielen. In Russland betrug der Holzaufwand
160 kg trockenes Kiefernholz auf 100 kg Roheisen.

Die Schmelzkosten stellten sich entschieden bei den Kupolöfen am
geringsten. Dagegen bedurften diese einen Motor für die Winderzeugung.

Von sonstigen Verbesserungen bei der Eisengiesserei in dieser
Zeit ist die Einführung von Trockenkammern, welche ebenfalls
zuerst in England in Anwendung kamen, zu nennen. Früher hatte
man die Lehmformen und Lehmkerne im Freien getrocknet, was aber
einen grossen Kohlenaufwand erforderte. Auch waren Koks hierfür
wenig geeignet, während sie in den Trockenkammern sehr gut brannten.
Diese Trocken- oder Darrkammern wurden mit grossen eisernen
Thüren verschlossen. Das Hinein- und Herausbringen geschah auf
eisernen Wagen, welche sich auf eisernen Schienen bewegten.

Zum Heben der schweren Lasten in der Giesserei dienten hölzerne
oder eiserne Krane mit Flaschenzügen, von denen häufig mehrere

Eisengieſserei 1801 bis 1815.
Breite sollte bei Steinkohlenfeuerung höchstens 3 zu 1 betragen; bei
den meisten Flammöfen in Oberschlesien war das Verhältnis 11 zu 4.
— In England stellte man oft zwei Flammöfen in ein gemeinschaft-
liches Mauerwerk, wie Fig. 34 zeigt.

Das Flammofenschmelzen hatte den Nachteil, daſs das Roheisen
dabei eine Veränderung seiner chemischen Verhältnisse erfuhr. Es
wurde durch den Sauerstoff der Luft teilweise entkohlt. Erst erfolgte
ein Braten der glühenden Eisenstücke und dann ein Frischen des
flüssigen Metalls. Es bildeten sich mehr oder weniger groſse Mengen
von Schaleneisen, und das Eisen wurde dickflüssiger. Diese Einwirkung
der Luft wurde vermindert durch rasches Einschmelzen. Trotzdem
war das Flammofeneisen nicht für alle Guſswaren geeignet, am besten

[Abbildung] Fig. 34.
war es für groſse Stücke, wie für
Kanonen und für Walzen, wozu es in
England verwendet wurde. Je nach
der Gröſse des Ofens und der Güte
der Steinkohlen wurden in zwei bis
vier Stunden 15 bis 16 Ctr. Roheisen
geschmolzen. Der Schmelzverlust be-
trug 10 bis 15 Proz. Der Steinkohlen-
verbrauch war dem Roheisengewicht
annähernd gleich. Wie für die Kupol-
öfen die Koks, so waren für die
Flammöfen die Steinkohlen das vor-
teilhafteste Brennmaterial. Es bedurfte groſser Holzmengen, um die
erforderliche Hitze zu erzielen. In Ruſsland betrug der Holzaufwand
160 kg trockenes Kiefernholz auf 100 kg Roheisen.

Die Schmelzkosten stellten sich entschieden bei den Kupolöfen am
geringsten. Dagegen bedurften diese einen Motor für die Winderzeugung.

Von sonstigen Verbesserungen bei der Eisengieſserei in dieser
Zeit ist die Einführung von Trockenkammern, welche ebenfalls
zuerst in England in Anwendung kamen, zu nennen. Früher hatte
man die Lehmformen und Lehmkerne im Freien getrocknet, was aber
einen groſsen Kohlenaufwand erforderte. Auch waren Koks hierfür
wenig geeignet, während sie in den Trockenkammern sehr gut brannten.
Diese Trocken- oder Darrkammern wurden mit groſsen eisernen
Thüren verschlossen. Das Hinein- und Herausbringen geschah auf
eisernen Wagen, welche sich auf eisernen Schienen bewegten.

Zum Heben der schweren Lasten in der Gieſserei dienten hölzerne
oder eiserne Krane mit Flaschenzügen, von denen häufig mehrere

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[102/0118] Eisengieſserei 1801 bis 1815. Breite sollte bei Steinkohlenfeuerung höchstens 3 zu 1 betragen; bei den meisten Flammöfen in Oberschlesien war das Verhältnis 11 zu 4. — In England stellte man oft zwei Flammöfen in ein gemeinschaft- liches Mauerwerk, wie Fig. 34 zeigt. Das Flammofenschmelzen hatte den Nachteil, daſs das Roheisen dabei eine Veränderung seiner chemischen Verhältnisse erfuhr. Es wurde durch den Sauerstoff der Luft teilweise entkohlt. Erst erfolgte ein Braten der glühenden Eisenstücke und dann ein Frischen des flüssigen Metalls. Es bildeten sich mehr oder weniger groſse Mengen von Schaleneisen, und das Eisen wurde dickflüssiger. Diese Einwirkung der Luft wurde vermindert durch rasches Einschmelzen. Trotzdem war das Flammofeneisen nicht für alle Guſswaren geeignet, am besten [Abbildung Fig. 34.] war es für groſse Stücke, wie für Kanonen und für Walzen, wozu es in England verwendet wurde. Je nach der Gröſse des Ofens und der Güte der Steinkohlen wurden in zwei bis vier Stunden 15 bis 16 Ctr. Roheisen geschmolzen. Der Schmelzverlust be- trug 10 bis 15 Proz. Der Steinkohlen- verbrauch war dem Roheisengewicht annähernd gleich. Wie für die Kupol- öfen die Koks, so waren für die Flammöfen die Steinkohlen das vor- teilhafteste Brennmaterial. Es bedurfte groſser Holzmengen, um die erforderliche Hitze zu erzielen. In Ruſsland betrug der Holzaufwand 160 kg trockenes Kiefernholz auf 100 kg Roheisen. Die Schmelzkosten stellten sich entschieden bei den Kupolöfen am geringsten. Dagegen bedurften diese einen Motor für die Winderzeugung. Von sonstigen Verbesserungen bei der Eisengieſserei in dieser Zeit ist die Einführung von Trockenkammern, welche ebenfalls zuerst in England in Anwendung kamen, zu nennen. Früher hatte man die Lehmformen und Lehmkerne im Freien getrocknet, was aber einen groſsen Kohlenaufwand erforderte. Auch waren Koks hierfür wenig geeignet, während sie in den Trockenkammern sehr gut brannten. Diese Trocken- oder Darrkammern wurden mit groſsen eisernen Thüren verschlossen. Das Hinein- und Herausbringen geschah auf eisernen Wagen, welche sich auf eisernen Schienen bewegten. Zum Heben der schweren Lasten in der Gieſserei dienten hölzerne oder eiserne Krane mit Flaschenzügen, von denen häufig mehrere

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/118>, abgerufen am 27.11.2024.