die bereits bestehenden älteren zu Neunkirchen, Geislautern, Sulzbach, Fischbach und Scheid waren zwar meist verpachtet, erfreuten sich aber mannigfacher Unterstützung seitens des Fürsten.
Die Eisenerze für alle diese Werke wurden sämtlich in der un- mittelbaren Nähe der Schmelzen gewonnen und zwar früher aus- schliesslich durch regellosen Tagebau, "Verlochung" genannt. Der Thoneisenstein wurde geröstet, die Roteisensteine wurden roh ver- wendet; beide ergaben, mit Kalksteinzuschlag geschmolzen, ein Aus- bringen von 30 bis 35 Proz. Die Tagesproduktion betrug nicht über 1000 kg, die teils vergossen, teils verfrischt wurden. Die Saarbrücker Hütten galten schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts als die bedeutendsten auf der linken Rheinseite.
Mit dem Wachsen der Eisenindustrie wuchs der Holzverbrauch und damit die Befürchtung einer allmählichen Erschöpfung der Wälder. Der Holzverbrauch der Hütten in Nassau-Saarbrücken betrug 1734 bereits 24000 Klafter und in den 50er Jahren 26000. Dies veranlasste den einsichtsvollen Fürsten, die Frage der Verwendung der Steinkohle als Ersatz für Holzkohle mit aller Energie in die Hand zu nehmen.
Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken kann der Begründer der Steinkohlenindustrie im Saargebiet genannt werden. Als Oranier stand er mit den Niederlanden in enger Beziehung, was er zum Vorteil seines Landes benutzte, einen schwunghaften direkten Handel mit Holland zu begründen, wobei besonders Kolonialwaren gegen Schiffsbauholz, Steinkohlen, Eisen, Glas- und Porzellanwaren ausgetauscht wurden. Fürst Wilhelm Heinrich führte an Stelle des früheren Raubbaues und der regellosen Kohlengräbereien zuerst kunstgerechten Bergbau auf den Steinkohlenflötzen ein. Die grosse Bedeutung der Steinkohlen wusste er voll zu würdigen, weshalb er sich entschloss, den ganzen Kohlenbergbau selbst in die Hand zu nehmen.
Er betrieb Steinkohlenbergwerke zu Sulzbach, Dudweiler, Gers- weiler, Klarenthal, Geislautern, Willesweiler und im Kohlwald bei Neunkirchen. Am 12. Dezember 1754 bestimmte er, "dass in Zukunft niemand eine Steinkohlengrube eröffnen, noch weniger daraus Stein- kohlen bei 100 Rthlr. Strafe verkaufen darf". Dadurch wurde er der Gründer des grossen fiskalischen Steinkohlenbergbaues, den jetzt Preussen besitzt. Im Saargebiet wurde auch schon 1773 die erste Bergwerks-Dampfmaschine (pompe a feu) in den heutigen Grenzen Deutschlands auf der damals lothringischen Grube Griesborn aufgestellt.
Westfalen und die Rheinlande.
die bereits bestehenden älteren zu Neunkirchen, Geislautern, Sulzbach, Fischbach und Scheid waren zwar meist verpachtet, erfreuten sich aber mannigfacher Unterstützung seitens des Fürsten.
Die Eisenerze für alle diese Werke wurden sämtlich in der un- mittelbaren Nähe der Schmelzen gewonnen und zwar früher aus- schlieſslich durch regellosen Tagebau, „Verlochung“ genannt. Der Thoneisenstein wurde geröstet, die Roteisensteine wurden roh ver- wendet; beide ergaben, mit Kalksteinzuschlag geschmolzen, ein Aus- bringen von 30 bis 35 Proz. Die Tagesproduktion betrug nicht über 1000 kg, die teils vergossen, teils verfrischt wurden. Die Saarbrücker Hütten galten schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts als die bedeutendsten auf der linken Rheinseite.
Mit dem Wachsen der Eisenindustrie wuchs der Holzverbrauch und damit die Befürchtung einer allmählichen Erschöpfung der Wälder. Der Holzverbrauch der Hütten in Nassau-Saarbrücken betrug 1734 bereits 24000 Klafter und in den 50er Jahren 26000. Dies veranlaſste den einsichtsvollen Fürsten, die Frage der Verwendung der Steinkohle als Ersatz für Holzkohle mit aller Energie in die Hand zu nehmen.
Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken kann der Begründer der Steinkohlenindustrie im Saargebiet genannt werden. Als Oranier stand er mit den Niederlanden in enger Beziehung, was er zum Vorteil seines Landes benutzte, einen schwunghaften direkten Handel mit Holland zu begründen, wobei besonders Kolonialwaren gegen Schiffsbauholz, Steinkohlen, Eisen, Glas- und Porzellanwaren ausgetauscht wurden. Fürst Wilhelm Heinrich führte an Stelle des früheren Raubbaues und der regellosen Kohlengräbereien zuerst kunstgerechten Bergbau auf den Steinkohlenflötzen ein. Die groſse Bedeutung der Steinkohlen wuſste er voll zu würdigen, weshalb er sich entschloſs, den ganzen Kohlenbergbau selbst in die Hand zu nehmen.
Er betrieb Steinkohlenbergwerke zu Sulzbach, Dudweiler, Gers- weiler, Klarenthal, Geislautern, Willesweiler und im Kohlwald bei Neunkirchen. Am 12. Dezember 1754 bestimmte er, „daſs in Zukunft niemand eine Steinkohlengrube eröffnen, noch weniger daraus Stein- kohlen bei 100 Rthlr. Strafe verkaufen darf“. Dadurch wurde er der Gründer des groſsen fiskalischen Steinkohlenbergbaues, den jetzt Preuſsen besitzt. Im Saargebiet wurde auch schon 1773 die erste Bergwerks-Dampfmaschine (pompe à feu) in den heutigen Grenzen Deutschlands auf der damals lothringischen Grube Griesborn aufgestellt.
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[984/0998]
Westfalen und die Rheinlande.
die bereits bestehenden älteren zu Neunkirchen, Geislautern, Sulzbach,
Fischbach und Scheid waren zwar meist verpachtet, erfreuten sich
aber mannigfacher Unterstützung seitens des Fürsten.
Die Eisenerze für alle diese Werke wurden sämtlich in der un-
mittelbaren Nähe der Schmelzen gewonnen und zwar früher aus-
schlieſslich durch regellosen Tagebau, „Verlochung“ genannt. Der
Thoneisenstein wurde geröstet, die Roteisensteine wurden roh ver-
wendet; beide ergaben, mit Kalksteinzuschlag geschmolzen, ein Aus-
bringen von 30 bis 35 Proz. Die Tagesproduktion betrug nicht über
1000 kg, die teils vergossen, teils verfrischt wurden. Die Saarbrücker
Hütten galten schon seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts als die
bedeutendsten auf der linken Rheinseite.
Mit dem Wachsen der Eisenindustrie wuchs der Holzverbrauch
und damit die Befürchtung einer allmählichen Erschöpfung der
Wälder. Der Holzverbrauch der Hütten in Nassau-Saarbrücken betrug
1734 bereits 24000 Klafter und in den 50er Jahren 26000. Dies
veranlaſste den einsichtsvollen Fürsten, die Frage der Verwendung
der Steinkohle als Ersatz für Holzkohle mit aller Energie in die
Hand zu nehmen.
Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken kann der
Begründer der Steinkohlenindustrie im Saargebiet genannt werden.
Als Oranier stand er mit den Niederlanden in enger Beziehung, was
er zum Vorteil seines Landes benutzte, einen schwunghaften direkten
Handel mit Holland zu begründen, wobei besonders Kolonialwaren
gegen Schiffsbauholz, Steinkohlen, Eisen, Glas- und Porzellanwaren
ausgetauscht wurden. Fürst Wilhelm Heinrich führte an Stelle
des früheren Raubbaues und der regellosen Kohlengräbereien zuerst
kunstgerechten Bergbau auf den Steinkohlenflötzen ein. Die groſse
Bedeutung der Steinkohlen wuſste er voll zu würdigen, weshalb
er sich entschloſs, den ganzen Kohlenbergbau selbst in die Hand
zu nehmen.
Er betrieb Steinkohlenbergwerke zu Sulzbach, Dudweiler, Gers-
weiler, Klarenthal, Geislautern, Willesweiler und im Kohlwald bei
Neunkirchen. Am 12. Dezember 1754 bestimmte er, „daſs in Zukunft
niemand eine Steinkohlengrube eröffnen, noch weniger daraus Stein-
kohlen bei 100 Rthlr. Strafe verkaufen darf“. Dadurch wurde er
der Gründer des groſsen fiskalischen Steinkohlenbergbaues, den jetzt
Preuſsen besitzt. Im Saargebiet wurde auch schon 1773 die erste
Bergwerks-Dampfmaschine (pompe à feu) in den heutigen Grenzen
Deutschlands auf der damals lothringischen Grube Griesborn aufgestellt.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 984. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/998>, abgerufen am 22.11.2024.
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