Hier finden wir also auch bereits die Idee eines Feineisenwalz- werkes.
Eine ähnliche Idee wurde 1769 Richard Ford patentiert, näm- lich "Metalle von verschiedener Dicke mit denselben Walzen und durch dieselbe Operation zu walzen, Draht zu ziehen und Metalle zu pressen". -- "Die Walzen werden wie gewöhnlich umgedreht mit Hülfe einer Muffe und eines Zapfens von der Mitte der Welle aus oder statt dessen drei oder mehr Walzen, so dass ein Muster, das man walzen will, zu derselben Zeit, wenn es ein Paar Walzen passiert, auch schon durch das andere gehen kann."
Dem Gedanken der Drahtwalze gab Fleur, Direktor der Münze in Besancon, in einem am 15. Dezbr. 1778 datierten Aufsatz 1) noch bestimmteren Ausdruck. Er erzählt, dass sein Vater früher einen kleinen Drahtzug in Morvillars im Elsass besessen habe, welcher damals der einzige in Frankreich gewesen wäre. Der Vater verzog und starb und das Werk verfiel. Vor mehr als 30 Jahren habe er nun selbst angefangen, sich für die Eisenindustrie zu interessieren. Damals habe man in seiner eigentlichen Heimat der Franche Comte noch keine andere Eisenwaren gemacht als Gusseisen und Stabeisen. Blech und Draht kaufte man aus dem Auslande. Fleur beschloss eine Fabrik für deren Fabrikation zu errichten. Deshalb baute er den alten Drahtzug, wo er als Kind gewesen war, wieder auf. Er hatte Erfolg, sein Draht wurde bald in der Gegend dem aus Deutsch- land und der Schweiz vorgezogen. Er war geneigt, die Sache in grösserem Massstabe zu betreiben. Bald bot sich hierzu eine günstige Gelegenheit. Der Herzog von Randau, Marschall von Frankreich, der in Burgund grosse Eisenwerke besass, hatte von seinem Erfolg gehört und wollte diesen Industriezweig in seiner Provinz einführen. Er verpachtete im Jahre 1745 seine Eisenwerke unter günstigen Bedin- gungen an Fleur, dem er gestattete, nach Belieben Verbesserungen und Bauveränderungen vorzunehmen. Dieser legte alsbald eine Draht- zieherei und einen Blechhammer (platinerie de fer en tole) an; diese verband er mit einer Nagelfabrik (clouterie a froid) und vergrösserte das Werk, so dass er über hundert Arbeiter beschäftigte. Die Nägel fanden vorzüglichen Absatz und gingen sogar nach Spanien, Italien und Deutschland. Sein Erfolg reizte zur Nachahmung, so dass
1) Derselbe ist abgedruckt in den Descriptions des arts et metiers ed. Bertrand, Vol. XV, p. 277 und in der Encyklopädie Methodique; Arts et Metiers mecaniques. Art. fer. Fernere Nachrichten finden sich in Dietrich, Descriptions des gites de minerai etc., Vol. II, p. 31.
Walzwerke. Scheren.
Hier finden wir also auch bereits die Idee eines Feineisenwalz- werkes.
Eine ähnliche Idee wurde 1769 Richard Ford patentiert, näm- lich „Metalle von verschiedener Dicke mit denselben Walzen und durch dieselbe Operation zu walzen, Draht zu ziehen und Metalle zu pressen“. — „Die Walzen werden wie gewöhnlich umgedreht mit Hülfe einer Muffe und eines Zapfens von der Mitte der Welle aus oder statt dessen drei oder mehr Walzen, so daſs ein Muster, das man walzen will, zu derselben Zeit, wenn es ein Paar Walzen passiert, auch schon durch das andere gehen kann.“
Dem Gedanken der Drahtwalze gab Fleur, Direktor der Münze in Besançon, in einem am 15. Dezbr. 1778 datierten Aufsatz 1) noch bestimmteren Ausdruck. Er erzählt, daſs sein Vater früher einen kleinen Drahtzug in Morvillars im Elsaſs besessen habe, welcher damals der einzige in Frankreich gewesen wäre. Der Vater verzog und starb und das Werk verfiel. Vor mehr als 30 Jahren habe er nun selbst angefangen, sich für die Eisenindustrie zu interessieren. Damals habe man in seiner eigentlichen Heimat der Franche Comté noch keine andere Eisenwaren gemacht als Guſseisen und Stabeisen. Blech und Draht kaufte man aus dem Auslande. Fleur beschloſs eine Fabrik für deren Fabrikation zu errichten. Deshalb baute er den alten Drahtzug, wo er als Kind gewesen