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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Schmiedbarer Guss.
dieselben nach Modellen herzustellen wären. Er weist darauf hin, wie
mager die schmiedeeisernen Geländer, Füllungen, Laternenträger u. s. w.,
welche man dürftig und unsolide mit aufgesetztem, geschnittenem und
gebogenem Blech verziere, seien, während man dieselben aus schmied-
barem Guss viel reicher und dauerhafter herstellen könne. Schlüssel,
Schlösser, Riegel, Bänder, die jetzt alle so nüchtern glatt wären,
liessen sich so geschmackvoll und reich verziert anfertigen. Fig. 39
zeigt einen Schlüssel im Rohguss und geglüht und ciseliert.

Reaumur weist ferner darauf hin, und dies ist von Interesse
für die Geschichte der Giessereitechnik, dass man ja leicht schmiede-
eiserne Zapfen u. s. w., welche besonders viel auszuhalten hätten,

[Abbildung] Fig. 39.
schon mit eingiessen könne, indem
dieselben in die Form eingelegt,
sich beim Giessen mit dem Guss-
eisen fest verbänden. Die schönen
Schlüssel, die man jetzt so teuer
aus England beziehe, liessen sich
viel reicher und dabei billig nach
diesem Verfahren herstellen. Gür-
tel- und Schuhschnallen, Bügel,
Pferdegebisse, kurz hunderterlei
Dinge, die schwierig zu schmieden
sind, wären billig so zu machen.
Selbst für Kanonen hält er dies
Verfahren sehr geeignet. Guss-
kanonen seien immer der Gefahr
des Zerspringens ausgesetzt, deshalb
seien schmiedeeiserne Kanonen viel besser, aber sie seien zu teuer. Da
wäre der schmiedbare Guss nun gerade der richtige Stoff und man
könnte denselben noch verstärken, wenn man die Kanonen über ein
dichtes Gerippe von schmiedeeisernen Stäben giesse. Er macht An-
gaben, wie die Glühöfen dafür einzurichten seien und setzt grosse
Hoffnungen auf diese Art der Verwendung.

Aber nicht nur künstlerischen und kriegerischen Zwecken soll
die Erfindung dienen, sondern auch dem häuslichen Gebrauch.
Eisernes Kochgeschirr sei noch in den Häusern der Wohlhabenden
verpönt und werde nur bei den Bauern auf dem Lande angetroffen.
Der Grund dafür sei, dass es zu schwer und zu plump sei. Man
müsse es so dick giessen, weil gewöhnlicher Guss zu leicht springe
und zerbreche. Würde man aber das Geschirr dem Glühfrischprozess

Schmiedbarer Guſs.
dieselben nach Modellen herzustellen wären. Er weist darauf hin, wie
mager die schmiedeeisernen Geländer, Füllungen, Laternenträger u. s. w.,
welche man dürftig und unsolide mit aufgesetztem, geschnittenem und
gebogenem Blech verziere, seien, während man dieselben aus schmied-
barem Guſs viel reicher und dauerhafter herstellen könne. Schlüssel,
Schlösser, Riegel, Bänder, die jetzt alle so nüchtern glatt wären,
lieſsen sich so geschmackvoll und reich verziert anfertigen. Fig. 39
zeigt einen Schlüssel im Rohguſs und geglüht und ciseliert.

Reaumur weist ferner darauf hin, und dies ist von Interesse
für die Geschichte der Gieſsereitechnik, daſs man ja leicht schmiede-
eiserne Zapfen u. s. w., welche besonders viel auszuhalten hätten,

