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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Italien, Spanien und Frankreich.
die Eisenindustrie übten diese Verhältnisse ihren Einfluss. Den
Wendepunkt bildete die Vernichtung der unüberwindlichen Armada
durch die Engländer, welche dadurch die Vormacht Europas zur See
wurden.

Frankreich hatte eine alte und bedeutende Eisenindustrie, den-
noch war sein Bedarf noch grösser als seine Produktion, so dass es
auf fremde Einfuhr angewiesen war. Diese erfolgte für den Süden
aus Spanien und Italien, für den Norden aus Deutschland. Bei
weitem das Meiste lieferte aber die heimische Industrie.

Frankreich war reich an Erzen, wenn es auch keine so ausser-
ordentliche Vorkommen besass, wie Deutschland im Erzberge, Italien
auf Elba und Spanien zu Sommorostro. Auch war Frankreich reich
an Waldungen und litt noch nicht an Holzmangel wie England,
Spanien und Italien.

Die wichtigsten Eisensteinlager Frankreichs befinden sich im
Osten und im Süden. Wir betrachten dabei Frankreich in seinen
Grenzen vor 1870, während allerdings Ausgangs des 15. Jahrhunderts
verschiedene eisenreiche Grenzgebiete noch nicht zu Frankreich ge-
hörten.

Im Nordosten war das französische Flandern reich an Eisenerzen
und besass eine alte blühende Eisenindustrie wie die burgundische
Herrschaft, der es zugehört hatte, und die nach Karls des Kühnen
Tod zerrissen wurde; überhaupt war das Erzvorkommen, wie die Indu-
strie, ganz dieselbe wie im Hennegau. Es gehört wie dieses den Ar-
dennen an und ist in dem jetzigen Norddepartement gelegen. Die
nordöstliche Eisenerzgruppe Frankreichs, welche die Lager an der
Maas, Mosel und in den Ardennen umfasst, ist die reichste des Lan-
des 1). Es sind meist ausgedehnte Lager in der Lias- und Jura-
formation, aber auch Bohnerze, welche den Jura- und Kreideschichten
aufgelagert sind, sowie Thoneisensteine im Steinkohlengebirge. Die
luxemburgischen und deutsch-lothringenschen Ablagerungen oolithi-
scher Eisenerze, die als ausgedehnte Lager im unteren Lias ent-
wickelt sind, finden sich ebenso in französisch Lothringen und sind
heutzutage von hervorragender Wichtigkeit, während sich in früherer
Zeit die Gewinnung mehr auf die reicheren Brauneisensteine be-
schränkte. Lille, die Hauptstadt von französisch Flandern, haben wir
bereits wiederholt erwähnt (Bd. I, S. 912, Bd. II, S. 320) wegen seiner

1) Siehe Karsten, a. a. O., Bd. I, S. 74. -- Percy-Wedding, a. a. O.,
Bd. I, S. 389. -- v. Kloeden, Handbuch der Erdkunde, Bd. III, Frankreich etc.

Italien, Spanien und Frankreich.
die Eisenindustrie übten diese Verhältnisse ihren Einfluſs. Den
Wendepunkt bildete die Vernichtung der unüberwindlichen Armada
durch die Engländer, welche dadurch die Vormacht Europas zur See
wurden.

Frankreich hatte eine alte und bedeutende Eisenindustrie, den-
noch war sein Bedarf noch gröſser als seine Produktion, so daſs es
auf fremde Einfuhr angewiesen war. Diese erfolgte für den Süden
aus Spanien und Italien, für den Norden aus Deutschland. Bei
weitem das Meiste lieferte aber die heimische Industrie.

Frankreich war reich an Erzen, wenn es auch keine so auſser-
ordentliche Vorkommen besaſs, wie Deutschland im Erzberge, Italien
auf Elba und Spanien zu Sommorostro. Auch war Frankreich reich
an Waldungen und litt noch nicht an Holzmangel wie England,
Spanien und Italien.

Die wichtigsten Eisensteinlager Frankreichs befinden sich im
Osten und im Süden. Wir betrachten dabei Frankreich in seinen
Grenzen vor 1870, während allerdings Ausgangs des 15. Jahrhunderts
verschiedene eisenreiche Grenzgebiete noch nicht zu Frankreich ge-
hörten.

