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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
rheinischen und niederländischen Orte. Die Verwaltung des Bundes
war eine vorzügliche und sein Ansehen so gross, dass er öfter zum
Schiedsrichter in Streitigkeiten von Fürsten und Ländern angerufen
wurde. Aber er übte grosse Härte und Unduldsamkeit im Handel
gegen alle, die nicht dem Bunde angehörten und zog sich dadurch
viele Feinde zu.

1370 musste der besiegte Waldemar die Provinz Schonen den
Hanseaten für die bedungene Kriegsentschädigung zum Pfande geben.

1371 setzten sie den König Magnus von Schweden aus dem
Hause der Folkinger ab und ihren Verbündeten Albrecht von Mecklen-
burg als König ein. Aus diesem Siege und seinen Folgen entstand
aber der Hansa aus den Anhängern der unterworfenen Könige ein
lästiger Feind, die Seeräuber, die zum ersten Male 1384 zerstörend
in der Ostsee auftraten. Sie organisierten sich unter der Bezeichnung
Vitalienbrüder und thaten dem hanseatischen Handel grossen
Abbruch.

1395 eroberten die Vitalien Bergen, und obgleich sie es angeblich
nur auf die Unterthanen der Königin Margarete abgesehen, plünderten
sie sowohl hanseatische als auch englische Kaufleute. Die Engländer
schoben diese und andere Schädigungen durch die Vitalienbrüder dem
Hansabunde zu, weil allerdings zwei Bundesstädte, Rostock und Wismar,
mit den Vitalienbrüdern im Bunde standen. Es half nichts, dass diese
beiden Städte aus dem Bunde als Beförderer des Unwesens aus-
geschlossen wurden.

Die Erbitterung der Engländer kam 1399 zum Ausdruck in einer
Anklage der Londoner Kaufmannschaft gegen den Stahlhof wegen
Misshandlung englischer Kaufleute und Beherbergung von Fremden
und von fremden Waren, mit dem Antrage, den Deutschen (easter-
lings) die Privilegien zu entziehen.

Die Sache wurde beglichen, und 1413, nach dem Tode Heinrichs IV.,
des ersten englischen Königs, der principiell gegen den Bund an-
kämpfte, erhielt der Stahlhof einen neuen Freibrief (charter), der den
wichtigen Artikel enthielt: dass kein König auch in Zukunft Steuer
oder Zoll erheben dürfe, ausser den alten vereinbarten. Aber der
Kampf der englischen gegen die deutschen Kaufleute in London hatte
begonnen und kam nicht mehr zur Ruhe. Die Kämpfe mit den
Vitalienbrüdern und deren Räubereien dauerten gleichfalls fort. Trotz-
dem war damals die Hansa eine der stärksten Mächte der Welt. Sie
erwies sich reicher und mächtiger als die durch die Kalmarer Union
1397 vereinigten nordischen Königreiche Dänemark, Schweden und

Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
rheinischen und niederländischen Orte. Die Verwaltung des Bundes
war eine vorzügliche und sein Ansehen so groſs, daſs er öfter zum
Schiedsrichter in Streitigkeiten von Fürsten und Ländern angerufen
wurde. Aber er übte groſse Härte und Unduldsamkeit im Handel
gegen alle, die nicht dem Bunde angehörten und zog sich dadurch
viele Feinde zu.

1370 muſste der besiegte Waldemar die Provinz Schonen den
Hanseaten für die bedungene Kriegsentschädigung zum Pfande geben.

1371 setzten sie den König Magnus von Schweden aus dem
Hause der Folkinger ab und ihren Verbündeten Albrecht von Mecklen-
burg als König ein. Aus diesem Siege und seinen Folgen entstand
aber der Hansa aus den Anhängern der unterworfenen Könige ein
lästiger Feind, die Seeräuber, die zum ersten Male 1384 zerstörend
in der Ostsee auftraten. Sie organisierten sich unter der Bezeichnung
Vitalienbrüder und thaten dem hanseatischen Handel groſsen
Abbruch.

1395 eroberten die Vitalien Bergen, und obgleich sie es angeblich
nur auf die Unterthanen der Königin Margarete abgesehen, plünderten
sie sowohl hanseatische als auch englische Kaufleute. Die Engländer
schoben diese und andere Schädigungen durch die Vitalienbrüder dem
Hansabunde zu, weil allerdings zwei Bundesstädte, Rostock und Wismar,
mit den Vitalienbrüdern im Bunde standen. Es half nichts, daſs diese
beiden Städte aus dem Bunde als Beförderer des Unwesens aus-
geschlossen wurden.

