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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.
geworden war, errichtet 1). Diese Anlage bestand, wie schon oben
erwähnt, aus einer Feuermaschine, welche das Wasser auf ein grosses
oberschlächtiges Rad hob, das die Gebläsecylinder in Bewegung setzte.
Nach anderen Angaben sollen die Cylindergebläse erst 1775 erfunden
worden sein. Dies kann aber wieder nicht richtig sein, denn in
einem Patent von John Barber von 1773 über ein neues Schmelz-
verfahren ist bereits ein Cylindergebläse erwähnt und abgebildet.
Die irrtümliche Angabe rührt wahrscheinlich daher, dass 1775 John
Wilkinson
zuerst eine Dampfmaschine nach Watts Patent für sein
Cylindergebläse verwendete. Die Dampfmaschine hatte einen Cylinder
von 38 Zoll Durchmesser. Das Gebläse bediente einen Hochofen.
Seit dieser Zeit kamen diese Gebläse in England allerdings rasch in
Aufnahme und verdrängten bald die Holzbälge bei den Hochöfen.

Die ältesten Cylindergebläse waren, wie die Cylinder der Feuer-
maschinen, oben offen. Sie bestanden aus zwei aufrecht nebeneinander
stehenden, oben offenen, 4 bis 6 Fuss weiten Cylindern, deren geliederte
Kolben wechselweise mittels zweier über denselben angebrachten
Schwengel mit Gewichtskasten aufwärts gezogen und durch die an
der Welle des Rades angebrachten Wellfüsse, wie die Oberkasten der
gewöhnlichen Bälge, niedergedrückt wurden. Aus jedem Cylinder
strömte die unter dem Kolben zusammengedrückte Luft durch ein
besonderes, am Boden des Cylinders angebrachtes Windrohr in die
gemeinschaftliche Form.

Da die Bewegung des Kolbens langsam war, so machte sich das
Absetzen oder Aussetzen des Windes beim Wechsel unangenehm
bemerkbar und man suchte einen einfachen, gleichmässigen Wind-
strom dadurch zu erreichen, dass man statt zwei drei oder vier
Cylinder zusammen arbeiten liess und den Wind erst in einem weiten
Sammelrohr vereinigte, aus welchem man ihn durch eine einzige Düse
dem Ofen zuströmen liess. Aus diesen Sammelröhren entstanden dann
die Regulatoren, welche wir später beschreiben werden. Die Cylinder-
gebläse wurden anfangs durch Wasserräder bewegt, später aber, und
besonders nachdem Watt eine praktische Umsetzung der geradlinigen
Bewegung in die Drehbewegung erfunden hatte, mehr und mehr durch
Dampfmaschinen, und es ist ganz erstaunlich, welche Zahl von Cylinder-
gebläsen mit Dampfbetrieb in den letzten 20 Jahren des vorigen Jahr-

1) Auch der schwedische Bergrat Norberg bezeichnet Smeaton als den
Erfinder der Cylindergebläse; siehe Norberg, Über die Produktion des Roheisens
in Russland, deutsch von Blumhof, 1805, S. 7, u. O'Reilly, Annales des Arts et Manu-
factures XV, p. 225, giebt an, dass die ersten Cylindergebläse zu Carron gewesen seien.
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Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.
geworden war, errichtet 1). Diese Anlage bestand, wie schon oben
erwähnt, aus einer Feuermaschine, welche das Wasser auf ein groſses
oberschlächtiges Rad hob, das die Gebläsecylinder in Bewegung setzte.
Nach anderen Angaben sollen die Cylindergebläse erst 1775 erfunden
worden sein. Dies kann aber wieder nicht richtig sein, denn in
einem Patent von John Barber von 1773 über ein neues Schmelz-
verfahren ist bereits ein Cylindergebläse erwähnt und abgebildet.
Die irrtümliche Angabe rührt wahrscheinlich daher, daſs 1775 John
Wilkinson
zuerst eine Dampfmaschine nach Watts Patent für sein
Cylindergebläse verwendete. Die Dampfmaschine hatte einen Cylinder
von 38 Zoll Durchmesser. Das Gebläse bediente einen Hochofen.
Seit dieser Zeit kamen diese Gebläse in England allerdings rasch in
Aufnahme und verdrängten bald die Holzbälge bei den Hochöfen.

Die ältesten Cylindergebläse waren, wie die Cylinder der Feuer-
maschinen, oben offen. Sie bestanden aus zwei aufrecht nebeneinander
stehenden, oben offenen, 4 bis 6 Fuſs weiten Cylindern, deren geliederte
Kolben wechselweise mittels zweier über denselben angebrachten
Schwengel mit Gewichtskasten aufwärts gezogen und durch die an
der Welle des Rades angebrachten Wellfüſse, wie die Oberkasten der
gewöhnlichen Bälge, niedergedrückt wurden. Aus jedem Cylinder
strömte die unter dem Kolben zusammengedrückte Luft durch ein
besonderes, am Boden des Cylinders angebrachtes Windrohr in die
gemeinschaftliche Form.

