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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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James Watt und die Dampfmaschine.
Untergang retten, da er über seine Kräfte sich in Unternehmungen
eingelassen hatte. Er hatte alles, was er erworben hatte und mehr
wie dies in die Aufschliessungsarbeiten neuer Kohlenbergwerke gesteckt
und sass plötzlich bei Eintritt einer ungünstigen Konjunktur so fest,
dass er nicht im stande war, die Kosten des Patentes für die Dampf-
maschine zu bezahlen. Watt musste sich das Geld von seinem treuen,
alten Freunde Dr. Black leihen. Damals schrieb er an Small: "Von
allen Dingen in der Welt ist nichts so thörigt als erfinden." Und
am 31. Januar 1770 schrieb er an einen anderen Freund: "Heute
werde ich schon 35 Jahre alt und ich glaube, ich habe nicht für
35 Pfennige Gutes in der Welt gethan bis heute, aber ich kann es
nicht ändern." -- Das Erfinden konnte er eben nicht lassen, sein
ganzes Denken drehte sich darum. War es nichts Grosses, so
waren es kleine Dinge, an deren Verbesserung er arbeitete. So
erfand er mancherlei "gim cracks", Kleinigkeiten von grosser praktischer
Bedeutung. Aber ihm brachten sie nichts ein, er kam mehr und mehr
ins Gedränge. Selbst manche seiner guten Freunde hielten seine
Leidenschaft zu erfinden für seinen Fehler. Dr. Huttons Neujahrs-
gruss lautete: Glück zum neuen Jahr, aber keine neuen Erfindungen!
In solcher Lage befand sich Watt, als ihm das Anerbieten gemacht
wurde, die Bauleitung des Monklandkanals gegen einen Jahresgehalt
von 200 £ zu übernehmen. Frau und Kind zu lieb nahm er das
Anerbieten an, welches ihn mehrere Jahre von seiner erfinderischen
Thätigkeit abzog. Neben der Bauleitung des Kanales konnte er noch
mancherlei andere Vermessungsarbeiten ausführen, so die Vermessung
des Clyde zum Zweck seiner Schiffbarmachung; die Vermessung des
Strathmorekanals im Herbst 1770. Für den Magistrat von Hamilton
fertigte er die Pläne für den Bau einer Brücke über den Clyde. Für
die ganze Arbeit erhielt er 7 £ 7 sh. Aber diese Arbeiten im Freien
hatten wenigstens den Vorteil, dass sie seine Gesundheit kräftigten,
auch hatte er dabei sein Auskommen. Die letzte dieser Arbeiten
war die Vermessung des Caledoniakanals im Herbst 1773. Während
er diese Arbeiten in weglosen Gegenden beim schlechtesten Wetter
ausführte, traf ihn der schwerste Schlag, der ihn damals treffen konnte,
seine treue, innig geliebte Gattin, die ihn immer so freundlich in seinen
Sorgen und Ängsten getröstet und aufgemuntert hatte, starb plötzlich
im Wochenbett. Diesem Unglück folgte bald ein zweites; Dr. Roebuck,
der noch einige Jahre mit aller Kraft gegen den Zusammenbruch
seines Vermögens angekämpft hatte, wurde bankrott erklärt. So brach
auch diese Stütze Watts zusammen.


James Watt und die Dampfmaschine.
Untergang retten, da er über seine Kräfte sich in Unternehmungen
eingelassen hatte. Er hatte alles, was er erworben hatte und mehr
wie dies in die Aufschlieſsungsarbeiten neuer Kohlenbergwerke gesteckt
und saſs plötzlich bei Eintritt einer ungünstigen Konjunktur so fest,
daſs er nicht im stande war, die Kosten des Patentes für die Dampf-
maschine zu bezahlen. Watt muſste sich das Geld von seinem treuen,
alten Freunde Dr. Black leihen. Damals schrieb er an Small: „Von
allen Dingen in der Welt ist nichts so thörigt als erfinden.“ Und
am 31. Januar 1770 schrieb er an einen anderen Freund: „Heute
werde ich schon 35 Jahre alt und ich glaube, ich habe nicht für
35 Pfennige Gutes in der Welt gethan bis heute, aber ich kann es
nicht ändern.“ — Das Erfinden konnte er eben nicht lassen, sein
ganzes Denken drehte sich darum. War es nichts Groſses, so
waren es kleine Dinge, an deren Verbesserung er arbeitete. So
erfand er mancherlei „gim cracks“, Kleinigkeiten von groſser praktischer
Bedeutung. Aber ihm brachten sie nichts ein, er kam mehr und mehr
ins Gedränge. Selbst manche seiner guten Freunde hielten seine
Leidenschaft zu erfinden für seinen Fehler. Dr. Huttons Neujahrs-
gruſs lautete: Glück zum neuen Jahr, aber keine neuen Erfindungen!