Die Erbitterung der Engländer kam 1399 zum Ausdruck in einer
Anklage der Londoner Kaufmannschaft gegen den Stahlhof wegen
Miſshandlung englischer Kaufleute und Beherbergung von Fremden
und von fremden Waren, mit dem Antrage, den Deutschen (easter-
lings) die Privilegien zu entziehen.

Die Sache wurde beglichen, und 1413, nach dem Tode Heinrichs IV.,
des ersten englischen Königs, der principiell gegen den Bund an-
kämpfte, erhielt der Stahlhof einen neuen Freibrief (charter), der den
wichtigen Artikel enthielt: daſs kein König auch in Zukunft Steuer
oder Zoll erheben dürfe, auſser den alten vereinbarten. Aber der
Kampf der englischen gegen die deutschen Kaufleute in London hatte
begonnen und kam nicht mehr zur Ruhe. Die Kämpfe mit den
Vitalienbrüdern und deren Räubereien dauerten gleichfalls fort. Trotz-
dem war damals die Hansa eine der stärksten Mächte der Welt. Sie
erwies sich reicher und mächtiger als die durch die Kalmarer Union
1397 vereinigten nordischen Königreiche Dänemark, Schweden und

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[576/0596] Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. rheinischen und niederländischen Orte. Die Verwaltung des Bundes war eine vorzügliche und sein Ansehen so groſs, daſs er öfter zum Schiedsrichter in Streitigkeiten von Fürsten und Ländern angerufen wurde. Aber er übte groſse Härte und Unduldsamkeit im Handel gegen alle, die nicht dem Bunde angehörten und zog sich dadurch viele Feinde zu. 1370 muſste der besiegte Waldemar die Provinz Schonen den Hanseaten für die bedungene Kriegsentschädigung zum Pfande geben. 1371 setzten sie den König Magnus von Schweden aus dem Hause der Folkinger ab und ihren Verbündeten Albrecht von Mecklen- burg als König ein. Aus diesem Siege und seinen Folgen entstand aber der Hansa aus den Anhängern der unterworfenen Könige ein lästiger Feind, die Seeräuber, die zum ersten Male 1384 zerstörend in der Ostsee auftraten. Sie organisierten sich unter der Bezeichnung Vitalienbrüder und thaten dem hanseatischen Handel groſsen Abbruch. 1395 eroberten die Vitalien Bergen, und obgleich sie es angeblich nur auf die Unterthanen der Königin Margarete abgesehen, plünderten sie sowohl hanseatische als auch englische Kaufleute. Die Engländer schoben diese und andere Schädigungen durch die Vitalienbrüder dem Hansabunde zu, weil allerdings zwei Bundesstädte, Rostock und Wismar, mit den Vitalienbrüdern im Bunde standen. Es half nichts, daſs diese beiden Städte aus dem Bunde als Beförderer des Unwesens aus- geschlossen wurden. Die Erbitterung der Engländer kam 1399 zum Ausdruck in einer Anklage der Londoner Kaufmannschaft gegen den Stahlhof wegen Miſshandlung englischer Kaufleute und Beherbergung von Fremden und von fremden Waren, mit dem Antrage, den Deutschen (easter- lings) die Privilegien zu entziehen. Die Sache wurde beglichen, und 1413, nach dem Tode Heinrichs IV., des ersten englischen Königs, der principiell gegen den Bund an- kämpfte, erhielt der Stahlhof einen neuen Freibrief (charter), der den wichtigen Artikel enthielt: daſs kein König auch in Zukunft Steuer oder Zoll erheben dürfe, auſser den alten vereinbarten. Aber der Kampf der englischen gegen die deutschen Kaufleute in London hatte begonnen und kam nicht mehr zur Ruhe. Die Kämpfe mit den Vitalienbrüdern und deren Räubereien dauerten gleichfalls fort. Trotz- dem war damals die Hansa eine der stärksten Mächte der Welt. Sie erwies sich reicher und mächtiger als die durch die Kalmarer Union 1397 vereinigten nordischen Königreiche Dänemark, Schweden und

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/596>, abgerufen am 22.11.2024.