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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Westfalen und die Rheinlande.

Schnell wuchs die Kleinschmiederei in den Thälern der Volme,
Haspe, Ennepe
empor. Während bis 1780 in Halver sich der
Gewerbebetrieb auf 2 Osemund- und 1 Rohstahlfeuer mit 12 Arbeitern
beschränkt hatte, zählte man dort 1791 schon 74 Arbeiter in Klein-
eisenwaren, und was noch merkwürdiger war, im nächsten Jahre, 1792,
schon 250 Arbeiter in Eisen, Stahl und anderen Metallen. Es waren
6 Reck- und Breithämmer hinzugekommen, und zur Anfertigung von
Schlössern, Bohrern, Feilen, Beiteln, Zangen, Sägen, Schippen, Fitzen,
Kaffeemühlen rührten sich fleissig die Hände der Schmiede. Beson-
deres Verdienst darum erwarben sich die Kaufleute Hermann,
Heinrich
und Johann Dietrich Winkhaus. Ähnlich war es
in Vörde, wo die sogen. "kleine Fabrik" vor 1780 gar nichts war,
während 1800 schon 56 Schmiedewerkstätten für Fabrikwaren im
Betrieb waren. Die Freiheit Volmarstein hatte 1791 bereits
38 Arbeiter für Schlösser, Nägel und Kaffeemühlen.

Wir haben früher schon erwähnt, dass Friedrich II. und sein
Minister von Heinitz durch Anlagen von Land- und Wasserstrassen
die Industrie des Landes hoben. Am 16. Februar 1784 wurde dem
Oberbergrat vom Stein, dem späteren berühmten Minister, die Lei-
tung der westfälischen Bergämter und die Aufsicht über die Fabriken
in der Grafschaft Mark mit dem Amtssitz in Wetter übertragen. In
dieser Stellung leistete er viel für Hebung des Steinkohlenbergbaues
und der Fabrikindustrie. Das schönste Denkmal setzte er sich aber
durch die Schiffbarmachung der Ruhr, um dadurch die Kohlenbergwerke
mit dem Clevischen, dem Rhein und Holland in Verbindung zu setzen
und eine Erweiterung des Kohlen- und Salzabsatzes herbeizuführen1).
Für den Steinkohlenbergbau der Ruhr war dies die grösste Wohlthat.

Unter Stein wurde auch der erste Versuch mit einer Kohlen-
bahn in Deutschland gemacht. Es geschah dies auf Betreiben des
Bergrats Eversmann, der einen "englischen Kohlenweg" von den
Kohlengruben im Rauchendahler Gebirg (bei Dahlhausen) nach der
Ruhr bauen wollte. Der Bericht darüber wurde am 28. Februar 1786
vom Oberbergrat vom Stein an das königl. Generaldirektorium nach
Berlin geschickt. Weitere Nachrichten fehlen.

Eversmann und Post legten 1794 zwei Gussflammöfen (Zug-
öfen) an, um mit Steinkohle alte Kanonen und altes Gusseisen um-
zuschmelzen und zu Munition zu vergiessen, erzielten aber, wie
Eversmann schreibt, damit keinen anderen Gewinn, als dass sie

1) Siehe Pertz, a. a. O., S. 75.
Westfalen und die Rheinlande.

Schnell wuchs die Kleinschmiederei in den Thälern der Volme,
Haspe, Ennepe
empor. Während bis 1780 in Halver sich der
Gewerbebetrieb auf 2 Osemund- und 1 Rohstahlfeuer mit 12 Arbeitern
beschränkt hatte, zählte man dort 1791 schon 74 Arbeiter in Klein-
eisenwaren, und was noch merkwürdiger war, im nächsten Jahre, 1792,
schon 250 Arbeiter in Eisen, Stahl und anderen Metallen. Es waren
6 Reck- und Breithämmer hinzugekommen, und zur Anfertigung von
Schlössern, Bohrern, Feilen, Beiteln, Zangen, Sägen, Schippen, Fitzen,
Kaffeemühlen rührten sich fleiſsig die Hände der Schmiede. Beson-
deres Verdienst darum erwarben sich die Kaufleute Hermann,
Heinrich
und Johann Dietrich Winkhaus. Ähnlich war es
in Vörde, wo die sogen. „kleine Fabrik“ vor 1780 gar nichts war,
während 1800 schon 56 Schmiedewerkstätten für Fabrikwaren im
Betrieb waren. Die Freiheit Volmarstein hatte 1791 bereits
38 Arbeiter für Schlösser, Nägel und Kaffeemühlen.