In solcher Lage befand sich Watt, als ihm das Anerbieten gemacht
wurde, die Bauleitung des Monklandkanals gegen einen Jahresgehalt
von 200 £ zu übernehmen. Frau und Kind zu lieb nahm er das
Anerbieten an, welches ihn mehrere Jahre von seiner erfinderischen
Thätigkeit abzog. Neben der Bauleitung des Kanales konnte er noch
mancherlei andere Vermessungsarbeiten ausführen, so die Vermessung
des Clyde zum Zweck seiner Schiffbarmachung; die Vermessung des
Strathmorekanals im Herbst 1770. Für den Magistrat von Hamilton
fertigte er die Pläne für den Bau einer Brücke über den Clyde. Für
die ganze Arbeit erhielt er 7 £ 7 sh. Aber diese Arbeiten im Freien
hatten wenigstens den Vorteil, daſs sie seine Gesundheit kräftigten,
auch hatte er dabei sein Auskommen. Die letzte dieser Arbeiten
war die Vermessung des Caledoniakanals im Herbst 1773. Während
er diese Arbeiten in weglosen Gegenden beim schlechtesten Wetter
ausführte, traf ihn der schwerste Schlag, der ihn damals treffen konnte,
seine treue, innig geliebte Gattin, die ihn immer so freundlich in seinen
Sorgen und Ängsten getröstet und aufgemuntert hatte, starb plötzlich
im Wochenbett. Diesem Unglück folgte bald ein zweites; Dr. Roebuck,
der noch einige Jahre mit aller Kraft gegen den Zusammenbruch
seines Vermögens angekämpft hatte, wurde bankrott erklärt. So brach
auch diese Stütze Watts zusammen.


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[516/0530] James Watt und die Dampfmaschine. Untergang retten, da er über seine Kräfte sich in Unternehmungen eingelassen hatte. Er hatte alles, was er erworben hatte und mehr wie dies in die Aufschlieſsungsarbeiten neuer Kohlenbergwerke gesteckt und saſs plötzlich bei Eintritt einer ungünstigen Konjunktur so fest, daſs er nicht im stande war, die Kosten des Patentes für die Dampf- maschine zu bezahlen. Watt muſste sich das Geld von seinem treuen, alten Freunde Dr. Black leihen. Damals schrieb er an Small: „Von allen Dingen in der Welt ist nichts so thörigt als erfinden.“ Und am 31. Januar 1770 schrieb er an einen anderen Freund: „Heute werde ich schon 35 Jahre alt und ich glaube, ich habe nicht für 35 Pfennige Gutes in der Welt gethan bis heute, aber ich kann es nicht ändern.“ — Das Erfinden konnte er eben nicht lassen, sein ganzes Denken drehte sich darum. War es nichts Groſses, so waren es kleine Dinge, an deren Verbesserung er arbeitete. So erfand er mancherlei „gim cracks“, Kleinigkeiten von groſser praktischer Bedeutung. Aber ihm brachten sie nichts ein, er kam mehr und mehr ins Gedränge. Selbst manche seiner guten Freunde hielten seine Leidenschaft zu erfinden für seinen Fehler. Dr. Huttons Neujahrs- gruſs lautete: Glück zum neuen Jahr, aber keine neuen Erfindungen! In solcher Lage befand sich Watt, als ihm das Anerbieten gemacht wurde, die Bauleitung des Monklandkanals gegen einen Jahresgehalt von 200 £ zu übernehmen. Frau und Kind zu lieb nahm er das Anerbieten an, welches ihn mehrere Jahre von seiner erfinderischen Thätigkeit abzog. Neben der Bauleitung des Kanales konnte er noch mancherlei andere Vermessungsarbeiten ausführen, so die Vermessung des Clyde zum Zweck seiner Schiffbarmachung; die Vermessung des Strathmorekanals im Herbst 1770. Für den Magistrat von Hamilton fertigte er die Pläne für den Bau einer Brücke über den Clyde. Für die ganze Arbeit erhielt er 7 £ 7 sh. Aber diese Arbeiten im Freien hatten wenigstens den Vorteil, daſs sie seine Gesundheit kräftigten, auch hatte er dabei sein Auskommen. Die letzte dieser Arbeiten war die Vermessung des Caledoniakanals im Herbst 1773. Während er diese Arbeiten in weglosen Gegenden beim schlechtesten Wetter ausführte, traf ihn der schwerste Schlag, der ihn damals treffen konnte, seine treue, innig geliebte Gattin, die ihn immer so freundlich in seinen Sorgen und Ängsten getröstet und aufgemuntert hatte, starb plötzlich im Wochenbett. Diesem Unglück folgte bald ein zweites; Dr. Roebuck, der noch einige Jahre mit aller Kraft gegen den Zusammenbruch seines Vermögens angekämpft hatte, wurde bankrott erklärt. So brach auch diese Stütze Watts zusammen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/530>, abgerufen am 23.11.2024.