doppelte Länge ausgestreckt worden. Die Maschine war sehr einfach und hatte Ähnlichkeit mit einem Schneidewerk. Einen Entwurf davon reichte Fleur zugleich mit der Abhandlung dem Generalsekretär des Handels ein und erklärte sich bereit, Reflektanten sein Werk zu zeigen oder auf Wunsch ein solches anfertigen zu lassen. Die Walzen waren aus paketiertem Eisen geschweisst und geschmiedet. Er bediente sich der Maschine schon seit Anfang der 50er Jahre. Ohne seine Ziehscheiben zu vermehren, hatte er durch dieselben die doppelte Produktion an gezogenem Draht, ausserdem drei Viertel weniger Abfall und Minderverbrauch an Talg. Zum Feinziehen empfahl er den Gebrauch von Rollen anstatt der Zangen, weil letztere leicht in Unordnung gerieten, grosse Unterhaltungskosten erforderten und doch viel Eisen verdarben.
Wir haben also hier schon das vollständige Bild unserer modernen Drahtwalzen und Drahtziehereien.
Es scheint aber nicht, dass Fleurs Beispiel und gute Ratschläge viel Erfolg gehabt hätten. Er giebt in seiner Abhandlung noch ver- schiedene andere praktische Winke, welche wir auch gleich mit anführen wollen. Es war Gebrauch, die Zieheisen, welche bei einem Zoll Dicke aus 9 Linien Eisen und 1 Linie Stahl bestanden, heiss zu lochen, was kostspielig war und wodurch sie leicht unbrauchbar wurden. Fleur schlägt vor, die Ziehlöcher kalt durch das Eisen zu bohren oder mit einer von ihm angegebenen Maschine zu lochen und dann nur die Stahldecke warm durchzuschlagen.
Bei den Schneidewerken war es allgemein gebräuchlich, dasselbe durch zwei Wasserräder zu treiben, von denen je eins an den entgegen- gesetzten Wänden des Gebäudes angebracht war und in entgegen- gesetztem Sinne umlief; hierdurch wurde auch die entgegengesetzte Bewegung der Walzen und Schneidescheiben, welche direkt mit den Wasserradwellen verbunden waren, bewirkt. Fleur schlägt vor, alles mit einem Rad zu treiben und die Walzen und Schneidescheiben so dicht zusammenzustellen, dass das Eisen direkt aus den Walzen in die Schneiderollen eintritt. Fleurs Erfindungen haben nicht die Beach- tung gefunden, die sie verdient hätten, namentlich nicht in Deutschland.
Auch über ein Walzwerk, welches Anfang der 50er Jahre zu Essonne in Frankreich angelegt worden war, um profiliertes Eisen zu machen, liegt ein Bericht einer Kommission der Pariser Akademie vom 23. Dezember 1752 vor 1). Das Walzwerk bestand aus zwei
1) Mitgeteilt in der Encyklopädie Methodique, Art. fer.
Walzwerke. Scheren.
doppelte Länge ausgestreckt worden. Die Maschine war sehr einfach und hatte Ähnlichkeit mit einem Schneidewerk. Einen Entwurf davon reichte Fleur zugleich mit der Abhandlung dem Generalsekretär des Handels ein und erklärte sich bereit, Reflektanten sein Werk zu zeigen oder auf Wunsch ein solches anfertigen zu lassen. Die Walzen waren aus paketiertem Eisen geschweiſst und geschmiedet. Er bediente sich der Maschine schon seit Anfang der 50er Jahre. Ohne seine Ziehscheiben zu vermehren, hatte er durch dieselben die doppelte Produktion an gezogenem Draht, auſserdem drei Viertel weniger Abfall und Minderverbrauch an Talg. Zum Feinziehen empfahl er den Gebrauch von Rollen anstatt der Zangen, weil letztere leicht in Unordnung gerieten, groſse Unterhaltungskosten erforderten und doch viel Eisen verdarben.
Wir haben also hier schon das vollständige Bild unserer modernen Drahtwalzen und Drahtziehereien.
Es scheint aber nicht, daſs Fleurs Beispiel und gute Ratschläge viel Erfolg gehabt hätten. Er giebt in seiner Abhandlung noch ver- schiedene andere praktische Winke, welche wir auch gleich mit anführen wollen. Es war Gebrauch, die Zieheisen, welche bei einem Zoll Dicke aus 9 Linien Eisen und 1 Linie Stahl bestanden, heiſs zu lochen, was kostspielig war und wodurch sie leicht unbrauchbar wurden. Fleur schlägt vor, die Ziehlöcher kalt durch das Eisen zu bohren oder mit einer von ihm angegebenen Maschine zu lochen und dann nur die Stahldecke warm durchzuschlagen.