Wir haben früher schon erwähnt, daſs Friedrich II. und sein
Minister von Heinitz durch Anlagen von Land- und Wasserstraſsen
die Industrie des Landes hoben. Am 16. Februar 1784 wurde dem
Oberbergrat vom Stein, dem späteren berühmten Minister, die Lei-
tung der westfälischen Bergämter und die Aufsicht über die Fabriken
in der Grafschaft Mark mit dem Amtssitz in Wetter übertragen. In
dieser Stellung leistete er viel für Hebung des Steinkohlenbergbaues
und der Fabrikindustrie. Das schönste Denkmal setzte er sich aber
durch die Schiffbarmachung der Ruhr, um dadurch die Kohlenbergwerke
mit dem Clevischen, dem Rhein und Holland in Verbindung zu setzen
und eine Erweiterung des Kohlen- und Salzabsatzes herbeizuführen1).
Für den Steinkohlenbergbau der Ruhr war dies die gröſste Wohlthat.

Unter Stein wurde auch der erste Versuch mit einer Kohlen-
bahn in Deutschland gemacht. Es geschah dies auf Betreiben des
Bergrats Eversmann, der einen „englischen Kohlenweg“ von den
Kohlengruben im Rauchendahler Gebirg (bei Dahlhausen) nach der
Ruhr bauen wollte. Der Bericht darüber wurde am 28. Februar 1786
vom Oberbergrat vom Stein an das königl. Generaldirektorium nach
Berlin geschickt. Weitere Nachrichten fehlen.

Eversmann und Post legten 1794 zwei Guſsflammöfen (Zug-
öfen) an, um mit Steinkohle alte Kanonen und altes Guſseisen um-
zuschmelzen und zu Munition zu vergieſsen, erzielten aber, wie
Eversmann schreibt, damit keinen anderen Gewinn, als daſs sie

1) Siehe Pertz, a. a. O., S. 75.
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[960/0974] Westfalen und die Rheinlande. Schnell wuchs die Kleinschmiederei in den Thälern der Volme, Haspe, Ennepe empor. Während bis 1780 in Halver sich der Gewerbebetrieb auf 2 Osemund- und 1 Rohstahlfeuer mit 12 Arbeitern beschränkt hatte, zählte man dort 1791 schon 74 Arbeiter in Klein- eisenwaren, und was noch merkwürdiger war, im nächsten Jahre, 1792, schon 250 Arbeiter in Eisen, Stahl und anderen Metallen. Es waren 6 Reck- und Breithämmer hinzugekommen, und zur Anfertigung von Schlössern, Bohrern, Feilen, Beiteln, Zangen, Sägen, Schippen, Fitzen, Kaffeemühlen rührten sich fleiſsig die Hände der Schmiede. Beson- deres Verdienst darum erwarben sich die Kaufleute Hermann, Heinrich und Johann Dietrich Winkhaus. Ähnlich war es in Vörde, wo die sogen. „kleine Fabrik“ vor 1780 gar nichts war, während 1800 schon 56 Schmiedewerkstätten für Fabrikwaren im Betrieb waren. Die Freiheit Volmarstein hatte 1791 bereits 38 Arbeiter für Schlösser, Nägel und Kaffeemühlen. Wir haben früher schon erwähnt, daſs Friedrich II. und sein Minister von Heinitz durch Anlagen von Land- und Wasserstraſsen die Industrie des Landes hoben. Am 16. Februar 1784 wurde dem Oberbergrat vom Stein, dem späteren berühmten Minister, die Lei- tung der westfälischen Bergämter und die Aufsicht über die Fabriken in der Grafschaft Mark mit dem Amtssitz in Wetter übertragen. In dieser Stellung leistete er viel für Hebung des Steinkohlenbergbaues und der Fabrikindustrie. Das schönste Denkmal setzte er sich aber durch die Schiffbarmachung der Ruhr, um dadurch die Kohlenbergwerke mit dem Clevischen, dem Rhein und Holland in Verbindung zu setzen und eine Erweiterung des Kohlen- und Salzabsatzes herbeizuführen 1). Für den Steinkohlenbergbau der Ruhr war dies die gröſste Wohlthat. Unter Stein wurde auch der erste Versuch mit einer Kohlen- bahn in Deutschland gemacht. Es geschah dies auf Betreiben des Bergrats Eversmann, der einen „englischen Kohlenweg“ von den Kohlengruben im Rauchendahler Gebirg (bei Dahlhausen) nach der Ruhr bauen wollte. Der Bericht darüber wurde am 28. Februar 1786 vom Oberbergrat vom Stein an das königl. Generaldirektorium nach Berlin geschickt. Weitere Nachrichten fehlen. Eversmann und Post legten 1794 zwei Guſsflammöfen (Zug- öfen) an, um mit Steinkohle alte Kanonen und altes Guſseisen um- zuschmelzen und zu Munition zu vergieſsen, erzielten aber, wie Eversmann schreibt, damit keinen anderen Gewinn, als daſs sie 1) Siehe Pertz, a. a. O., S. 75.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 960. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/974>, abgerufen am 29.06.2024.