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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Russland.
was für die Eisenindustrie ebenfalls von grosser Bedeutung war. Er
führte eine freiere Handelspolitik ein und schaffte die lästige Be-
schränkung der "Kronwaren" nach und nach fast ganz ab. 1718
gründete er das Kommerz-Kollegium, welches den russischen Handel
wesentlich förderte. Für dasselbe hatte Peter der Grosse eigen-
händig das Statut aufgesetzt. Gleichzeitig stiftete er das Manufaktur-
Kollegium, welches besonders das Gewerbswesen leiten und fördern
sollte. Ausserdem, dass der Zar fortwährend geschickte Mechaniker
und erfahrene Meister in das Land zog -- seit 1714 auch be-
sonders viele Franzosen --, schickte er viele seiner eigenen Unter-
thanen in das Ausland, um daselbst neue Betriebe kennen zu
lernen. Schon 1700 befahl er den Moskauer Bürgern, ihre Söhne
auf Staatskosten nach Amsterdam, London, Toulon und anderen
grossen Städten zu schicken, indem er selbst bestimmte, in welcher
Branche sich ein jeder von ihnen ausbilden sollte. So sandte er
z. B. um 1719 auch einen nach England, um dort das Kanonen-
giessen zu lernen.

Alle Fabriken des Reiches gehörten entweder dem Staate oder
standen unter Staatsaufsicht; Peter I. verkaufte und verschenkte
aber viele Staatsfabriken an Private und suchte den Fabrikbetrieb
durch solche möglichst zu fördern.

Von dem Eisenhüttenbetrieb jener Zeit wissen wir nicht viel;
die Hochöfen waren klein, mit viereckigen Schächten in einem sehr
dicken Rauhmauerwerk aus Ziegelsteinen und lieferten nicht über
200 Pud (3276 kg) Roheisen in 24 Stunden 1).

Das den Fabriken eingeräumte Recht, Bauerndörfer zu kaufen,
war für diese zur Sicherung der Arbeitskräfte von grösster Wichtig-
keit. 1723 wurde diese Erlaubnis dahin modifiziert, dass das Manu-
faktur-Kollegium in jedem einzelnen Falle die Erlaubnis zum Kauf
von Dörfern zu erteilen habe, dass die Dörfer aber mit den Fabriken
unzertrennlich verbunden bleiben sollten und ohne die Fabriken
weder veräussert noch verpfändet werden durften. Eine humane Vor-
schrift war es, dass Leibeigene nicht einzeln, sondern nur mit ihrer
Familie oder mit dem ganzen Dorf verkauft werden durften.

Als der grosse Zar im Jahre 1725 starb, hatte er dem gewaltigen
Reiche eine so dauerhafte und feste Grundlage gegeben, dass sich
auf derselben das Riesenreich des heutigen Russlands aufbauen

1) Siehe Norberg, Über die Produktion des Roheisens in Russland, deutsch
von Blumhof, 1805, S. 4.

Ruſsland.
was für die Eisenindustrie ebenfalls von groſser Bedeutung war. Er
führte eine freiere Handelspolitik ein und schaffte die lästige Be-
schränkung der „Kronwaren“ nach und nach fast ganz ab. 1718
gründete er das Kommerz-Kollegium, welches den russischen Handel
wesentlich förderte. Für dasselbe hatte Peter der Groſse eigen-
händig das Statut aufgesetzt. Gleichzeitig stiftete er das Manufaktur-
Kollegium, welches besonders das Gewerbswesen leiten und fördern
sollte. Auſserdem, daſs der Zar fortwährend geschickte Mechaniker
und erfahrene Meister in das Land zog — seit 1714 auch be-
sonders viele Franzosen —, schickte er viele seiner eigenen Unter-
thanen in das Ausland, um daselbst neue Betriebe kennen zu
lernen. Schon 1700 befahl er den Moskauer Bürgern, ihre Söhne
auf Staatskosten nach Amsterdam, London, Toulon und anderen
groſsen Städten zu schicken, indem er selbst bestimmte, in welcher
Branche sich ein jeder von ihnen ausbilden sollte. So sandte er
z. B. um 1719 auch einen nach England, um dort das Kanonen-
gieſsen zu lernen.

Alle Fabriken des Reiches gehörten entweder dem Staate oder
standen unter Staatsaufsicht; Peter I. verkaufte und verschenkte
aber viele Staatsfabriken an Private und suchte den Fabrikbetrieb
durch solche möglichst zu fördern.

