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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Russland.
bereitet wird. In der Nähe der Stadt Paulawa (Pultawa?) wohnen
viele Schmiede, welche Schwerter und Damascenerklingen (gladios
Damascenos) machen.

Im allgemeinen werden die Eisenerze in Russland und Sibirien selten
aus festem Gestein gewonnen, sondern meistens aus der Erde gegra-
ben. Sie liegen in losen Stücken nur wenige Ellen unter dem Boden
überall in den Feldern zerstreut, andere kommen in einem Thon-
schiefer vor, an anderen Orten wird das Eisen aus Sumpferzen und
aus ockeriger Erde ausgeschmolzen (exsudatur). Nur von zwei Plätzen
muss das Eisen auf grössere Entfernung zu dem oben beschriebenen
Wasserwege über Land transportiert werden, diese liegen bei Illinsk
und bei Jeniseisk.

Sehr viele Eisenwerke in Russland und Sibirien verdanken ihre
Entstehung den Herren Narischkin und Moellers. In Sibirien
soll es 5 kaiserliche und 27 private Eisenwerke geben. Die bekannte-
sten in Sibirien sind Newiansk, Alapaisk, Kamensk und Uktusk und
in Russland die beiden zu Petrowsk und Olonetz. Das beste unter
den genannten Werken soll das Tetkowskische sein, welches dem
Nikita Demidoff gehört, und wird auch das daselbst bereitete
Eisen sehr gelobt."

Die Gründung der Klingenfabrik in Tula erfolgte durch Schmiede
von Eilpe in Westfalen. Die Darstellung des Vorgangs in den alten
Akten der Klingen- und Messerschmiedezunft ist höchst charakte-
ristisch für die damaligen Zustände in Preussen wie in Russland.
"Im Jahre 1732 wurden von Sr. Majestät, dem hochseligen König
Friedrich Wilhelm, einige Meister mit Gewalt gegriffen und nach
Russland geschickt, um allda die Klingenfabriken zu etablieren; da-
für wurden dem hochseligen König einige grosse Menschen von der
russischen Kaiserin verehrt, welche so gross waren, dass ein Mann von
4 Zoll (1,68 m) solchen mit einer langen Pfeife nur bis an den Bart habe
reichen können. Wie nun die Fabrikanten allda die Fabriken richtig
zu stande gebracht, wollten sie in ihr Vaterland wieder zurückziehen,
zogen über Berlin und verlangten für sich und ihre zurückgelassenen
Brüder Bestellungen, allein es gefiel Sr. Königl. Majestät, die Fabri-
kanten dazuhalten, und liess die jetzt so stark florierende Fabrik zu
Spandau anlegen; dadurch sind wir in eine drückende Lage ge-
kommen."

Der Aufschwung der Eisenindustrie unter der Kaiserin Anna
(1730 bis 1740) findet seinen deutlichsten Ausdruck in den Ziffern
der russischen Ausfuhr. Die Eisenausfuhr nach England betrug 1730

Ruſsland.
bereitet wird. In der Nähe der Stadt Paulawa (Pultawa?) wohnen
viele Schmiede, welche Schwerter und Damascenerklingen (gladios
Damascenos) machen.

Im allgemeinen werden die Eisenerze in Ruſsland und Sibirien selten
aus festem Gestein gewonnen, sondern meistens aus der Erde gegra-
ben. Sie liegen in losen Stücken nur wenige Ellen unter dem Boden
überall in den Feldern zerstreut, andere kommen in einem Thon-
schiefer vor, an anderen Orten wird das Eisen aus Sumpferzen und
aus ockeriger Erde ausgeschmolzen (exsudatur). Nur von zwei Plätzen
muſs das Eisen auf gröſsere Entfernung zu dem oben beschriebenen
Wasserwege über Land transportiert werden, diese liegen bei Illinsk
und bei Jeniseisk.

