gleich zu Anfang dieses Jahrhunderts hatte Suhl von neuem durch Kriegsnot zu leiden. 1706 wurde es von dem schwedischen Oberst Görz eingenommen. Alle vorhandenen Gewehre wurden konfis- ziert und nur gegen hohes Lösegeld blieb es vor Plünderung und Brand bewahrt. Dies geschah in dem Kriege Karls XII. gegen König August von Sachsen und Polen und unter dem Vorwand, dass vier Jahre zuvor König August schwedische Gewehre weggenommen habe. Die Schweden nahmen 1790 Flinten, 214 Karabiner und 516 Paar Pistolen, die nach der Aufstellung der Gewehrhändler 6304 Rthlr. kosteten. 1753 litt Suhl durch einen grossen Brand, doch erholte sich die Stadt dank der thatkräftigen Unterstützung der Regierung rasch wieder.
Auch im siebenjährigen Kriege hatte Suhl viel zu leiden. Feind und Freund schleppten die vorhandenen Gewehre fort. Vor dieser Zeit wurden noch viele Rohre ungeschäftet ausgeführt. Es waren 22 halbe Rohrschmieden beschäftigt, die jährlich etwa 600000 Rohre lieferten. In der zweiten Hälfte ging aber die Rohrschmiederei, infolge der immer wachsenden Konkurrenz, mehr und mehr zurück, so dass gegen Ende des Jahrhunderts nur noch 1/3 der obigen Anzahl Rohrschmieden im Gange war.
Die Gewehrfabrikation in Suhl beruhte auf der Geschicklichkeit der Schmiede, dem vortrefflichen Eisen und dem Stahl von Hein- richs und den billigen Arbeitslöhnen. Das für die Gewehrfabrik erforderliche Eisen lieferten (1795) sechs in dem Suhler Bezirk gelegene Eisenhämmer, deren Eisen sich durch Zähigkeit auszeichnete. Jeder Hammer sollte 18000 Ctr. im Jahre liefern. Diese Hämmer schmie- deten auch sehr gute Bleche. Im 17. Jahrhundert hatte man das Eisen noch ausschliesslich in Rennfeuern hergestellt. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde angeblich durch einen schwedischen Arbeiter der erste Blauofen errichtet.
Ein Blauofen brauchte zu seinem Eisen- und Blechbetrieb bis zu 1000 Klafter Holz im Jahre. Später wurde ein hoher Ofen erbaut und auf herrschaftliche Kosten betrieben, da er aber zu viel Kohlen verschlang, liess man ihn 1790 eingehen 1). Quantz berichtet, dass das Eisen für das Suhler Salzpfannenblech teils aus Schmalkaldener Eisenstein, teils von Braun- und Spateisenstein, den man von Gross- kammsdorf, Könitz und von Saalfeld bezog, erblasen wurde.
Heinrichs versah die Suhler Fabriken mit seinem vorzüglichen Stahl. Zu demselben bedurfte man der manganreichen spatigen Erze von Schmalkalden. Da die von Heinrichs aber mit ihrem guten
1) Siehe H. Anschütz, die Gewehrfabrik in Suhl 1811, S. 26.
Hessen und Thüringen.
gleich zu Anfang dieses Jahrhunderts hatte Suhl von neuem durch Kriegsnot zu leiden. 1706 wurde es von dem schwedischen Oberst Görz eingenommen. Alle vorhandenen Gewehre wurden konfis- ziert und nur gegen hohes Lösegeld blieb es vor Plünderung und Brand bewahrt. Dies geschah in dem Kriege Karls XII. gegen König August von Sachsen und Polen und unter dem Vorwand, daſs vier Jahre zuvor König August schwedische Gewehre weggenommen habe. Die Schweden nahmen 1790 Flinten, 214 Karabiner und 516 Paar Pistolen, die nach der Aufstellung der Gewehrhändler 6304 Rthlr. kosteten. 1753 litt Suhl durch einen groſsen Brand, doch erholte sich die Stadt dank der thatkräftigen Unterstützung der Regierung rasch wieder.
Auch im siebenjährigen Kriege hatte Suhl viel zu leiden. Feind und Freund schleppten die vorhandenen Gewehre fort. Vor dieser Zeit wurden noch viele Rohre ungeschäftet ausgeführt. Es waren 22 halbe Rohrschmieden beschäftigt, die jährlich etwa 600000 Rohre lieferten. In der zweiten Hälfte ging aber die Rohrschmiederei, infolge der immer wachsenden Konkurrenz, mehr und mehr zurück, so daſs gegen Ende des Jahrhunderts nur noch ⅓ der obigen Anzahl Rohrschmieden im Gange war.
