mit Kohlen überschüttet und durch das Gebläse weisswarm gemacht, einzeln herausgenommen und unter dem Zainhammer (Gärbe- oder Stahlraffinierhammer) zu dünnen Schienen geschmiedet, welche sogleich in kaltem Wasser gehärtet wurden. Diese Schienen wurden wieder in kleine Schienen von etwa 1 Fuss Länge zerbrochen, 12- bis 15 fach übereinander gelegt, an einem Ende mit einer grossen Zange zusammen- gefasst, zur weisswarmen Wellhitze gebracht, unter dem Hammer zusammengeschweisst und aufs neue zu feinen Stangen ausgeschmiedet. Dieses wiederholte man mehrmals und der dadurch verbesserte Roh- stahl wurde Gärbstahl, Raffinierstahl (acier corroye, -- shear-steel, refined-steel, -- schwed. Garfstal) genannt.
Das wichtigste für den Gärbstahlschmied war die sichere Erkenntnis der Beschaffenheit des Stahls nach dem Bruch und das entsprechende Packetieren. Zu Instrumentenstahl z. B. suchte er die härtesten Schienen (Ribben) aus, welche im Bruch das kleinste Korn hatten, zu Klingen die mittelharten, ebenen, ohne zackige Kanten, zu Messerstahl weichere, zu Tischgabeln, groben Federn etc. noch weichere mit Eisen- stangen zusammen u. s. w. Die äusseren Ribben im Bündel wurden meistens etwas dicker gelassen, auch konnten sie Eisenstränge vertragen, die der Schmied nach aussen gegen die Kohlen kehrte, wodurch sie verbrannten und verschwanden. Während des Schweissens musste man aber das Verbrennen des Stahls durch aufgestreuten, trockenen und feingesiebten Thon, mit Hammerschlag oder Glühspan vermischt, mög- lichst zu verhindern suchen, indem sonst der Stahl eine dünne Eisen- haut bekam.
Bei geringerem Rohstahl musste man das Gärben öfter wieder- holen. Man vereinfachte dies dadurch, dass man erst ein Bündel (Packet) von 10 Blättern schweisste und in eine etwa armdicke Stange ausreckte, diese hieb man alsdann in der Mitte durch, legte die beiden Hälften aufeinander (doublierte sie), schweisste und schmiedete sie in eine ebensolche Rute aus. In dieser hatte man jetzt aber schon 20 Blätter zusammengeschweisst, wiederholte man dies noch ein-, zwei- u. s. w. mal, so erhielt man Ruten von 40, 80 u. s. w. Blättern. War der Rohstahl von Haus aus sehr gut, so bedurfte er nicht so vieler Blätter. Der beste steirische, der Scharsachstahl, war z. B. nur aus acht bis zehn Rohstahlblättern zusammengeschweisst. Bei vier bis sechs Blättern blieb der Stahl härter, rohstahlartiger.
Münzstahl pflegte man aus Garben von acht bis zehn Blättern zu schweissen und die geschweissten Stücke drei-, vier- und mehrmal zusammenzubiegen, wodurch 64 bis 80 oder 128 bis 160 Blätter in
Wasserhämmer.
mit Kohlen überschüttet und durch das Gebläse weiſswarm gemacht, einzeln herausgenommen und unter dem Zainhammer (Gärbe- oder Stahlraffinierhammer) zu dünnen Schienen geschmiedet, welche sogleich in kaltem Wasser gehärtet wurden. Diese Schienen wurden wieder in kleine Schienen von etwa 1 Fuſs Länge zerbrochen, 12- bis 15 fach übereinander gelegt, an einem Ende mit einer groſsen Zange zusammen- gefaſst, zur weiſswarmen Wellhitze gebracht, unter dem Hammer zusammengeschweiſst und aufs neue zu feinen Stangen ausgeschmiedet. Dieses wiederholte man mehrmals und der dadurch verbesserte Roh- stahl wurde Gärbstahl, Raffinierstahl (acier corroyé, — shear-steel, refined-steel, — schwed. Garfstål) genannt.
Das wichtigste für den Gärbstahlschmied war die sichere Erkenntnis der Beschaffenheit des Stahls nach dem Bruch und das entsprechende Packetieren. Zu Instrumentenstahl z. B. suchte er die härtesten Schienen (Ribben) aus, welche im Bruch das kleinste Korn hatten, zu Klingen die mittelharten, ebenen, ohne zackige Kanten, zu Messerstahl weichere, zu Tischgabeln, groben Federn etc. noch weichere mit Eisen- stangen zusammen u. s. w. Die äuſseren Ribben im Bündel wurden meistens etwas dicker gelassen, auch konnten sie Eisenstränge vertragen, die der Schmied nach auſsen gegen die Kohlen kehrte, wodurch sie verbrannten und verschwanden. Während des Schweiſsens muſste man aber das Verbrennen des Stahls durch aufgestreuten, trockenen und feingesiebten Thon, mit Hammerschlag oder Glühspan vermischt, mög- lichst zu verhindern suchen, indem sonst der Stahl eine dünne Eisen- haut bekam.