[Abbildung] Fig. 39.
schon mit eingieſsen könne, indem
dieselben in die Form eingelegt,
sich beim Gieſsen mit dem Guſs-
eisen fest verbänden. Die schönen
Schlüssel, die man jetzt so teuer
aus England beziehe, lieſsen sich
viel reicher und dabei billig nach
diesem Verfahren herstellen. Gür-
tel- und Schuhschnallen, Bügel,
Pferdegebisse, kurz hunderterlei
Dinge, die schwierig zu schmieden
sind, wären billig so zu machen.
Selbst für Kanonen hält er dies
Verfahren sehr geeignet. Guſs-
kanonen seien immer der Gefahr
des Zerspringens ausgesetzt, deshalb
seien schmiedeeiserne Kanonen viel besser, aber sie seien zu teuer. Da
wäre der schmiedbare Guſs nun gerade der richtige Stoff und man
könnte denselben noch verstärken, wenn man die Kanonen über ein
dichtes Gerippe von schmiedeeisernen Stäben gieſse. Er macht An-
gaben, wie die Glühöfen dafür einzurichten seien und setzt groſse
Hoffnungen auf diese Art der Verwendung.

Aber nicht nur künstlerischen und kriegerischen Zwecken soll
die Erfindung dienen, sondern auch dem häuslichen Gebrauch.
Eisernes Kochgeschirr sei noch in den Häusern der Wohlhabenden
verpönt und werde nur bei den Bauern auf dem Lande angetroffen.
Der Grund dafür sei, daſs es zu schwer und zu plump sei. Man
müsse es so dick gieſsen, weil gewöhnlicher Guſs zu leicht springe
und zerbreche. Würde man aber das Geschirr dem Glühfrischprozeſs

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[235/0249] Schmiedbarer Guſs. dieselben nach Modellen herzustellen wären. Er weist darauf hin, wie mager die schmiedeeisernen Geländer, Füllungen, Laternenträger u. s. w., welche man dürftig und unsolide mit aufgesetztem, geschnittenem und gebogenem Blech verziere, seien, während man dieselben aus schmied- barem Guſs viel reicher und dauerhafter herstellen könne. Schlüssel, Schlösser, Riegel, Bänder, die jetzt alle so nüchtern glatt wären, lieſsen sich so geschmackvoll und reich verziert anfertigen. Fig. 39 zeigt einen Schlüssel im Rohguſs und geglüht und ciseliert. Reaumur weist ferner darauf hin, und dies ist von Interesse für die Geschichte der Gieſsereitechnik, daſs man ja leicht schmiede- eiserne Zapfen u. s. w., welche besonders viel auszuhalten hätten, [Abbildung Fig. 39.] schon mit eingieſsen könne, indem dieselben in die Form eingelegt, sich beim Gieſsen mit dem Guſs- eisen fest verbänden. Die schönen Schlüssel, die man jetzt so teuer aus England beziehe, lieſsen sich viel reicher und dabei billig nach diesem Verfahren herstellen. Gür- tel- und Schuhschnallen, Bügel, Pferdegebisse, kurz hunderterlei Dinge, die schwierig zu schmieden sind, wären billig so zu machen. Selbst für Kanonen hält er dies Verfahren sehr geeignet. Guſs- kanonen seien immer der Gefahr des Zerspringens ausgesetzt, deshalb seien schmiedeeiserne Kanonen viel besser, aber sie seien zu teuer. Da wäre der schmiedbare Guſs nun gerade der richtige Stoff und man könnte denselben noch verstärken, wenn man die Kanonen über ein dichtes Gerippe von schmiedeeisernen Stäben gieſse. Er macht An- gaben, wie die Glühöfen dafür einzurichten seien und setzt groſse Hoffnungen auf diese Art der Verwendung. Aber nicht nur künstlerischen und kriegerischen Zwecken soll die Erfindung dienen, sondern auch dem häuslichen Gebrauch. Eisernes Kochgeschirr sei noch in den Häusern der Wohlhabenden verpönt und werde nur bei den Bauern auf dem Lande angetroffen. Der Grund dafür sei, daſs es zu schwer und zu plump sei. Man müsse es so dick gieſsen, weil gewöhnlicher Guſs zu leicht springe und zerbreche. Würde man aber das Geschirr dem Glühfrischprozeſs

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/249>, abgerufen am 23.11.2024.