Die Gewehrfabrikation in Suhl beruhte auf der Geschicklichkeit der Schmiede, dem vortrefflichen Eisen und dem Stahl von Hein- richs und den billigen Arbeitslöhnen. Das für die Gewehrfabrik erforderliche Eisen lieferten (1795) sechs in dem Suhler Bezirk gelegene Eisenhämmer, deren Eisen sich durch Zähigkeit auszeichnete. Jeder Hammer sollte 18000 Ctr. im Jahre liefern. Diese Hämmer schmie- deten auch sehr gute Bleche. Im 17. Jahrhundert hatte man das Eisen noch ausschlieſslich in Rennfeuern hergestellt. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde angeblich durch einen schwedischen Arbeiter der erste Blauofen errichtet.
Ein Blauofen brauchte zu seinem Eisen- und Blechbetrieb bis zu 1000 Klafter Holz im Jahre. Später wurde ein hoher Ofen erbaut und auf herrschaftliche Kosten betrieben, da er aber zu viel Kohlen verschlang, lieſs man ihn 1790 eingehen 1). Quantz berichtet, daſs das Eisen für das Suhler Salzpfannenblech teils aus Schmalkaldener Eisenstein, teils von Braun- und Spateisenstein, den man von Groſs- kammsdorf, Könitz und von Saalfeld bezog, erblasen wurde.
Heinrichs versah die Suhler Fabriken mit seinem vorzüglichen Stahl. Zu demselben bedurfte man der manganreichen spatigen Erze von Schmalkalden. Da die von Heinrichs aber mit ihrem guten
1) Siehe H. Anschütz, die Gewehrfabrik in Suhl 1811, S. 26.
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Hessen und Thüringen.
gleich zu Anfang dieses Jahrhunderts hatte Suhl von neuem durch
Kriegsnot zu leiden. 1706 wurde es von dem schwedischen Oberst
Görz eingenommen. Alle vorhandenen Gewehre wurden konfis-
ziert und nur gegen hohes Lösegeld blieb es vor Plünderung und
Brand bewahrt. Dies geschah in dem Kriege Karls XII. gegen König
August von Sachsen und Polen und unter dem Vorwand, daſs
vier Jahre zuvor König August schwedische Gewehre weggenommen
habe. Die Schweden nahmen 1790 Flinten, 214 Karabiner und 516 Paar
Pistolen, die nach der Aufstellung der Gewehrhändler 6304 Rthlr. kosteten.
1753 litt Suhl durch einen groſsen Brand, doch erholte sich die Stadt
dank der thatkräftigen Unterstützung der Regierung rasch wieder.
Auch im siebenjährigen Kriege hatte Suhl viel zu leiden. Feind
und Freund schleppten die vorhandenen Gewehre fort. Vor dieser
Zeit wurden noch viele Rohre ungeschäftet ausgeführt. Es waren 22 halbe
Rohrschmieden beschäftigt, die jährlich etwa 600000 Rohre lieferten. In
der zweiten Hälfte ging aber die Rohrschmiederei, infolge der immer
wachsenden Konkurrenz, mehr und mehr zurück, so daſs gegen Ende des
Jahrhunderts nur noch ⅓ der obigen Anzahl Rohrschmieden im Gange war.
Die Gewehrfabrikation in Suhl beruhte auf der Geschicklichkeit
der Schmiede, dem vortrefflichen Eisen und dem Stahl von Hein-
richs und den billigen Arbeitslöhnen. Das für die Gewehrfabrik
erforderliche Eisen lieferten (1795) sechs in dem Suhler Bezirk gelegene
Eisenhämmer, deren Eisen sich durch Zähigkeit auszeichnete. Jeder
Hammer sollte 18000 Ctr. im Jahre liefern. Diese Hämmer schmie-
deten auch sehr gute Bleche. Im 17. Jahrhundert hatte man das
Eisen noch ausschlieſslich in Rennfeuern hergestellt. Anfang des
18. Jahrhunderts wurde angeblich durch einen schwedischen Arbeiter
der erste Blauofen errichtet.
Ein Blauofen brauchte zu seinem Eisen- und Blechbetrieb bis zu
1000 Klafter Holz im Jahre. Später wurde ein hoher Ofen erbaut
und auf herrschaftliche Kosten betrieben, da er aber zu viel Kohlen
verschlang, lieſs man ihn 1790 eingehen 1). Quantz berichtet, daſs
das Eisen für das Suhler Salzpfannenblech teils aus Schmalkaldener
Eisenstein, teils von Braun- und Spateisenstein, den man von Groſs-
kammsdorf, Könitz und von Saalfeld bezog, erblasen wurde.
Heinrichs versah die Suhler Fabriken mit seinem vorzüglichen
Stahl. Zu demselben bedurfte man der manganreichen spatigen Erze
von Schmalkalden. Da die von Heinrichs aber mit ihrem guten
1) Siehe H. Anschütz, die Gewehrfabrik in Suhl 1811, S. 26.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 856. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/870>, abgerufen am 22.11.2024.
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