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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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James Watt und die Dampfmaschine.
einer solchen und bediente während seines Aufenthalts in Kinneil
selbst die Schoolyardmaschine bei Borougstoness. Endlich begann
er mit dem Bau seiner Versuchsmaschine. Zu diesem Zwecke blieb
er in Kinneil, wo ihm Dr. Roebuck ein abgelegenes Häuschen ein-
geräumt hatte, in welchem er unbeobachtet in aller Stille seine
Maschine montieren konnte. Die Teile dazu hatte er teils in seiner
Werkstätte in Glasgow, teils auf der Hütte zu Carron, wo namentlich
der Cylinder von 18 Zoll Durchmesser und 5 Fuss Hub gegossen
wurde, anfertigen lassen, die Aufstellung besorgte er selbst mit Hülfe
einiger Arbeiter. Watt konnte nur seine Mussestunden der Erfin-
dung widmen. Da er noch seinen Vermessungsarbeiten nachzugehen
hatte, musste er oft abwesend sein. Dadurch machte die Arbeit nur
sehr langsame Fortschritte, denn ohne ihn wussten sich seine Arbeiter
nicht zu helfen. Die Teile, die er anfertigen liess, waren alle sehr
mangelhaft gearbeitet, so dass Watts Verdruss kein Ende nahm. Je
mehr sich die Arbeit der Vollendung näherte, je mehr wuchs seine
Angst vor dem nahenden Gericht (for his approaching doom). Er
konnte nachts nicht schlafen und Furcht erfüllte ihn mehr als Hoff-
nung. Gerade umgekehrt ging es Roebuck, seine Zuversicht wuchs
mit dem Fortschritt der Arbeit und er wurde nicht müde, den zag-
haften Erfinder anzufeuern, dem er, wo er konnte, mit guten Rat-
schlägen half. Robinson erzählt, dass ihm Frau Roebuck um diese
Zeit einmal sagte: "Jamie (Watt) ist ein verdrehter Junge und ohne
den Doktor wäre er verloren, aber Dr. Roebuck lässt ihn nicht
untergehen." Im September 1769 war endlich die Versuchsmaschine
fertig, aber sie erwies sich als recht mangelhaft. Der Cylinder war
so schlecht gegossen, dass er fast unbrauchbar war. Watt war ganz
niedergedrückt und schrieb an Dr. Small: "Es ist eine verfluchte Sache,
wenn ein Mensch alles an einem einzigen Faden hängen hat." Nur
das Gefühl der Pflicht, dass seine Gläubiger nicht durch ihn zu
Schaden kommen dürften, hielt ihn damals aufrecht, weiter zu arbeiten.
An der Richtigkeit des Principes seiner Maschine zweifelte er keinen
Augenblick, nur die Ausführung (the workmanship) brachte ihn zur
Verzweiflung. Könnte er tüchtige Mechaniker finden, so wäre er
seiner Sache sicher, aber solche gab es damals in Carron nicht. Um
diese Zeit brach ein anderes Unglück herein. Dr. Roebuck kam in
finanzielle Schwierigkeiten. Der kühne Mann hatte zu viel gewagt.
Obgleich alle seine Unternehmungen gesund waren, obgleich ihm der
hohe Ruhm gebührt, der Gründer der modernen Eisenindustrie
Schottlands geworden zu sein, so konnte ihn das doch nicht vor dem

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James Watt und die Dampfmaschine.
einer solchen und bediente während seines Aufenthalts in Kinneil
selbst die Schoolyardmaschine bei Borougstoneſs. Endlich begann
er mit dem Bau seiner Versuchsmaschine. Zu diesem Zwecke blieb
er in Kinneil, wo ihm Dr. Roebuck ein abgelegenes Häuschen ein-
geräumt hatte, in welchem er unbeobachtet in aller Stille seine
Maschine montieren konnte. Die Teile dazu hatte er teils in seiner
Werkstätte in Glasgow, teils auf der Hütte zu Carron, wo namentlich
der Cylinder von 18 Zoll Durchmesser und 5 Fuſs Hub gegossen
wurde, anfertigen lassen, die Aufstellung besorgte er selbst mit Hülfe
einiger Arbeiter. Watt konnte nur seine Muſsestunden der Erfin-
dung widmen. Da er noch seinen Vermessungsarbeiten nachzugehen
hatte, muſste er oft abwesend sein. Dadurch machte die Arbeit nur
sehr langsame Fortschritte, denn ohne ihn wuſsten sich seine Arbeiter
nicht zu helfen. Die Teile, die er anfertigen lieſs, waren alle sehr
mangelhaft gearbeitet, so daſs Watts Verdruſs kein Ende nahm. Je
mehr sich die Arbeit der Vollendung näherte, je mehr wuchs seine
Angst vor dem nahenden Gericht (for his approaching doom). Er
konnte nachts nicht schlafen und Furcht erfüllte ihn mehr als Hoff-
nung. Gerade umgekehrt ging es Roebuck, seine Zuversicht wuchs
mit dem Fortschritt der Arbeit und er wurde nicht müde, den zag-
haften Erfinder anzufeuern, dem er, wo er konnte, mit guten Rat-
schlägen half. Robinson erzählt, daſs ihm Frau Roebuck um diese
Zeit einmal sagte: „Jamie (Watt) ist ein verdrehter Junge und ohne
den Doktor wäre er verloren, aber Dr. Roebuck läſst ihn nicht
untergehen.“ Im September 1769 war endlich die Versuchsmaschine
fertig, aber sie erwies sich als recht mangelhaft. Der Cylinder war
so schlecht gegossen, daſs er fast unbrauchbar war. Watt war ganz
niedergedrückt und schrieb an Dr. Small: „Es ist eine verfluchte Sache,
wenn ein Mensch alles an einem einzigen Faden hängen hat.“ Nur
das Gefühl der Pflicht, daſs seine Gläubiger nicht durch ihn zu
Schaden kommen dürften, hielt ihn damals aufrecht, weiter zu arbeiten.