Von dem Eisenhüttenbetrieb jener Zeit wissen wir nicht viel;
die Hochöfen waren klein, mit viereckigen Schächten in einem sehr
dicken Rauhmauerwerk aus Ziegelsteinen und lieferten nicht über
200 Pud (3276 kg) Roheisen in 24 Stunden 1).

Das den Fabriken eingeräumte Recht, Bauerndörfer zu kaufen,
war für diese zur Sicherung der Arbeitskräfte von gröſster Wichtig-
keit. 1723 wurde diese Erlaubnis dahin modifiziert, daſs das Manu-
faktur-Kollegium in jedem einzelnen Falle die Erlaubnis zum Kauf
von Dörfern zu erteilen habe, daſs die Dörfer aber mit den Fabriken
unzertrennlich verbunden bleiben sollten und ohne die Fabriken
weder veräuſsert noch verpfändet werden durften. Eine humane Vor-
schrift war es, daſs Leibeigene nicht einzeln, sondern nur mit ihrer
Familie oder mit dem ganzen Dorf verkauft werden durften.

Als der groſse Zar im Jahre 1725 starb, hatte er dem gewaltigen
Reiche eine so dauerhafte und feste Grundlage gegeben, daſs sich
auf derselben das Riesenreich des heutigen Ruſslands aufbauen

1) Siehe Norberg, Über die Produktion des Roheisens in Ruſsland, deutsch
von Blumhof, 1805, S. 4.
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[1126/1140] Ruſsland. was für die Eisenindustrie ebenfalls von groſser Bedeutung war. Er führte eine freiere Handelspolitik ein und schaffte die lästige Be- schränkung der „Kronwaren“ nach und nach fast ganz ab. 1718 gründete er das Kommerz-Kollegium, welches den russischen Handel wesentlich förderte. Für dasselbe hatte Peter der Groſse eigen- händig das Statut aufgesetzt. Gleichzeitig stiftete er das Manufaktur- Kollegium, welches besonders das Gewerbswesen leiten und fördern sollte. Auſserdem, daſs der Zar fortwährend geschickte Mechaniker und erfahrene Meister in das Land zog — seit 1714 auch be- sonders viele Franzosen —, schickte er viele seiner eigenen Unter- thanen in das Ausland, um daselbst neue Betriebe kennen zu lernen. Schon 1700 befahl er den Moskauer Bürgern, ihre Söhne auf Staatskosten nach Amsterdam, London, Toulon und anderen groſsen Städten zu schicken, indem er selbst bestimmte, in welcher Branche sich ein jeder von ihnen ausbilden sollte. So sandte er z. B. um 1719 auch einen nach England, um dort das Kanonen- gieſsen zu lernen. Alle Fabriken des Reiches gehörten entweder dem Staate oder standen unter Staatsaufsicht; Peter I. verkaufte und verschenkte aber viele Staatsfabriken an Private und suchte den Fabrikbetrieb durch solche möglichst zu fördern. Von dem Eisenhüttenbetrieb jener Zeit wissen wir nicht viel; die Hochöfen waren klein, mit viereckigen Schächten in einem sehr dicken Rauhmauerwerk aus Ziegelsteinen und lieferten nicht über 200 Pud (3276 kg) Roheisen in 24 Stunden 1). Das den Fabriken eingeräumte Recht, Bauerndörfer zu kaufen, war für diese zur Sicherung der Arbeitskräfte von gröſster Wichtig- keit. 1723 wurde diese Erlaubnis dahin modifiziert, daſs das Manu- faktur-Kollegium in jedem einzelnen Falle die Erlaubnis zum Kauf von Dörfern zu erteilen habe, daſs die Dörfer aber mit den Fabriken unzertrennlich verbunden bleiben sollten und ohne die Fabriken weder veräuſsert noch verpfändet werden durften. Eine humane Vor- schrift war es, daſs Leibeigene nicht einzeln, sondern nur mit ihrer Familie oder mit dem ganzen Dorf verkauft werden durften. Als der groſse Zar im Jahre 1725 starb, hatte er dem gewaltigen Reiche eine so dauerhafte und feste Grundlage gegeben, daſs sich auf derselben das Riesenreich des heutigen Ruſslands aufbauen 1) Siehe Norberg, Über die Produktion des Roheisens in Ruſsland, deutsch von Blumhof, 1805, S. 4.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1140>, abgerufen am 22.11.2024.