Bei geringerem Rohstahl muſste man das Gärben öfter wieder- holen. Man vereinfachte dies dadurch, daſs man erst ein Bündel (Packet) von 10 Blättern schweiſste und in eine etwa armdicke Stange ausreckte, diese hieb man alsdann in der Mitte durch, legte die beiden Hälften aufeinander (doublierte sie), schweiſste und schmiedete sie in eine ebensolche Rute aus. In dieser hatte man jetzt aber schon 20 Blätter zusammengeschweiſst, wiederholte man dies noch ein-, zwei- u. s. w. mal, so erhielt man Ruten von 40, 80 u. s. w. Blättern. War der Rohstahl von Haus aus sehr gut, so bedurfte er nicht so vieler Blätter. Der beste steirische, der Scharsachstahl, war z. B. nur aus acht bis zehn Rohstahlblättern zusammengeschweiſst. Bei vier bis sechs Blättern blieb der Stahl härter, rohstahlartiger.
Münzstahl pflegte man aus Garben von acht bis zehn Blättern zu schweiſsen und die geschweiſsten Stücke drei-, vier- und mehrmal zusammenzubiegen, wodurch 64 bis 80 oder 128 bis 160 Blätter in
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Wasserhämmer.
mit Kohlen überschüttet und durch das Gebläse weiſswarm gemacht,
einzeln herausgenommen und unter dem Zainhammer (Gärbe- oder
Stahlraffinierhammer) zu dünnen Schienen geschmiedet, welche sogleich
in kaltem Wasser gehärtet wurden. Diese Schienen wurden wieder
in kleine Schienen von etwa 1 Fuſs Länge zerbrochen, 12- bis 15 fach
übereinander gelegt, an einem Ende mit einer groſsen Zange zusammen-
gefaſst, zur weiſswarmen Wellhitze gebracht, unter dem Hammer
zusammengeschweiſst und aufs neue zu feinen Stangen ausgeschmiedet.
Dieses wiederholte man mehrmals und der dadurch verbesserte Roh-
stahl wurde Gärbstahl, Raffinierstahl (acier corroyé, — shear-steel,
refined-steel, — schwed. Garfstål) genannt.
Das wichtigste für den Gärbstahlschmied war die sichere Erkenntnis
der Beschaffenheit des Stahls nach dem Bruch und das entsprechende
Packetieren. Zu Instrumentenstahl z. B. suchte er die härtesten
Schienen (Ribben) aus, welche im Bruch das kleinste Korn hatten, zu
Klingen die mittelharten, ebenen, ohne zackige Kanten, zu Messerstahl
weichere, zu Tischgabeln, groben Federn etc. noch weichere mit Eisen-
stangen zusammen u. s. w. Die äuſseren Ribben im Bündel wurden
meistens etwas dicker gelassen, auch konnten sie Eisenstränge vertragen,
die der Schmied nach auſsen gegen die Kohlen kehrte, wodurch sie
verbrannten und verschwanden. Während des Schweiſsens muſste man
aber das Verbrennen des Stahls durch aufgestreuten, trockenen und
feingesiebten Thon, mit Hammerschlag oder Glühspan vermischt, mög-
lichst zu verhindern suchen, indem sonst der Stahl eine dünne Eisen-
haut bekam.
Bei geringerem Rohstahl muſste man das Gärben öfter wieder-
holen. Man vereinfachte dies dadurch, daſs man erst ein Bündel
(Packet) von 10 Blättern schweiſste und in eine etwa armdicke Stange
ausreckte, diese hieb man alsdann in der Mitte durch, legte die beiden
Hälften aufeinander (doublierte sie), schweiſste und schmiedete sie in
eine ebensolche Rute aus. In dieser hatte man jetzt aber schon
20 Blätter zusammengeschweiſst, wiederholte man dies noch ein-,
zwei- u. s. w. mal, so erhielt man Ruten von 40, 80 u. s. w. Blättern.
War der Rohstahl von Haus aus sehr gut, so bedurfte er nicht so
vieler Blätter. Der beste steirische, der Scharsachstahl, war z. B. nur
aus acht bis zehn Rohstahlblättern zusammengeschweiſst. Bei vier
bis sechs Blättern blieb der Stahl härter, rohstahlartiger.
Münzstahl pflegte man aus Garben von acht bis zehn Blättern
zu schweiſsen und die geschweiſsten Stücke drei-, vier- und mehrmal
zusammenzubiegen, wodurch 64 bis 80 oder 128 bis 160 Blätter in
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/511>, abgerufen am 22.11.2024.
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