war, wieder auf. Er hatte Erfolg, sein Draht wurde bald in der Gegend dem aus Deutsch- land und der Schweiz vorgezogen. Er war geneigt, die Sache in gröſserem Maſsstabe zu betreiben. Bald bot sich hierzu eine günstige Gelegenheit. Der Herzog von Randau, Marschall von Frankreich, der in Burgund groſse Eisenwerke besaſs, hatte von seinem Erfolg gehört und wollte diesen Industriezweig in seiner Provinz einführen. Er verpachtete im Jahre 1745 seine Eisenwerke unter günstigen Bedin- gungen an Fleur, dem er gestattete, nach Belieben Verbesserungen und Bauveränderungen vorzunehmen. Dieser legte alsbald eine Draht- zieherei und einen Blechhammer (platinerie de fer en tôle) an; diese verband er mit einer Nagelfabrik (clouterie à froid) und vergröſserte das Werk, so daſs er über hundert Arbeiter beschäftigte. Die Nägel fanden vorzüglichen Absatz und gingen sogar nach Spanien, Italien und Deutschland. Sein Erfolg reizte zur Nachahmung, so daſs
1) Derselbe ist abgedruckt in den Descriptions des arts et métiers ed. Bertrand, Vol. XV, p. 277 und in der Encyklopädie Methodique; Arts et Métiers mécaniques. Art. fer. Fernere Nachrichten finden sich in Dietrich, Descriptions des gites de minerai etc., Vol. II, p. 31.
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Eine ähnliche Idee wurde 1769 Richard Ford patentiert, näm-
lich „Metalle von verschiedener Dicke mit denselben Walzen und
durch dieselbe Operation zu walzen, Draht zu ziehen und Metalle zu
pressen“. — „Die Walzen werden wie gewöhnlich umgedreht mit Hülfe
einer Muffe und eines Zapfens von der Mitte der Welle aus oder
statt dessen drei oder mehr Walzen, so daſs ein Muster, das man
walzen will, zu derselben Zeit, wenn es ein Paar Walzen passiert, auch
schon durch das andere gehen kann.“
Dem Gedanken der Drahtwalze gab Fleur, Direktor der Münze
in Besançon, in einem am 15. Dezbr. 1778 datierten Aufsatz 1) noch
bestimmteren Ausdruck. Er erzählt, daſs sein Vater früher einen
kleinen Drahtzug in Morvillars im Elsaſs besessen habe, welcher
damals der einzige in Frankreich gewesen wäre. Der Vater verzog
und starb und das Werk verfiel. Vor mehr als 30 Jahren habe er
nun selbst angefangen, sich für die Eisenindustrie zu interessieren.
Damals habe man in seiner eigentlichen Heimat der Franche Comté
noch keine andere Eisenwaren gemacht als Guſseisen und Stabeisen.
Blech und Draht kaufte man aus dem Auslande. Fleur beschloſs
eine Fabrik für deren Fabrikation zu errichten. Deshalb baute er
den alten Drahtzug, wo er als Kind gewesen war, wieder auf. Er
hatte Erfolg, sein Draht wurde bald in der Gegend dem aus Deutsch-
land und der Schweiz vorgezogen. Er war geneigt, die Sache in
gröſserem Maſsstabe zu betreiben. Bald bot sich hierzu eine günstige
Gelegenheit. Der Herzog von Randau, Marschall von Frankreich, der
in Burgund groſse Eisenwerke besaſs, hatte von seinem Erfolg gehört
und wollte diesen Industriezweig in seiner Provinz einführen. Er
verpachtete im Jahre 1745 seine Eisenwerke unter günstigen Bedin-
gungen an Fleur, dem er gestattete, nach Belieben Verbesserungen
und Bauveränderungen vorzunehmen. Dieser legte alsbald eine Draht-
zieherei und einen Blechhammer (platinerie de fer en tôle) an; diese
verband er mit einer Nagelfabrik (clouterie à froid) und vergröſserte
das Werk, so daſs er über hundert Arbeiter beschäftigte. Die
Nägel fanden vorzüglichen Absatz und gingen sogar nach Spanien,
Italien und Deutschland. Sein Erfolg reizte zur Nachahmung, so daſs
1) Derselbe ist abgedruckt in den Descriptions des arts et métiers ed. Bertrand,
Vol. XV, p. 277 und in der Encyklopädie Methodique; Arts et Métiers mécaniques.
Art. fer. Fernere Nachrichten finden sich in Dietrich, Descriptions des gites de
minerai etc., Vol. II, p. 31.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/596>, abgerufen am 23.11.2024.
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