Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
Flossöfen.
Flossöfen.

Früher schon fanden dagegen ähnliche Öfen in den deutsch-
österreichischen Alpenländern, und zwar zuerst in Kärnten, Eingang,
wo man bereits im 16. Jahrhundert auf der Urtler Hütte vom Stück-
ofen zum Hochofenbetriebe überging, oder richtiger gesagt, man baute
Schachtöfen, in denen man nur flüssiges Eisen darstellte. Diese Öfen,
welche, wie die Stücköfen, eine geschlossene Brust hatten, nannte man
Flossöfen. Die Stadt St. Veit besass den ersten derartigen Ofen.
In einer alten Rechnung des dortigen Stadtarchives heisst es 1):

"Kurz nach Publizierung der Bergordnung im Jahre 1567 wurde
der Stadt St. Veit ein förmliches kaiserliches Privilegium und Kon-
zessionsbrief für einen Flossofen in Urtl gegeben, und zu den der
Stadt gehörigen Hämmern zu St. Salvator wurden im Jahre 1580 nur
Flossen vom Urtlerofen zugeführt." Diese Erfindung stammte aus
Deutschland, was daraus klar hervorgeht, dass man diese neuen Öfen
"deutsche Flossöfen" nannte. Sie waren keine einheimische Er-
findung, hatten sich nicht organisch aus den Stücköfen entwickelt,
sondern wurden als etwas Fremdes aus der Fremde eingeführt.

Münichsdörfer teilt folgendes über dieselben mit: "Die ersten
Flossöfen in Kärnten hatten rechteckigen Querschnitt, erst in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging man auf runden Querschnitt
über; erstere mit rechteckigem Querschnitte nannte man die deut-
schen Flossöfen, letztere mit rundem, weil zuerst in Steiermark in
Ausführung gebracht, die steierischen oder innerberger Flossöfen. --

Der reichen Stadt St. Veit waren die Mittel zum Baue eines
Flossofens in Urtl gegeben. Die Flossöfen waren 12 bis 14 Fuss hoch,
es wurde mit einer Form geblasen und der Wind in Spitzbälgen er-
zeugt. Man unterschied auch hier, wie bei den Stucköfen die Brust-,
Wasser-, Wind- und Esseisenseite. Der Querschnitt der Öfen war,
wie erwähnt, zuerst rechteckig, die Form des inneren Raumes gleich
zwei übereinander gestellten Pyramiden mit dem Kohlensacke in der
Mitte; Weite des Kohlensackes nur 3 Fuss, der Gicht 17 bis 18 Zoll;
Weite des Eisenherdes am Boden von der Brust- zur Wasserseite
18 Zoll, von der Wind- zur Esseisenseite 34 Zoll, die Formhöhe über
dem Boden 13 Zoll. Die Öfen waren aus einem feuerbeständigen,
granitischen Gesteine aufgeführt.


1) Siehe Münichsdörfer a. a. O., S. 72.
Floſsöfen.
Floſsöfen.

Früher schon fanden dagegen ähnliche Öfen in den deutsch-
österreichischen Alpenländern, und zwar zuerst in Kärnten, Eingang,
wo man bereits im 16. Jahrhundert auf der Urtler Hütte vom Stück-
ofen zum Hochofenbetriebe überging, oder richtiger gesagt, man baute
Schachtöfen, in denen man nur flüssiges Eisen darstellte. Diese Öfen,
welche, wie die Stücköfen, eine geschlossene Brust hatten, nannte man
Floſsöfen. Die Stadt St. Veit besaſs den ersten derartigen Ofen.
In einer alten Rechnung des dortigen Stadtarchives heiſst es 1):

„Kurz nach Publizierung der Bergordnung im Jahre 1567 wurde
der Stadt St. Veit ein förmliches kaiserliches Privilegium und Kon-
zessionsbrief für einen Floſsofen in Urtl gegeben, und zu den der
Stadt gehörigen Hämmern zu St. Salvator wurden im Jahre 1580 nur
Flossen vom Urtlerofen zugeführt.“ Diese Erfindung stammte aus
Deutschland, was daraus klar hervorgeht, daſs man diese neuen Öfen
deutsche Floſsöfen“ nannte. Sie waren keine einheimische Er-
findung, hatten sich nicht organisch aus den Stücköfen entwickelt,
sondern wurden als etwas Fremdes aus der Fremde eingeführt.

