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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Cementstahlfabrikation in England.
gestützt, so dass sie den Druck des Eisens und die Gewalt des Feuers
aushalten konnten. Über diesen Kisten und den ganzen inneren
Raum ist eine Haube oder Kuppel (nicht ein Tonnengewölbe wie bei
Reaumur) aufgeführt, welches die Hitze zusammenhält und durch
deren Decke Rauch und Flamme durch acht Öffnungen abziehen.
Der ganze Ofen steht unter einer Esse, welche in Gestalt eines
Zuckerhutes von Backsteinen erbaut ist.

"Das schwedische Eisen ist das einzige, welches bis-
her zur Verwandlung in Stahl tüchtig befunden worden
ist
. Es sind auch mit dem in England fabrizierten Eisen viele Ver-
suche angestellt worden, aber man hat nie daraus einen ebensoguten
Stahl, wie aus dem schwedischen, erhalten können. Man nimmt zu
dieser Arbeit verschiedene Sorten von schwedischem Stahl, welche,
so wie sie nach der Verschiedenheit der Güte in verschiedenem Wert
stehen, dadurch auch im Preise des Stahls eine Veränderung machen.

Die Eisenstäbe, welche cementiert werden, haben nicht gleiches
Mass; manchmal sind sie vierkantig, meist aber flach, 11/2 bis 2 Zoll
breit und 4 bis 7 Linien dick und in der Länge kommen sie der
Länge der Kisten gleich. In jeder Kiste werden 5 bis 61/2 Tonnen
Eisen eingesetzt, deren jede 21 Ctr. wiegt, den Centner zu 112 Pfund
nach englischem Gewicht gerechnet. Es werden demnach in einem
Ofen mit 2 Kisten 10 bis 13 Tonnen oder etwa 23000 bis 28000 Pfd.
Eisen auf einmal eingesetzt.

Zur Cementation bedient man sich nur des Kohlenpulvers
ohne allen Zusatz
von Öl und Salz als Cementationsmittel. Wenn
nun die Eisenstäbe in die Kisten eingesetzt werden sollen, so kriecht
der Stahlbrenner in den Ofen hinein und durch die an den Enden
angebrachten Löcher werden ihm die Stäbe zugereicht. Es sind dies
dieselben Öffnungen, durch welche auch die Flamme durchschlägt,
und welche während der Arbeit nach aussen zugesetzt werden. Der
Stahlbrenner nimmt alsdann Kohlenstübbe, welche durch ein grobes
Sieb durchgeschlagen ist, feuchtet dieselbe ein wenig an, macht auf
dem Boden der Kiste davon eine Schicht und legt darauf eine
Lage von Eisenstäben, welche gewöhnlich nach der Länge des Ofens
abgehauen sind. Zuweilen nimmt man auch Stäbe von verschiedener
Länge, so wie sie kommen, jedoch werden sie stets dergestalt ein-
gesetzt, dass keiner den anderen berührt, und also beständig Kohlen-
stübbe dazwischen liegt. Die erste Schicht Stäbe wird sodann 1 Zoll
hoch mit demselben Kohlenpulver bedeckt und dann wieder eine Lage
Stäbe gelegt. Auf diese Art wird fortgefahren, bis die ganze Kiste

Die Cementstahlfabrikation in England.
gestützt, so daſs sie den Druck des Eisens und die Gewalt des Feuers
aushalten konnten. Über diesen Kisten und den ganzen inneren
Raum ist eine Haube oder Kuppel (nicht ein Tonnengewölbe wie bei
Reaumur) aufgeführt, welches die Hitze zusammenhält und durch
deren Decke Rauch und Flamme durch acht Öffnungen abziehen.
Der ganze Ofen steht unter einer Esse, welche in Gestalt eines
Zuckerhutes von Backsteinen erbaut ist.

Das schwedische Eisen ist das einzige, welches bis-
her zur Verwandlung in Stahl tüchtig befunden worden
ist
. Es sind auch mit dem in England fabrizierten Eisen viele Ver-
suche angestellt worden, aber man hat nie daraus einen ebensoguten
Stahl, wie aus dem schwedischen, erhalten können. Man nimmt zu
dieser Arbeit verschiedene Sorten von schwedischem Stahl, welche,
so wie sie nach der Verschiedenheit der Güte in verschiedenem Wert
stehen, dadurch auch im Preise des Stahls eine Veränderung machen.

Die Eisenstäbe, welche cementiert werden, haben nicht gleiches
Maſs; manchmal sind sie vierkantig, meist aber flach, 1½ bis 2 Zoll
breit und 4 bis 7 Linien dick und in der Länge kommen sie der
Länge der Kisten gleich. In jeder Kiste werden 5 bis 6½ Tonnen
Eisen eingesetzt, deren jede 21 Ctr. wiegt, den Centner zu 112 Pfund
nach englischem Gewicht gerechnet. Es werden demnach in einem
Ofen mit 2 Kisten 10 bis 13 Tonnen oder etwa 23000 bis 28000 Pfd.
Eisen auf einmal eingesetzt.

