er das Verhältnis des Volums der Kugeln von Blei, Eisen und Stein fest, und zwar:
Blei zu Eisen = 36 zu 90
Blei zu Stein = 1 zu 4.
Fronsberger setzt das Verhältnis der Gewichte von Stein : Eisen : Blei = 1 : 4 : 6, wobei er bemerkt, dass geschmiedete eiserne Kugeln ein wenig schwerer seien als gegossene. Um den Artilleristen die Berechnung zu ersparen, stellte Tartaglia eine Tabelle der Kugelgewichte und Durchmesser nach den verschiedenen Materien von 1 bis 200 Pfund auf, welche er in seinen Questi e Inventioni 1546 zu Venedig veröffentlichte. Etwas früher schon (1540) hatte Georg Hartmann, Mechaniker zu Nürnberg, aus dem Bambergi- schen gebürtig, den Kaliberstab, der die Durchmesser der steinernen, eisernen und bleiernen Kugeln nach Nürnberger Mass und Gewicht enthielt, konstruiert. Dieser kam bald in allgemeine Aufnahme und wurde die Veranlassung, dass lange Zeit hindurch Nürnberger Mass und Gewicht in der ganzen deutschen Artillerie massgebend war.
Über die Anfertigung der Kanonen, sowie über den Guss der eisernen Kugeln hat Vanuccio Biringuccio in seiner Pyrotechnia die besten und ausführlichsten Mitteilungen gemacht, welche wir bereits angeführt haben. Die Geschütze wurden damals noch alle über einen Kern gegossen. Die ältesten gegossenen Geschütze waren nicht gebohrt, deshalb auch nicht glatt und zentrisch. Aber schon vor 1500 konstruierte man Bohrmaschinen mit grossen Bohrern, mit Hilfe deren man die grossen Stücke ausbohrte. Es war dies eine grosse Verbesserung. Auch hierüber giebt Biringuccio eine genaue Beschreibung mit Zeichnungen 1), welche wir ihrer Wichtigkeit wegen ebenfalls in wörtlicher Übersetzung mitteilen. Er sagt (Buch VII, Kapitel 8): "Wo ich konnte, habe ich ein grosses, doppeltes Rad gemacht, so dass ein Mensch darin gehen konnte, um es in Bewegung zu setzen. Aber wenn ich dies nicht konnte, habe ich es mit einem Lafettenrade (als Spillen oder Schwungrad) gemacht. In die Nabe habe ich ein Holz eingepasst und in die Mitte desselben eine Eisenstange gesetzt mit einem Krummzapfen, ähnlich dem, welchen das früher (bei den Blasebälgen) erwähnte Wasserrad bewegt und am andern Ende (des Holzes in der Nabe) habe ich einen guten vierkantigen Kopf an- gebracht und habe das Rad auf diesen Zapfen gelegt. In den Kopf desselben habe ich eine dicke Stange eingesetzt, so lang als nötig
1) Siehe Bd. I, S. 945.
Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.
er das Verhältnis des Volums der Kugeln von Blei, Eisen und Stein fest, und zwar:
Blei zu Eisen = 36 zu 90
Blei zu Stein = 1 zu 4.
Fronsberger setzt das Verhältnis der Gewichte von Stein : Eisen : Blei = 1 : 4 : 6, wobei er bemerkt, daſs geschmiedete eiserne Kugeln ein wenig schwerer seien als gegossene. Um den Artilleristen die Berechnung zu ersparen, stellte Tartaglia eine Tabelle der Kugelgewichte und Durchmesser nach den verschiedenen Materien von 1 bis 200 Pfund auf, welche er in seinen Questi e Inventioni 1546 zu Venedig veröffentlichte. Etwas früher schon (1540) hatte Georg Hartmann, Mechaniker zu Nürnberg, aus dem Bambergi- schen gebürtig, den Kaliberstab, der die Durchmesser der steinernen, eisernen und bleiernen Kugeln nach Nürnberger Maſs und Gewicht enthielt, konstruiert. Dieser kam bald in allgemeine Aufnahme und wurde die Veranlassung, daſs lange Zeit hindurch Nürnberger Maſs und Gewicht in der ganzen deutschen Artillerie maſsgebend war.
