dem Ofen in Augsburg berichtet Werlichs Chronik 1): "a. 1510. Augsburg den 2. Januar ist in der grossen Gerichtsstube allhier ein grosser eiserner Ofen, 40 Zentner schwer, den man von Basel hierher- gebracht und der 40 Gulden (ca. 240 Mk.) gekostet hat, gesetzt worden."
Ein anderes Beispiel bietet der Ofen in der Ratsstube von Bischofswerder. Derselbe wurde im Jahre 1565 angeschafft und kostete 29 Gulden (circa 174 Mk.). Agricola erwähnt (1550) die Grafschaft Manderscheid, das Sauerland und Bergishübel in Sachsen als Plätze, wo eiserne Öfen gegossen werden. Im Siegerlande gingen im Jahre 1567 sieben Hütten fast ausschliesslich auf "Gusswerk", welches man für 40 Räder-Gulden den Wagen verkaufte 2).
Im 15. Jahrhundert (1414) werden in Köln bereits "Eisenofen- macher" unter den städtischen Handwerkern, die keine eigene Zunft- statuten haben, aufgeführt 3).
Den Ofenplatten nahe verwandt waren gusseiserne Grabplatten, die ebenfalls aus jener Zeit stammen, aber viel seltener sind. Eine sehr alte gusseiserne Grabplatte in England erwähnt Lower4). Sie befindet sich in der Kirche zu Burwash in Sussex. Auf der- selben ist ein Kreuz mit halb zerstörter Umschrift: Orate P. annena (anima?) Jhone Colins. Aus dem Stil des Kreuzes und der Schrift schliesst Lower jedenfalls irrtümlich, dass die Platte aus dem 14. Jahr- hundert stamme.
Diese Angabe ist wohl ebenso unrichtig wie die von Flachat, Barrault und Petiet5), dass man in den Niederlanden den Eisen- guss schon im 13. Jahrhundert gekannt und 1400 im Elsass eiserne Öfen gegossen habe.
In Nassau, Hessen und Waldeck befanden sich viele gusseiserne Grabplatten, die aber meistens ihres geringen Metallwertes wegen eingeschmolzen worden sind. "Allein aus der Kilianskirche zu Kor- bach wurden bei der Mollerschen Restauration für 137 Thlr. alte Grabplatten verkauft, ein minimaler Beitrag zu den etwa 100 fach grösseren Baukosten und ein vernichtender Schlag für die Kunde eines wichtigen kunstgewerblichen Zweiges 6)." In der Jakobikirche zu Lübeck befindet sich eine schöne Grabplatte eines Drosten von Fürsten- berg von 1559.
1)Werlichs Chronik von Augsburg, Frankfurt a. M. 1595, S. 271.
2) Siehe Becher, a. a. O., S. 537.
3)Ennen, Geschichte der Stadt Köln, Bd. III, S. 741. 1562 wird in Rostock ein "Ofengiesser" erwähnt.
4)Lower, Contribu- tions to litterature 1854, p. 94.
5) Traite de la fabric. de la fonte de fer.
6) Siehe Bickell, a. a. O., S. 16 und Curtze, Geschichte der Kirche St. Kilian in Korbach, S. 185.
Die Eisengieſserei im 16. Jahrhundert.
dem Ofen in Augsburg berichtet Werlichs Chronik 1): „a. 1510. Augsburg den 2. Januar ist in der groſsen Gerichtsstube allhier ein groſser eiserner Ofen, 40 Zentner schwer, den man von Basel hierher- gebracht und der 40 Gulden (ca. 240 Mk.) gekostet hat, gesetzt worden.“
Ein anderes Beispiel bietet der Ofen in der Ratsstube von Bischofswerder. Derselbe wurde im Jahre 1565 angeschafft und kostete 29 Gulden (circa 174 Mk.). Agricola erwähnt (1550) die Grafschaft Manderscheid, das Sauerland und Bergishübel in Sachsen als Plätze, wo eiserne Öfen gegossen werden. Im Siegerlande gingen im Jahre 1567 sieben Hütten fast ausschlieſslich auf „Guſswerk“, welches man für 40 Räder-Gulden den Wagen verkaufte 2).
Im 15. Jahrhundert (1414) werden in Köln bereits „Eisenofen- macher“ unter den städtischen Handwerkern, die keine eigene Zunft- statuten haben, aufgeführt 3).
Den Ofenplatten nahe verwandt waren guſseiserne Grabplatten, die ebenfalls aus jener Zeit stammen, aber viel seltener sind. Eine sehr alte guſseiserne Grabplatte in England erwähnt Lower4). Sie befindet sich in der Kirche zu Burwash in Sussex. Auf der- selben ist ein Kreuz mit halb zerstörter Umschrift: Orate P. annena (anima?) Jhone Colins. Aus dem Stil des Kreuzes und der Schrift schlieſst Lower jedenfalls irrtümlich, daſs die Platte aus dem 14. Jahr- hundert stamme.