Sehr viele Eisenwerke in Ruſsland und Sibirien verdanken ihre
Entstehung den Herren Narischkin und Moellers. In Sibirien
soll es 5 kaiserliche und 27 private Eisenwerke geben. Die bekannte-
sten in Sibirien sind Newiansk, Alapaisk, Kamensk und Uktusk und
in Ruſsland die beiden zu Petrowsk und Olonetz. Das beste unter
den genannten Werken soll das Tetkowskische sein, welches dem
Nikita Demidoff gehört, und wird auch das daselbst bereitete
Eisen sehr gelobt.“

Die Gründung der Klingenfabrik in Tula erfolgte durch Schmiede
von Eilpe in Westfalen. Die Darstellung des Vorgangs in den alten
Akten der Klingen- und Messerschmiedezunft ist höchst charakte-
ristisch für die damaligen Zustände in Preuſsen wie in Ruſsland.
„Im Jahre 1732 wurden von Sr. Majestät, dem hochseligen König
Friedrich Wilhelm, einige Meister mit Gewalt gegriffen und nach
Ruſsland geschickt, um allda die Klingenfabriken zu etablieren; da-
für wurden dem hochseligen König einige groſse Menschen von der
russischen Kaiserin verehrt, welche so groſs waren, daſs ein Mann von
4 Zoll (1,68 m) solchen mit einer langen Pfeife nur bis an den Bart habe
reichen können. Wie nun die Fabrikanten allda die Fabriken richtig
zu stande gebracht, wollten sie in ihr Vaterland wieder zurückziehen,
zogen über Berlin und verlangten für sich und ihre zurückgelassenen
Brüder Bestellungen, allein es gefiel Sr. Königl. Majestät, die Fabri-
kanten dazuhalten, und lieſs die jetzt so stark florierende Fabrik zu
Spandau anlegen; dadurch sind wir in eine drückende Lage ge-
kommen.“

Der Aufschwung der Eisenindustrie unter der Kaiserin Anna
(1730 bis 1740) findet seinen deutlichsten Ausdruck in den Ziffern
der russischen Ausfuhr. Die Eisenausfuhr nach England betrug 1730

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[1131/1145] Ruſsland. bereitet wird. In der Nähe der Stadt Paulawa (Pultawa?) wohnen viele Schmiede, welche Schwerter und Damascenerklingen (gladios Damascenos) machen. Im allgemeinen werden die Eisenerze in Ruſsland und Sibirien selten aus festem Gestein gewonnen, sondern meistens aus der Erde gegra- ben. Sie liegen in losen Stücken nur wenige Ellen unter dem Boden überall in den Feldern zerstreut, andere kommen in einem Thon- schiefer vor, an anderen Orten wird das Eisen aus Sumpferzen und aus ockeriger Erde ausgeschmolzen (exsudatur). Nur von zwei Plätzen muſs das Eisen auf gröſsere Entfernung zu dem oben beschriebenen Wasserwege über Land transportiert werden, diese liegen bei Illinsk und bei Jeniseisk. Sehr viele Eisenwerke in Ruſsland und Sibirien verdanken ihre Entstehung den Herren Narischkin und Moellers. In Sibirien soll es 5 kaiserliche und 27 private Eisenwerke geben. Die bekannte- sten in Sibirien sind Newiansk, Alapaisk, Kamensk und Uktusk und in Ruſsland die beiden zu Petrowsk und Olonetz. Das beste unter den genannten Werken soll das Tetkowskische sein, welches dem Nikita Demidoff gehört, und wird auch das daselbst bereitete Eisen sehr gelobt.“ Die Gründung der Klingenfabrik in Tula erfolgte durch Schmiede von Eilpe in Westfalen. Die Darstellung des Vorgangs in den alten Akten der Klingen- und Messerschmiedezunft ist höchst charakte- ristisch für die damaligen Zustände in Preuſsen wie in Ruſsland. „Im Jahre 1732 wurden von Sr. Majestät, dem hochseligen König Friedrich Wilhelm, einige Meister mit Gewalt gegriffen und nach Ruſsland geschickt, um allda die Klingenfabriken zu etablieren; da- für wurden dem hochseligen König einige groſse Menschen von der russischen Kaiserin verehrt, welche so groſs waren, daſs ein Mann von 4 Zoll (1,68 m) solchen mit einer langen Pfeife nur bis an den Bart habe reichen können. Wie nun die Fabrikanten allda die Fabriken richtig zu stande gebracht, wollten sie in ihr Vaterland wieder zurückziehen, zogen über Berlin und verlangten für sich und ihre zurückgelassenen Brüder Bestellungen, allein es gefiel Sr. Königl. Majestät, die Fabri- kanten dazuhalten, und lieſs die jetzt so stark florierende Fabrik zu Spandau anlegen; dadurch sind wir in eine drückende Lage ge- kommen.“ Der Aufschwung der Eisenindustrie unter der Kaiserin Anna (1730 bis 1740) findet seinen deutlichsten Ausdruck in den Ziffern der russischen Ausfuhr. Die Eisenausfuhr nach England betrug 1730

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1145>, abgerufen am 22.11.2024.