Über die Anfertigung der Kanonen, sowie über den Guſs der eisernen Kugeln hat Vanuccio Biringuccio in seiner Pyrotechnia die besten und ausführlichsten Mitteilungen gemacht, welche wir bereits angeführt haben. Die Geschütze wurden damals noch alle über einen Kern gegossen. Die ältesten gegossenen Geschütze waren nicht gebohrt, deshalb auch nicht glatt und zentrisch. Aber schon vor 1500 konstruierte man Bohrmaschinen mit groſsen Bohrern, mit Hilfe deren man die groſsen Stücke ausbohrte. Es war dies eine groſse Verbesserung. Auch hierüber giebt Biringuccio eine genaue Beschreibung mit Zeichnungen 1), welche wir ihrer Wichtigkeit wegen ebenfalls in wörtlicher Übersetzung mitteilen. Er sagt (Buch VII, Kapitel 8): „Wo ich konnte, habe ich ein groſses, doppeltes Rad gemacht, so daſs ein Mensch darin gehen konnte, um es in Bewegung zu setzen. Aber wenn ich dies nicht konnte, habe ich es mit einem Lafettenrade (als Spillen oder Schwungrad) gemacht. In die Nabe habe ich ein Holz eingepaſst und in die Mitte desſelben eine Eisenstange gesetzt mit einem Krummzapfen, ähnlich dem, welchen das früher (bei den Blasebälgen) erwähnte Wasserrad bewegt und am andern Ende (des Holzes in der Nabe) habe ich einen guten vierkantigen Kopf an- gebracht und habe das Rad auf diesen Zapfen gelegt. In den Kopf desſelben habe ich eine dicke Stange eingesetzt, so lang als nötig
1) Siehe Bd. I, S. 945.
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Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.
er das Verhältnis des Volums der Kugeln von Blei, Eisen und Stein
fest, und zwar:
Blei zu Eisen = 36 zu 90
Blei zu Stein = 1 zu 4.
Fronsberger setzt das Verhältnis der Gewichte von Stein : Eisen :
Blei = 1 : 4 : 6, wobei er bemerkt, daſs geschmiedete eiserne Kugeln
ein wenig schwerer seien als gegossene. Um den Artilleristen die
Berechnung zu ersparen, stellte Tartaglia eine Tabelle der
Kugelgewichte und Durchmesser nach den verschiedenen Materien
von 1 bis 200 Pfund auf, welche er in seinen Questi e Inventioni
1546 zu Venedig veröffentlichte. Etwas früher schon (1540) hatte
Georg Hartmann, Mechaniker zu Nürnberg, aus dem Bambergi-
schen gebürtig, den Kaliberstab, der die Durchmesser der steinernen,
eisernen und bleiernen Kugeln nach Nürnberger Maſs und Gewicht
enthielt, konstruiert. Dieser kam bald in allgemeine Aufnahme
und wurde die Veranlassung, daſs lange Zeit hindurch Nürnberger
Maſs und Gewicht in der ganzen deutschen Artillerie maſsgebend war.
Über die Anfertigung der Kanonen, sowie über den Guſs der
eisernen Kugeln hat Vanuccio Biringuccio in seiner Pyrotechnia
die besten und ausführlichsten Mitteilungen gemacht, welche wir
bereits angeführt haben. Die Geschütze wurden damals noch alle
über einen Kern gegossen. Die ältesten gegossenen Geschütze waren
nicht gebohrt, deshalb auch nicht glatt und zentrisch. Aber schon
vor 1500 konstruierte man Bohrmaschinen mit groſsen Bohrern, mit
Hilfe deren man die groſsen Stücke ausbohrte. Es war dies eine
groſse Verbesserung. Auch hierüber giebt Biringuccio eine genaue
Beschreibung mit Zeichnungen 1), welche wir ihrer Wichtigkeit wegen
ebenfalls in wörtlicher Übersetzung mitteilen. Er sagt (Buch VII,
Kapitel 8): „Wo ich konnte, habe ich ein groſses, doppeltes Rad
gemacht, so daſs ein Mensch darin gehen konnte, um es in Bewegung
zu setzen. Aber wenn ich dies nicht konnte, habe ich es mit einem
Lafettenrade (als Spillen oder Schwungrad) gemacht. In die Nabe habe
ich ein Holz eingepaſst und in die Mitte desſelben eine Eisenstange
gesetzt mit einem Krummzapfen, ähnlich dem, welchen das früher (bei
den Blasebälgen) erwähnte Wasserrad bewegt und am andern Ende
(des Holzes in der Nabe) habe ich einen guten vierkantigen Kopf an-
gebracht und habe das Rad auf diesen Zapfen gelegt. In den Kopf
desſelben habe ich eine dicke Stange eingesetzt, so lang als nötig
1) Siehe Bd. I, S. 945.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/350>, abgerufen am 22.11.2024.
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