Zur Cementation bedient man sich nur des Kohlenpulvers
ohne allen Zusatz
von Öl und Salz als Cementationsmittel. Wenn
nun die Eisenstäbe in die Kisten eingesetzt werden sollen, so kriecht
der Stahlbrenner in den Ofen hinein und durch die an den Enden
angebrachten Löcher werden ihm die Stäbe zugereicht. Es sind dies
dieselben Öffnungen, durch welche auch die Flamme durchschlägt,
und welche während der Arbeit nach auſsen zugesetzt werden. Der
Stahlbrenner nimmt alsdann Kohlenstübbe, welche durch ein grobes
Sieb durchgeschlagen ist, feuchtet dieselbe ein wenig an, macht auf
dem Boden der Kiste davon eine Schicht und legt darauf eine
Lage von Eisenstäben, welche gewöhnlich nach der Länge des Ofens
abgehauen sind. Zuweilen nimmt man auch Stäbe von verschiedener
Länge, so wie sie kommen, jedoch werden sie stets dergestalt ein-
gesetzt, daſs keiner den anderen berührt, und also beständig Kohlen-
stübbe dazwischen liegt. Die erste Schicht Stäbe wird sodann 1 Zoll
hoch mit demselben Kohlenpulver bedeckt und dann wieder eine Lage
Stäbe gelegt. Auf diese Art wird fortgefahren, bis die ganze Kiste

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[284/0298] Die Cementstahlfabrikation in England. gestützt, so daſs sie den Druck des Eisens und die Gewalt des Feuers aushalten konnten. Über diesen Kisten und den ganzen inneren Raum ist eine Haube oder Kuppel (nicht ein Tonnengewölbe wie bei Reaumur) aufgeführt, welches die Hitze zusammenhält und durch deren Decke Rauch und Flamme durch acht Öffnungen abziehen. Der ganze Ofen steht unter einer Esse, welche in Gestalt eines Zuckerhutes von Backsteinen erbaut ist. „Das schwedische Eisen ist das einzige, welches bis- her zur Verwandlung in Stahl tüchtig befunden worden ist. Es sind auch mit dem in England fabrizierten Eisen viele Ver- suche angestellt worden, aber man hat nie daraus einen ebensoguten Stahl, wie aus dem schwedischen, erhalten können. Man nimmt zu dieser Arbeit verschiedene Sorten von schwedischem Stahl, welche, so wie sie nach der Verschiedenheit der Güte in verschiedenem Wert stehen, dadurch auch im Preise des Stahls eine Veränderung machen. Die Eisenstäbe, welche cementiert werden, haben nicht gleiches Maſs; manchmal sind sie vierkantig, meist aber flach, 1½ bis 2 Zoll breit und 4 bis 7 Linien dick und in der Länge kommen sie der Länge der Kisten gleich. In jeder Kiste werden 5 bis 6½ Tonnen Eisen eingesetzt, deren jede 21 Ctr. wiegt, den Centner zu 112 Pfund nach englischem Gewicht gerechnet. Es werden demnach in einem Ofen mit 2 Kisten 10 bis 13 Tonnen oder etwa 23000 bis 28000 Pfd. Eisen auf einmal eingesetzt. Zur Cementation bedient man sich nur des Kohlenpulvers ohne allen Zusatz von Öl und Salz als Cementationsmittel. Wenn nun die Eisenstäbe in die Kisten eingesetzt werden sollen, so kriecht der Stahlbrenner in den Ofen hinein und durch die an den Enden angebrachten Löcher werden ihm die Stäbe zugereicht. Es sind dies dieselben Öffnungen, durch welche auch die Flamme durchschlägt, und welche während der Arbeit nach auſsen zugesetzt werden. Der Stahlbrenner nimmt alsdann Kohlenstübbe, welche durch ein grobes Sieb durchgeschlagen ist, feuchtet dieselbe ein wenig an, macht auf dem Boden der Kiste davon eine Schicht und legt darauf eine Lage von Eisenstäben, welche gewöhnlich nach der Länge des Ofens abgehauen sind. Zuweilen nimmt man auch Stäbe von verschiedener Länge, so wie sie kommen, jedoch werden sie stets dergestalt ein- gesetzt, daſs keiner den anderen berührt, und also beständig Kohlen- stübbe dazwischen liegt. Die erste Schicht Stäbe wird sodann 1 Zoll hoch mit demselben Kohlenpulver bedeckt und dann wieder eine Lage Stäbe gelegt. Auf diese Art wird fortgefahren, bis die ganze Kiste

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/298>, abgerufen am 23.11.2024.