Münichsdörfer teilt folgendes über dieselben mit: „Die ersten
Floſsöfen in Kärnten hatten rechteckigen Querschnitt, erst in der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging man auf runden Querschnitt
über; erstere mit rechteckigem Querschnitte nannte man die deut-
schen Floſsöfen, letztere mit rundem, weil zuerst in Steiermark in
Ausführung gebracht, die steierischen oder innerberger Floſsöfen. —

Der reichen Stadt St. Veit waren die Mittel zum Baue eines
Floſsofens in Urtl gegeben. Die Floſsöfen waren 12 bis 14 Fuſs hoch,
es wurde mit einer Form geblasen und der Wind in Spitzbälgen er-
zeugt. Man unterschied auch hier, wie bei den Stucköfen die Brust-,
Wasser-, Wind- und Eſseisenseite. Der Querschnitt der Öfen war,
wie erwähnt, zuerst rechteckig, die Form des inneren Raumes gleich
zwei übereinander gestellten Pyramiden mit dem Kohlensacke in der
Mitte; Weite des Kohlensackes nur 3 Fuſs, der Gicht 17 bis 18 Zoll;
Weite des Eisenherdes am Boden von der Brust- zur Wasserseite
18 Zoll, von der Wind- zur Eſseisenseite 34 Zoll, die Formhöhe über
dem Boden 13 Zoll. Die Öfen waren aus einem feuerbeständigen,
granitischen Gesteine aufgeführt.