Diese Angabe ist wohl ebenso unrichtig wie die von Flachat, Barrault und Petiet5), daſs man in den Niederlanden den Eisen- guſs schon im 13. Jahrhundert gekannt und 1400 im Elsaſs eiserne Öfen gegossen habe.
In Nassau, Hessen und Waldeck befanden sich viele guſseiserne Grabplatten, die aber meistens ihres geringen Metallwertes wegen eingeschmolzen worden sind. „Allein aus der Kilianskirche zu Kor- bach wurden bei der Mollerschen Restauration für 137 Thlr. alte Grabplatten verkauft, ein minimaler Beitrag zu den etwa 100 fach gröſseren Baukosten und ein vernichtender Schlag für die Kunde eines wichtigen kunstgewerblichen Zweiges 6).“ In der Jakobikirche zu Lübeck befindet sich eine schöne Grabplatte eines Drosten von Fürsten- berg von 1559.
1)Werlichs Chronik von Augsburg, Frankfurt a. M. 1595, S. 271.
2) Siehe Becher, a. a. O., S. 537.
3)Ennen, Geschichte der Stadt Köln, Bd. III, S. 741. 1562 wird in Rostock ein „Ofengieſser“ erwähnt.
4)Lower, Contribu- tions to litterature 1854, p. 94.
5) Traité de la fabric. de la fonte de fer.
6) Siehe Bickell, a. a. O., S. 16 und Curtze, Geschichte der Kirche St. Kilian in Korbach, S. 185.
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Augsburg den 2. Januar ist in der groſsen Gerichtsstube allhier ein
groſser eiserner Ofen, 40 Zentner schwer, den man von Basel hierher-
gebracht und der 40 Gulden (ca. 240 Mk.) gekostet hat, gesetzt worden.“
Ein anderes Beispiel bietet der Ofen in der Ratsstube von
Bischofswerder. Derselbe wurde im Jahre 1565 angeschafft und
kostete 29 Gulden (circa 174 Mk.). Agricola erwähnt (1550) die
Grafschaft Manderscheid, das Sauerland und Bergishübel in Sachsen
als Plätze, wo eiserne Öfen gegossen werden. Im Siegerlande gingen
im Jahre 1567 sieben Hütten fast ausschlieſslich auf „Guſswerk“,
welches man für 40 Räder-Gulden den Wagen verkaufte 2).
Im 15. Jahrhundert (1414) werden in Köln bereits „Eisenofen-
macher“ unter den städtischen Handwerkern, die keine eigene Zunft-
statuten haben, aufgeführt 3).
Den Ofenplatten nahe verwandt waren guſseiserne Grabplatten,
die ebenfalls aus jener Zeit stammen, aber viel seltener sind. Eine
sehr alte guſseiserne Grabplatte in England erwähnt Lower 4).
Sie befindet sich in der Kirche zu Burwash in Sussex. Auf der-
selben ist ein Kreuz mit halb zerstörter Umschrift: Orate P. annena
(anima?) Jhone Colins. Aus dem Stil des Kreuzes und der Schrift
schlieſst Lower jedenfalls irrtümlich, daſs die Platte aus dem 14. Jahr-
hundert stamme.
Diese Angabe ist wohl ebenso unrichtig wie die von Flachat,
Barrault und Petiet 5), daſs man in den Niederlanden den Eisen-
guſs schon im 13. Jahrhundert gekannt und 1400 im Elsaſs eiserne
Öfen gegossen habe.
In Nassau, Hessen und Waldeck befanden sich viele guſseiserne
Grabplatten, die aber meistens ihres geringen Metallwertes wegen
eingeschmolzen worden sind. „Allein aus der Kilianskirche zu Kor-
bach wurden bei der Mollerschen Restauration für 137 Thlr. alte
Grabplatten verkauft, ein minimaler Beitrag zu den etwa 100 fach
gröſseren Baukosten und ein vernichtender Schlag für die Kunde eines
wichtigen kunstgewerblichen Zweiges 6).“ In der Jakobikirche zu
Lübeck befindet sich eine schöne Grabplatte eines Drosten von Fürsten-
berg von 1559.
1) Werlichs Chronik von Augsburg, Frankfurt a. M. 1595, S. 271.
2) Siehe Becher, a. a. O., S. 537.
3) Ennen, Geschichte der Stadt Köln, Bd. III,
S. 741. 1562 wird in Rostock ein „Ofengieſser“ erwähnt.
4) Lower, Contribu-
tions to litterature 1854, p. 94.
5) Traité de la fabric. de la fonte de fer.
6) Siehe Bickell, a. a. O., S. 16 und Curtze, Geschichte der Kirche St. Kilian
in Korbach, S. 185.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/337>, abgerufen am 24.11.2024.
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