Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Italien, Spanien und Frankreich.
Luft in Haufen liegen, wobei sie künstlich bewässert wurden. In der
Regel schmolz man Spiegel- und luckigen Floss. Ersterer, der in
sehr schönen, grossen Flächen spaltete, fiel in der Regel, nur gegen
Ende der Kampagne machte man luckigen Floss, der viel geringer
geachtet wurde. Graues Eisen, aus welchem man Gusswaren her-
stellte, fiel nur zu Anfang der Hüttenreise.

Das Roheisen wurde nach der bergamaskischen Frischmethode
verfrischt, doch hatte fast jedes Thal sein eigenes, etwas abweichendes
Verfahren.

Das Stabeisen, welches dabei erzeugt wurde, war sehr gut und
etwas stahlartig. Es ging besonders nach Brescia, wo es von den
Waffenschmieden verarbeitet wurde. Berühmt in ganz Italien waren
die Radreife von Sovere in Val Camonico und der Draht von Lecco.

In Piemont und Savoyen war alter Eisenhüttenbetrieb, der mit
dem von Süd-Frankreich und Korsika grosse Ähnlichkeit hatte. Wir
haben die Korsikanschmiede schon im ersten Bande ausführlich be-
schrieben. In Piemont wurde in den Thälern von Sesia und Aosta
auf Spateisenstein, zu Cogni und Traversella auf Magneteisenstein ge-
baut, der in zahlreichen Rennherden verschmolzen wurde.

Die Eisenproduktion Italiens deckte ebensowenig im Mittelalter
wie im Altertume den eigenen Bedarf. Man importierte Eisen von
Spanien, besonders aber von den eisenreichen österreichischen Alpen-
ländern. Dagegen exportierten die gewerbreichen italienischen
Städte feinere Schmiedewaren, insbesondere Waffen. Mailand hat
seinen Weltruhm als Waffenbezugsplatz sich schon während der
Kreuzzüge erworben, und im späteren Mittelalter blühte die Waffen-
schmiedekunst, namentlich die Plattnerkunst daselbst. Gegen Ende
des 15. Jahrhunderts wurde es von Augsburg und Innsbruck zum Teil
überflügelt, immerhin blieb seine Waffenausfuhr, z. B. nach England,
auch im 16. Jahrhundert bedeutend.

Botero rühmt die Waffenschmiede von Seravalle, zwischen Genua
und Alessandria, welches im 16. Jahrhundert sich sehr ausgedehnt
habe. Zu der Güte der Waffen trage das Wasser der Messola wesent-
lich bei. Die Piemontesen zeigten wenig Kunst und Anmut in Waffen.
Das einst so berühmte Aquileja sei durch Venedig verarmt.

Das hochentwickelte Kunstgewerbe in Italien übte den grössten
Einfluss auf die Schmiedekunst. Wir haben bereits erwähnt, dass die
grössten Künstler Italiens es nicht verschmähten, Entwürfe für die
Kunst- und Waffenschmiede zu machen, dass Benvenuto Cellini
einige seiner grössten Kunstwerke aus Stahl gefertigt hat, dass die

Italien, Spanien und Frankreich.
Luft in Haufen liegen, wobei sie künstlich bewässert wurden. In der
Regel schmolz man Spiegel- und luckigen Floſs. Ersterer, der in
sehr schönen, groſsen Flächen spaltete, fiel in der Regel, nur gegen
Ende der Kampagne machte man luckigen Floſs, der viel geringer
geachtet wurde. Graues Eisen, aus welchem man Guſswaren her-
stellte, fiel nur zu Anfang der Hüttenreise.

Das Roheisen wurde nach der bergamaskischen Frischmethode
verfrischt, doch hatte fast jedes Thal sein eigenes, etwas abweichendes
Verfahren.

Das Stabeisen, welches dabei erzeugt wurde, war sehr gut und
etwas stahlartig. Es ging besonders nach Brescia, wo es von den
Waffenschmieden verarbeitet wurde. Berühmt in ganz Italien waren
die Radreife von Sovere in Val Camonico und der Draht von Lecco.

In Piemont und Savoyen war alter Eisenhüttenbetrieb, der mit
dem von Süd-Frankreich und Korsika groſse Ähnlichkeit hatte. Wir
haben die Korsikanschmiede schon im ersten Bande ausführlich be-
schrieben. In Piemont wurde in den Thälern von Sesia und Aosta
auf Spateisenstein, zu Cogni und Traversella auf Magneteisenstein ge-
baut, der in zahlreichen Rennherden verschmolzen wurde.