Bei den Schneidewerken war es allgemein gebräuchlich, dasſelbe durch zwei Wasserräder zu treiben, von denen je eins an den entgegen- gesetzten Wänden des Gebäudes angebracht war und in entgegen- gesetztem Sinne umlief; hierdurch wurde auch die entgegengesetzte Bewegung der Walzen und Schneidescheiben, welche direkt mit den Wasserradwellen verbunden waren, bewirkt. Fleur schlägt vor, alles mit einem Rad zu treiben und die Walzen und Schneidescheiben so dicht zusammenzustellen, daſs das Eisen direkt aus den Walzen in die Schneiderollen eintritt. Fleurs Erfindungen haben nicht die Beach- tung gefunden, die sie verdient hätten, namentlich nicht in Deutschland.
Auch über ein Walzwerk, welches Anfang der 50er Jahre zu Essonne in Frankreich angelegt worden war, um profiliertes Eisen zu machen, liegt ein Bericht einer Kommission der Pariser Akademie vom 23. Dezember 1752 vor 1). Das Walzwerk bestand aus zwei
1) Mitgeteilt in der Encyklopädie Methodique, Art. fer.
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Walzwerke. Scheren.
doppelte Länge ausgestreckt worden. Die Maschine war sehr einfach
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reichte Fleur zugleich mit der Abhandlung dem Generalsekretär des
Handels ein und erklärte sich bereit, Reflektanten sein Werk zu
zeigen oder auf Wunsch ein solches anfertigen zu lassen. Die Walzen
waren aus paketiertem Eisen geschweiſst und geschmiedet. Er bediente
sich der Maschine schon seit Anfang der 50er Jahre. Ohne seine
Ziehscheiben zu vermehren, hatte er durch dieselben die doppelte
Produktion an gezogenem Draht, auſserdem drei Viertel weniger
Abfall und Minderverbrauch an Talg. Zum Feinziehen empfahl er
den Gebrauch von Rollen anstatt der Zangen, weil letztere leicht in
Unordnung gerieten, groſse Unterhaltungskosten erforderten und doch
viel Eisen verdarben.
Wir haben also hier schon das vollständige Bild unserer modernen
Drahtwalzen und Drahtziehereien.
Es scheint aber nicht, daſs Fleurs Beispiel und gute Ratschläge
viel Erfolg gehabt hätten. Er giebt in seiner Abhandlung noch ver-
schiedene andere praktische Winke, welche wir auch gleich mit
anführen wollen. Es war Gebrauch, die Zieheisen, welche bei einem
Zoll Dicke aus 9 Linien Eisen und 1 Linie Stahl bestanden, heiſs zu
lochen, was kostspielig war und wodurch sie leicht unbrauchbar
wurden. Fleur schlägt vor, die Ziehlöcher kalt durch das Eisen zu
bohren oder mit einer von ihm angegebenen Maschine zu lochen und
dann nur die Stahldecke warm durchzuschlagen.
Bei den Schneidewerken war es allgemein gebräuchlich, dasſelbe
durch zwei Wasserräder zu treiben, von denen je eins an den entgegen-
gesetzten Wänden des Gebäudes angebracht war und in entgegen-
gesetztem Sinne umlief; hierdurch wurde auch die entgegengesetzte
Bewegung der Walzen und Schneidescheiben, welche direkt mit den
Wasserradwellen verbunden waren, bewirkt. Fleur schlägt vor, alles
mit einem Rad zu treiben und die Walzen und Schneidescheiben so
dicht zusammenzustellen, daſs das Eisen direkt aus den Walzen in die
Schneiderollen eintritt. Fleurs Erfindungen haben nicht die Beach-
tung gefunden, die sie verdient hätten, namentlich nicht in Deutschland.
Auch über ein Walzwerk, welches Anfang der 50er Jahre zu
Essonne in Frankreich angelegt worden war, um profiliertes Eisen
zu machen, liegt ein Bericht einer Kommission der Pariser Akademie
vom 23. Dezember 1752 vor 1). Das Walzwerk bestand aus zwei
1) Mitgeteilt in der Encyklopädie Methodique, Art. fer.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/598>, abgerufen am 23.11.2024.
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