Im Nordosten war das französische Flandern reich an Eisenerzen
und besaſs eine alte blühende Eisenindustrie wie die burgundische
Herrschaft, der es zugehört hatte, und die nach Karls des Kühnen
Tod zerrissen wurde; überhaupt war das Erzvorkommen, wie die Indu-
strie, ganz dieselbe wie im Hennegau. Es gehört wie dieses den Ar-
dennen an und ist in dem jetzigen Norddepartement gelegen. Die
nordöstliche Eisenerzgruppe Frankreichs, welche die Lager an der
Maas, Mosel und in den Ardennen umfaſst, ist die reichste des Lan-
des 1). Es sind meist ausgedehnte Lager in der Lias- und Jura-
formation, aber auch Bohnerze, welche den Jura- und Kreideschichten
aufgelagert sind, sowie Thoneisensteine im Steinkohlengebirge. Die
luxemburgischen und deutsch-lothringenschen Ablagerungen oolithi-
scher Eisenerze, die als ausgedehnte Lager im unteren Lias ent-
wickelt sind, finden sich ebenso in französisch Lothringen und sind
heutzutage von hervorragender Wichtigkeit, während sich in früherer
Zeit die Gewinnung mehr auf die reicheren Brauneisensteine be-
schränkte. Lille, die Hauptstadt von französisch Flandern, haben wir
bereits wiederholt erwähnt (Bd. I, S. 912, Bd. II, S. 320) wegen seiner

1) Siehe Karsten, a. a. O., Bd. I, S. 74. — Percy-Wedding, a. a. O.,
Bd. I, S. 389. — v. Kloeden, Handbuch der Erdkunde, Bd. III, Frankreich etc.
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[869/0889] Italien, Spanien und Frankreich. die Eisenindustrie übten diese Verhältnisse ihren Einfluſs. Den Wendepunkt bildete die Vernichtung der unüberwindlichen Armada durch die Engländer, welche dadurch die Vormacht Europas zur See wurden. Frankreich hatte eine alte und bedeutende Eisenindustrie, den- noch war sein Bedarf noch gröſser als seine Produktion, so daſs es auf fremde Einfuhr angewiesen war. Diese erfolgte für den Süden aus Spanien und Italien, für den Norden aus Deutschland. Bei weitem das Meiste lieferte aber die heimische Industrie. Frankreich war reich an Erzen, wenn es auch keine so auſser- ordentliche Vorkommen besaſs, wie Deutschland im Erzberge, Italien auf Elba und Spanien zu Sommorostro. Auch war Frankreich reich an Waldungen und litt noch nicht an Holzmangel wie England, Spanien und Italien. Die wichtigsten Eisensteinlager Frankreichs befinden sich im Osten und im Süden. Wir betrachten dabei Frankreich in seinen Grenzen vor 1870, während allerdings Ausgangs des 15. Jahrhunderts verschiedene eisenreiche Grenzgebiete noch nicht zu Frankreich ge- hörten. Im Nordosten war das französische Flandern reich an Eisenerzen und besaſs eine alte blühende Eisenindustrie wie die burgundische Herrschaft, der es zugehört hatte, und die nach Karls des Kühnen Tod zerrissen wurde; überhaupt war das Erzvorkommen, wie die Indu- strie, ganz dieselbe wie im Hennegau. Es gehört wie dieses den Ar- dennen an und ist in dem jetzigen Norddepartement gelegen. Die nordöstliche Eisenerzgruppe Frankreichs, welche die Lager an der Maas, Mosel und in den Ardennen umfaſst, ist die reichste des Lan- des 1). Es sind meist ausgedehnte Lager in der Lias- und Jura- formation, aber auch Bohnerze, welche den Jura- und Kreideschichten aufgelagert sind, sowie Thoneisensteine im Steinkohlengebirge. Die luxemburgischen und deutsch-lothringenschen Ablagerungen oolithi- scher Eisenerze, die als ausgedehnte Lager im unteren Lias ent- wickelt sind, finden sich ebenso in französisch Lothringen und sind heutzutage von hervorragender Wichtigkeit, während sich in früherer Zeit die Gewinnung mehr auf die reicheren Brauneisensteine be- schränkte. Lille, die Hauptstadt von französisch Flandern, haben wir bereits wiederholt erwähnt (Bd. I, S. 912, Bd. II, S. 320) wegen seiner 1) Siehe Karsten, a. a. O., Bd. I, S. 74. — Percy-Wedding, a. a. O., Bd. I, S. 389. — v. Kloeden, Handbuch der Erdkunde, Bd. III, Frankreich etc.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 869. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/889>, abgerufen am 01.06.2024.