Die Eisenproduktion Italiens deckte ebensowenig im Mittelalter
wie im Altertume den eigenen Bedarf. Man importierte Eisen von
Spanien, besonders aber von den eisenreichen österreichischen Alpen-
ländern. Dagegen exportierten die gewerbreichen italienischen
Städte feinere Schmiedewaren, insbesondere Waffen. Mailand hat
seinen Weltruhm als Waffenbezugsplatz sich schon während der
Kreuzzüge erworben, und im späteren Mittelalter blühte die Waffen-
schmiedekunst, namentlich die Plattnerkunst daselbst. Gegen Ende
des 15. Jahrhunderts wurde es von Augsburg und Innsbruck zum Teil
überflügelt, immerhin blieb seine Waffenausfuhr, z. B. nach England,
auch im 16. Jahrhundert bedeutend.

Botero rühmt die Waffenschmiede von Seravalle, zwischen Genua
und Alessandria, welches im 16. Jahrhundert sich sehr ausgedehnt
habe. Zu der Güte der Waffen trage das Wasser der Messola wesent-
lich bei. Die Piemontesen zeigten wenig Kunst und Anmut in Waffen.
Das einst so berühmte Aquileja sei durch Venedig verarmt.

Das hochentwickelte Kunstgewerbe in Italien übte den gröſsten
Einfluſs auf die Schmiedekunst. Wir haben bereits erwähnt, daſs die
gröſsten Künstler Italiens es nicht verschmähten, Entwürfe für die
Kunst- und Waffenschmiede zu machen, daſs Benvenuto Cellini
einige seiner gröſsten Kunstwerke aus Stahl gefertigt hat, daſs die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0880" n="860"/><fw place="top" type="header">Italien, Spanien und Frankreich.</fw><lb/>
Luft in Haufen liegen, wobei sie künstlich bewässert wurden. In der<lb/>
Regel schmolz man Spiegel- und luckigen Flo&#x017F;s. Ersterer, der in<lb/>
sehr schönen, gro&#x017F;sen Flächen spaltete, fiel in der Regel, nur gegen<lb/>
Ende der Kampagne machte man luckigen Flo&#x017F;s, der viel geringer<lb/>
geachtet wurde. Graues Eisen, aus welchem man Gu&#x017F;swaren her-<lb/>
stellte, fiel nur zu Anfang der Hüttenreise.</p><lb/>
              <p>Das Roheisen wurde nach der bergamaskischen Frischmethode<lb/>
verfrischt, doch hatte fast jedes Thal sein eigenes, etwas abweichendes<lb/>
Verfahren.</p><lb/>
              <p>Das Stabeisen, welches dabei erzeugt wurde, war sehr gut und<lb/>
etwas stahlartig. Es ging besonders nach Brescia, wo es von den<lb/>
Waffenschmieden verarbeitet wurde. Berühmt in ganz Italien waren<lb/>
die Radreife von Sovere in Val Camonico und der Draht von Lecco.</p><lb/>
              <p>In Piemont und Savoyen war alter Eisenhüttenbetrieb, der mit<lb/>
dem von Süd-Frankreich und Korsika gro&#x017F;se Ähnlichkeit hatte. Wir<lb/>
haben die Korsikanschmiede schon im ersten Bande ausführlich be-<lb/>
schrieben. In Piemont wurde in den Thälern von Sesia und Aosta<lb/>
auf Spateisenstein, zu Cogni und Traversella auf Magneteisenstein ge-<lb/>
baut, der in zahlreichen Rennherden verschmolzen wurde.</p><lb/>
              <p>Die Eisenproduktion Italiens deckte ebensowenig im Mittelalter<lb/>
wie im Altertume den eigenen Bedarf. Man importierte Eisen von<lb/>
Spanien, besonders aber von den eisenreichen österreichischen Alpen-<lb/>
ländern. Dagegen exportierten die gewerbreichen italienischen<lb/>
Städte feinere Schmiedewaren, insbesondere Waffen. Mailand hat<lb/>
seinen Weltruhm als Waffenbezugsplatz sich schon während der<lb/>
Kreuzzüge erworben, und im späteren Mittelalter blühte die Waffen-<lb/>
schmiedekunst, namentlich die Plattnerkunst daselbst. Gegen Ende<lb/>
des 15. Jahrhunderts wurde es von Augsburg und Innsbruck zum Teil<lb/>
überflügelt, immerhin blieb seine Waffenausfuhr, z. B. nach England,<lb/>