An der Richtigkeit des Principes seiner Maschine zweifelte er keinen
Augenblick, nur die Ausführung (the workmanship) brachte ihn zur
Verzweiflung. Könnte er tüchtige Mechaniker finden, so wäre er
seiner Sache sicher, aber solche gab es damals in Carron nicht. Um
diese Zeit brach ein anderes Unglück herein. Dr. Roebuck kam in
finanzielle Schwierigkeiten. Der kühne Mann hatte zu viel gewagt.
Obgleich alle seine Unternehmungen gesund waren, obgleich ihm der
hohe Ruhm gebührt, der Gründer der modernen Eisenindustrie
Schottlands geworden zu sein, so konnte ihn das doch nicht vor dem

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[515/0529] James Watt und die Dampfmaschine. einer solchen und bediente während seines Aufenthalts in Kinneil selbst die Schoolyardmaschine bei Borougstoneſs. Endlich begann er mit dem Bau seiner Versuchsmaschine. Zu diesem Zwecke blieb er in Kinneil, wo ihm Dr. Roebuck ein abgelegenes Häuschen ein- geräumt hatte, in welchem er unbeobachtet in aller Stille seine Maschine montieren konnte. Die Teile dazu hatte er teils in seiner Werkstätte in Glasgow, teils auf der Hütte zu Carron, wo namentlich der Cylinder von 18 Zoll Durchmesser und 5 Fuſs Hub gegossen wurde, anfertigen lassen, die Aufstellung besorgte er selbst mit Hülfe einiger Arbeiter. Watt konnte nur seine Muſsestunden der Erfin- dung widmen. Da er noch seinen Vermessungsarbeiten nachzugehen hatte, muſste er oft abwesend sein. Dadurch machte die Arbeit nur sehr langsame Fortschritte, denn ohne ihn wuſsten sich seine Arbeiter nicht zu helfen. Die Teile, die er anfertigen lieſs, waren alle sehr mangelhaft gearbeitet, so daſs Watts Verdruſs kein Ende nahm. Je mehr sich die Arbeit der Vollendung näherte, je mehr wuchs seine Angst vor dem nahenden Gericht (for his approaching doom). Er konnte nachts nicht schlafen und Furcht erfüllte ihn mehr als Hoff- nung. Gerade umgekehrt ging es Roebuck, seine Zuversicht wuchs mit dem Fortschritt der Arbeit und er wurde nicht müde, den zag- haften Erfinder anzufeuern, dem er, wo er konnte, mit guten Rat- schlägen half. Robinson erzählt, daſs ihm Frau Roebuck um diese Zeit einmal sagte: „Jamie (Watt) ist ein verdrehter Junge und ohne den Doktor wäre er verloren, aber Dr. Roebuck läſst ihn nicht untergehen.“ Im September 1769 war endlich die Versuchsmaschine fertig, aber sie erwies sich als recht mangelhaft. Der Cylinder war so schlecht gegossen, daſs er fast unbrauchbar war. Watt war ganz niedergedrückt und schrieb an Dr. Small: „Es ist eine verfluchte Sache, wenn ein Mensch alles an einem einzigen Faden hängen hat.“ Nur das Gefühl der Pflicht, daſs seine Gläubiger nicht durch ihn zu Schaden kommen dürften, hielt ihn damals aufrecht, weiter zu arbeiten. An der Richtigkeit des Principes seiner Maschine zweifelte er keinen Augenblick, nur die Ausführung (the workmanship) brachte ihn zur Verzweiflung. Könnte er tüchtige Mechaniker finden, so wäre er seiner Sache sicher, aber solche gab es damals in Carron nicht. Um diese Zeit brach ein anderes Unglück herein. Dr. Roebuck kam in finanzielle Schwierigkeiten. Der kühne Mann hatte zu viel gewagt. Obgleich alle seine Unternehmungen gesund waren, obgleich ihm der hohe Ruhm gebührt, der Gründer der modernen Eisenindustrie Schottlands geworden zu sein, so konnte ihn das doch nicht vor dem 33*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/529>, abgerufen am 23.11.2024.