1) Siehe Münichsdörfer a. a. O., S. 72.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0204" n="184"/>
            <fw place="top" type="header">Flo&#x017F;söfen.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Flo&#x017F;söfen</hi>.</hi> </head><lb/>
              <p>Früher schon fanden dagegen ähnliche Öfen in den deutsch-<lb/>
österreichischen Alpenländern, und zwar zuerst in Kärnten, Eingang,<lb/>
wo man bereits im 16. Jahrhundert auf der Urtler Hütte vom Stück-<lb/>
ofen zum Hochofenbetriebe überging, oder richtiger gesagt, man baute<lb/>
Schachtöfen, in denen man nur flüssiges Eisen darstellte. Diese Öfen,<lb/>
welche, wie die Stücköfen, eine geschlossene Brust hatten, nannte man<lb/><hi rendition="#g">Flo&#x017F;söfen</hi>. Die Stadt St. Veit besa&#x017F;s den ersten derartigen Ofen.<lb/>
In einer alten Rechnung des dortigen Stadtarchives hei&#x017F;st es <note place="foot" n="1)">Siehe <hi rendition="#g">Münichsdörfer</hi> a. a. O., S. 72.</note>:</p><lb/>
              <p>&#x201E;Kurz nach Publizierung der Bergordnung im Jahre 1567 wurde<lb/>
der Stadt St. Veit ein förmliches kaiserliches Privilegium und Kon-<lb/>
zessionsbrief für einen <hi rendition="#g">Flo&#x017F;sofen</hi> in Urtl gegeben, und zu den der<lb/>
Stadt gehörigen Hämmern zu St. Salvator wurden im Jahre 1580 nur<lb/>
Flossen vom Urtlerofen zugeführt.&#x201C; Diese Erfindung stammte aus<lb/>
Deutschland, was daraus klar hervorgeht, da&#x017F;s man diese neuen Öfen<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">deutsche Flo&#x017F;söfen</hi>&#x201C; nannte. Sie waren keine einheimische Er-<lb/>
findung, hatten sich nicht organisch aus den Stücköfen entwickelt,<lb/>
sondern wurden als etwas Fremdes aus der Fremde eingeführt.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Münichsdörfer</hi> teilt folgendes über dieselben mit: &#x201E;Die ersten<lb/>
Flo&#x017F;söfen in Kärnten hatten rechteckigen Querschnitt, erst in der<lb/>
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging man auf runden Querschnitt<lb/>
über; erstere mit rechteckigem Querschnitte nannte man die deut-<lb/>
schen Flo&#x017F;söfen, letztere mit rundem, weil zuerst in Steiermark in<lb/>
Ausführung gebracht, die steierischen oder innerberger Flo&#x017F;söfen. &#x2014;</p><lb/>
              <p>Der reichen Stadt St. Veit waren die Mittel zum Baue eines<lb/>
Flo&#x017F;sofens in Urtl gegeben. Die Flo&#x017F;söfen waren 12 bis 14 Fu&#x017F;s hoch,<lb/>
es wurde mit einer Form geblasen und der Wind in Spitzbälgen er-<lb/>
zeugt. Man unterschied auch hier, wie bei den Stucköfen die Brust-,<lb/>
Wasser-, Wind- und E&#x017F;seisenseite. Der Querschnitt der Öfen war,<lb/>
wie erwähnt, zuerst rechteckig, die Form des inneren Raumes gleich<lb/>
zwei übereinander gestellten Pyramiden mit dem Kohlensacke in der<lb/>
Mitte; Weite des Kohlensackes nur 3 Fu&#x017F;s, der Gicht 17 bis 18 Zoll;<lb/>
Weite des Eisenherdes am Boden von der Brust- zur Wasserseite<lb/>
18 Zoll, von der Wind- zur E&#x017F;seisenseite 34 Zoll, die Formhöhe über<lb/>
dem Boden 13 Zoll. Die Öfen waren aus einem feuerbeständigen,<lb/>
granitischen Gesteine aufgeführt.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0204] Floſsöfen. Floſsöfen. Früher schon fanden dagegen ähnliche Öfen in den deutsch- österreichischen Alpenländern, und zwar zuerst in Kärnten, Eingang, wo man bereits im 16. Jahrhundert auf der Urtler Hütte vom Stück- ofen zum Hochofenbetriebe überging, oder richtiger gesagt, man baute Schachtöfen, in denen man nur flüssiges Eisen darstellte. Diese Öfen, welche, wie die Stücköfen, eine geschlossene Brust hatten, nannte man Floſsöfen. Die Stadt St. Veit besaſs den ersten derartigen Ofen. In einer alten Rechnung des dortigen Stadtarchives heiſst es 1): „Kurz nach Publizierung der Bergordnung im Jahre 1567 wurde der Stadt St. Veit ein förmliches kaiserliches Privilegium und Kon- zessionsbrief für einen Floſsofen in Urtl gegeben, und zu den der Stadt gehörigen Hämmern zu St. Salvator wurden im Jahre 1580 nur Flossen vom Urtlerofen zugeführt.“ Diese Erfindung stammte aus Deutschland, was daraus klar hervorgeht, daſs man diese neuen Öfen „deutsche Floſsöfen“ nannte. Sie waren keine einheimische Er- findung, hatten sich nicht organisch aus den Stücköfen entwickelt, sondern wurden als etwas Fremdes aus der Fremde eingeführt. Münichsdörfer teilt folgendes über dieselben mit: „Die ersten Floſsöfen in Kärnten hatten rechteckigen Querschnitt, erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging man auf runden Querschnitt über; erstere mit rechteckigem Querschnitte nannte man die deut- schen Floſsöfen, letztere mit rundem, weil zuerst in Steiermark in Ausführung gebracht, die steierischen oder innerberger Floſsöfen. — Der reichen Stadt St. Veit waren die Mittel zum Baue eines Floſsofens in Urtl gegeben. Die Floſsöfen waren 12 bis 14 Fuſs hoch, es wurde mit einer Form geblasen und der Wind in Spitzbälgen er- zeugt. Man unterschied auch hier, wie bei den Stucköfen die Brust-, Wasser-, Wind- und Eſseisenseite. Der Querschnitt der Öfen war, wie erwähnt, zuerst rechteckig, die Form des inneren Raumes gleich zwei übereinander gestellten Pyramiden mit dem Kohlensacke in der Mitte; Weite des Kohlensackes nur 3 Fuſs, der Gicht 17 bis 18 Zoll; Weite des Eisenherdes am Boden von der Brust- zur Wasserseite 18 Zoll, von der Wind- zur Eſseisenseite 34 Zoll, die Formhöhe über dem Boden 13 Zoll. Die Öfen waren aus einem feuerbeständigen, granitischen Gesteine aufgeführt. 1) Siehe Münichsdörfer a. a. O., S. 72.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/204
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/204>, abgerufen am 24.11.2024.