auch im 16. Jahrhundert bedeutend.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Botero</hi> rühmt die Waffenschmiede von Seravalle, zwischen Genua<lb/>
und Alessandria, welches im 16. Jahrhundert sich sehr ausgedehnt<lb/>
habe. Zu der Güte der Waffen trage das Wasser der Messola wesent-<lb/>
lich bei. Die Piemontesen zeigten wenig Kunst und Anmut in Waffen.<lb/>
Das einst so berühmte Aquileja sei durch Venedig verarmt.</p><lb/>
              <p>Das hochentwickelte Kunstgewerbe in Italien übte den grö&#x017F;sten<lb/>
Einflu&#x017F;s auf die Schmiedekunst. Wir haben bereits erwähnt, da&#x017F;s die<lb/>
grö&#x017F;sten Künstler Italiens es nicht verschmähten, Entwürfe für die<lb/>
Kunst- und Waffenschmiede zu machen, da&#x017F;s <hi rendition="#g">Benvenuto Cellini</hi><lb/>
einige seiner grö&#x017F;sten Kunstwerke aus Stahl gefertigt hat, da&#x017F;s die<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[860/0880] Italien, Spanien und Frankreich. Luft in Haufen liegen, wobei sie künstlich bewässert wurden. In der Regel schmolz man Spiegel- und luckigen Floſs. Ersterer, der in sehr schönen, groſsen Flächen spaltete, fiel in der Regel, nur gegen Ende der Kampagne machte man luckigen Floſs, der viel geringer geachtet wurde. Graues Eisen, aus welchem man Guſswaren her- stellte, fiel nur zu Anfang der Hüttenreise. Das Roheisen wurde nach der bergamaskischen Frischmethode verfrischt, doch hatte fast jedes Thal sein eigenes, etwas abweichendes Verfahren. Das Stabeisen, welches dabei erzeugt wurde, war sehr gut und etwas stahlartig. Es ging besonders nach Brescia, wo es von den Waffenschmieden verarbeitet wurde. Berühmt in ganz Italien waren die Radreife von Sovere in Val Camonico und der Draht von Lecco. In Piemont und Savoyen war alter Eisenhüttenbetrieb, der mit dem von Süd-Frankreich und Korsika groſse Ähnlichkeit hatte. Wir haben die Korsikanschmiede schon im ersten Bande ausführlich be- schrieben. In Piemont wurde in den Thälern von Sesia und Aosta auf Spateisenstein, zu Cogni und Traversella auf Magneteisenstein ge- baut, der in zahlreichen Rennherden verschmolzen wurde. Die Eisenproduktion Italiens deckte ebensowenig im Mittelalter wie im Altertume den eigenen Bedarf. Man importierte Eisen von Spanien, besonders aber von den eisenreichen österreichischen Alpen- ländern. Dagegen exportierten die gewerbreichen italienischen Städte feinere Schmiedewaren, insbesondere Waffen. Mailand hat seinen Weltruhm als Waffenbezugsplatz sich schon während der Kreuzzüge erworben, und im späteren Mittelalter blühte die Waffen- schmiedekunst, namentlich die Plattnerkunst daselbst. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde es von Augsburg und Innsbruck zum Teil überflügelt, immerhin blieb seine Waffenausfuhr, z. B. nach England, auch im 16. Jahrhundert bedeutend. Botero rühmt die Waffenschmiede von Seravalle, zwischen Genua und Alessandria, welches im 16. Jahrhundert sich sehr ausgedehnt habe. Zu der Güte der Waffen trage das Wasser der Messola wesent- lich bei. Die Piemontesen zeigten wenig Kunst und Anmut in Waffen. Das einst so berühmte Aquileja sei durch Venedig verarmt. Das hochentwickelte Kunstgewerbe in Italien übte den gröſsten Einfluſs auf die Schmiedekunst. Wir haben bereits erwähnt, daſs die gröſsten Künstler Italiens es nicht verschmähten, Entwürfe für die Kunst- und Waffenschmiede zu machen, daſs Benvenuto Cellini einige seiner gröſsten Kunstwerke aus Stahl gefertigt hat, daſs die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/880
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 860. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/880>, abgerufen am 23.11.2024.