Da die Bewegung des Kolbens langsam war, so machte sich das
Absetzen oder Aussetzen des Windes beim Wechsel unangenehm
bemerkbar und man suchte einen einfachen, gleichmäſsigen Wind-
strom dadurch zu erreichen, daſs man statt zwei drei oder vier
Cylinder zusammen arbeiten lieſs und den Wind erst in einem weiten
Sammelrohr vereinigte, aus welchem man ihn durch eine einzige Düse
dem Ofen zuströmen lieſs. Aus diesen Sammelröhren entstanden dann
die Regulatoren, welche wir später beschreiben werden. Die Cylinder-
gebläse wurden anfangs durch Wasserräder bewegt, später aber, und
besonders nachdem Watt eine praktische Umsetzung der geradlinigen
Bewegung in die Drehbewegung erfunden hatte, mehr und mehr durch
Dampfmaschinen, und es ist ganz erstaunlich, welche Zahl von Cylinder-
gebläsen mit Dampfbetrieb in den letzten 20 Jahren des vorigen Jahr-

1) Auch der schwedische Bergrat Norberg bezeichnet Smeaton als den
Erfinder der Cylindergebläse; siehe Norberg, Über die Produktion des Roheisens
in Ruſsland, deutsch von Blumhof, 1805, S. 7, u. O’Reilly, Annales des Arts et Manu-
factures XV, p. 225, giebt an, daſs die ersten Cylindergebläse zu Carron gewesen seien.
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[563/0577] Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. geworden war, errichtet 1). Diese Anlage bestand, wie schon oben erwähnt, aus einer Feuermaschine, welche das Wasser auf ein groſses oberschlächtiges Rad hob, das die Gebläsecylinder in Bewegung setzte. Nach anderen Angaben sollen die Cylindergebläse erst 1775 erfunden worden sein. Dies kann aber wieder nicht richtig sein, denn in einem Patent von John Barber von 1773 über ein neues Schmelz- verfahren ist bereits ein Cylindergebläse erwähnt und abgebildet. Die irrtümliche Angabe rührt wahrscheinlich daher, daſs 1775 John Wilkinson zuerst eine Dampfmaschine nach Watts Patent für sein Cylindergebläse verwendete. Die Dampfmaschine hatte einen Cylinder von 38 Zoll Durchmesser. Das Gebläse bediente einen Hochofen. Seit dieser Zeit kamen diese Gebläse in England allerdings rasch in Aufnahme und verdrängten bald die Holzbälge bei den Hochöfen. Die ältesten Cylindergebläse waren, wie die Cylinder der Feuer- maschinen, oben offen. Sie bestanden aus zwei aufrecht nebeneinander stehenden, oben offenen, 4 bis 6 Fuſs weiten Cylindern, deren geliederte Kolben wechselweise mittels zweier über denselben angebrachten Schwengel mit Gewichtskasten aufwärts gezogen und durch die an der Welle des Rades angebrachten Wellfüſse, wie die Oberkasten der gewöhnlichen Bälge, niedergedrückt wurden. Aus jedem Cylinder strömte die unter dem Kolben zusammengedrückte Luft durch ein besonderes, am Boden des Cylinders angebrachtes Windrohr in die gemeinschaftliche Form. Da die Bewegung des Kolbens langsam war, so machte sich das Absetzen oder Aussetzen des Windes beim Wechsel unangenehm bemerkbar und man suchte einen einfachen, gleichmäſsigen Wind- strom dadurch zu erreichen, daſs man statt zwei drei oder vier Cylinder zusammen arbeiten lieſs und den Wind erst in einem weiten Sammelrohr vereinigte, aus welchem man ihn durch eine einzige Düse dem Ofen zuströmen lieſs. Aus diesen Sammelröhren entstanden dann die Regulatoren, welche wir später beschreiben werden. Die Cylinder- gebläse wurden anfangs durch Wasserräder bewegt, später aber, und besonders nachdem Watt eine praktische Umsetzung der geradlinigen Bewegung in die Drehbewegung erfunden hatte, mehr und mehr durch Dampfmaschinen, und es ist ganz erstaunlich, welche Zahl von Cylinder- gebläsen mit Dampfbetrieb in den letzten 20 Jahren des vorigen Jahr- 1) Auch der schwedische Bergrat Norberg bezeichnet Smeaton als den Erfinder der Cylindergebläse; siehe Norberg, Über die Produktion des Roheisens in Ruſsland, deutsch von Blumhof, 1805, S. 7, u. O’Reilly, Annales des Arts et Manu- factures XV, p. 225, giebt an, daſs die ersten Cylindergebläse zu Carron gewesen seien. 36*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/577>, abgerufen am 23.11.2024.