denen Eisensteinsorten zu erreichen. Hierbei war man bestrebt, nicht mehr Schlacke zu erzeugen, als für den Zweck nötig war, indem man dieselbe in der Regel nicht während dem Niederschmelzen, sondern mit dem Eisen zusammen abstach. Nach dem Füllen und Anblasen vergingen 12 bis 14 Stunden, bis man zum erstenmal das Stichloch mit dem Handstachel aufstiess, und die aus Eisen und Schlacken bestehende Schmelzmasse in eine aus Stübbe und Sand hergestellte runde Grube vor dem Ofen laufen liess. Hatten sich im Ofen Ansätze, sogenannte "Hurten", gebildet, so wurde der Abstich weiter aufge- brochen und dieselben mit dem Rengel losgestossen und herausgeschafft. Das Abstichloch oder das Auge wurde dann in den ersten Tagen mit Gestübbe, später aber mit feuchtem Lehm zugestopft.
Die geschmolzene Masse in der Grube wurde mit Wasser besprengt, wodurch sich die Schlacke abschied, erstarrte und abgehoben werden konnte. Dies wurde zwei- bis dreimal je nach der Menge der Schlacken wiederholt.
Der Roheisenkuchen blieb so lange in der Grube liegen, bis seit dem Ablassen wieder vier Gichten aufgegeben waren, alsdann wurde er hervorgezogen und unter einer Wasserrinne abgekühlt. Dadurch wurde das Eisen abgeschreckt, wonach es sich leichter zerschlagen liess und die Schlacke leichter absprang. Auch liess sich das ab- geschreckte Eisen leichter im Löschherde verfrischen.
Dieses Eisen, welches die Form eines flachen Kuchens hatte, hiess "Scheibeneisen". Dasselbe pflegte im Löschherde zu Stahl verfrischt zu werden, sollte es aber zu Eisen gefrischt werden, was in Schmal- kalden nach der Kaltfrischmethode geschah, so liess man es in Leisten laufen und darin langsam erstarren. Man gewann es dann als so- genannte "Gänse" oder "Gänze".
Das Roheisen der schmalkaldischen Blauöfen war dickgrell, des- halb zur Giesserei nicht geeignet, um so mehr zur Stahlbereitung, und zwar pflegte man das Stückofeneisen mit dem Scheibeneisen hierfür zusammen zu verfrischen. Für Stabeisen arbeitete man auf "blumige Flossen", während man für die Stahlfeuer mehr Spiegelflossen zu erzeugen suchte. Wie sehr Stückofen und Blauofen verwandt waren, erweist sich auch daraus, dass man, wenn man den Blauofen ausblasen wollte, zum Schlusse noch ein Stück darin herstellte. Dieses war eine Accidenz des Schmelzers. Zu dem Zwecke gab er vor dem Ausblasen noch soviel Eisenstein, als die Kohlen tragen konnten, auf, schmolz das Ganze nieder und brach dann die gebildete Luppe, welche mehrere Zentner schwer war, nachdem er die Ofenbrust eingestossen hatte,
Blauöfen.
denen Eisensteinsorten zu erreichen. Hierbei war man bestrebt, nicht mehr Schlacke zu erzeugen, als für den Zweck nötig war, indem man dieselbe in der Regel nicht während dem Niederschmelzen, sondern mit dem Eisen zusammen abstach. Nach dem Füllen und Anblasen vergingen 12 bis 14 Stunden, bis man zum erstenmal das Stichloch mit dem Handstachel aufstieſs, und die aus Eisen und Schlacken bestehende Schmelzmasse in eine aus Stübbe und Sand hergestellte runde Grube vor dem Ofen laufen lieſs. Hatten sich im Ofen Ansätze, sogenannte „Hurten“, gebildet, so wurde der Abstich weiter aufge- brochen und dieselben mit dem Rengel losgestoſsen und herausgeschafft. Das Abstichloch oder das Auge wurde dann in den ersten Tagen mit Gestübbe, später aber mit feuchtem Lehm zugestopft.
Die geschmolzene Masse in der Grube wurde mit Wasser besprengt, wodurch sich die Schlacke abschied, erstarrte und abgehoben werden konnte. Dies wurde zwei- bis dreimal je nach der Menge der Schlacken wiederholt.
Der Roheisenkuchen blieb so lange in der Grube liegen, bis seit dem Ablassen wieder vier Gichten aufgegeben waren, alsdann wurde er hervorgezogen und unter einer Wasserrinne abgekühlt. Dadurch wurde das Eisen abgeschreckt, wonach es sich leichter zerschlagen lieſs und die Schlacke leichter absprang. Auch lieſs sich das ab- geschreckte Eisen leichter im Löschherde verfrischen.
Dieses Eisen, welches die Form eines flachen Kuchens hatte, hieſs „Scheibeneisen“. Dasſelbe pflegte im Löschherde zu Stahl verfrischt zu werden, sollte es aber zu Eisen gefrischt werden, was in Schmal- kalden nach der Kaltfrischmethode geschah, so lieſs man es in Leisten laufen und darin langsam erstarren. Man gewann es dann als so- genannte „Gänse“ oder „Gänze“.
Das Roheisen der schmalkaldischen Blauöfen war dickgrell, des- halb zur Gieſserei nicht geeignet, um so mehr zur Stahlbereitung, und zwar pflegte man das Stückofeneisen mit dem Scheibeneisen hierfür zusammen zu verfrischen. Für Stabeisen arbeitete man auf „blumige Flossen“, während man für die Stahlfeuer mehr Spiegelflossen zu erzeugen suchte. Wie sehr Stückofen und Blauofen verwandt waren, erweist sich auch daraus, daſs man, wenn man den Blauofen ausblasen wollte, zum Schlusse noch ein Stück darin herstellte. Dieses war eine Accidenz des Schmelzers. Zu dem Zwecke gab er vor dem Ausblasen noch soviel Eisenstein, als die Kohlen tragen konnten, auf, schmolz das Ganze nieder und brach dann die gebildete Luppe, welche mehrere Zentner schwer war, nachdem er die Ofenbrust eingestoſsen hatte,
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[182/0202]
Blauöfen.
denen Eisensteinsorten zu erreichen. Hierbei war man bestrebt, nicht
mehr Schlacke zu erzeugen, als für den Zweck nötig war, indem man
dieselbe in der Regel nicht während dem Niederschmelzen, sondern
mit dem Eisen zusammen abstach. Nach dem Füllen und Anblasen
vergingen 12 bis 14 Stunden, bis man zum erstenmal das Stichloch
mit dem Handstachel aufstieſs, und die aus Eisen und Schlacken
bestehende Schmelzmasse in eine aus Stübbe und Sand hergestellte
runde Grube vor dem Ofen laufen lieſs. Hatten sich im Ofen Ansätze,
sogenannte „Hurten“, gebildet, so wurde der Abstich weiter aufge-
brochen und dieselben mit dem Rengel losgestoſsen und herausgeschafft.
Das Abstichloch oder das Auge wurde dann in den ersten Tagen mit
Gestübbe, später aber mit feuchtem Lehm zugestopft.
Die geschmolzene Masse in der Grube wurde mit Wasser besprengt,
wodurch sich die Schlacke abschied, erstarrte und abgehoben werden
konnte. Dies wurde zwei- bis dreimal je nach der Menge der
Schlacken wiederholt.
Der Roheisenkuchen blieb so lange in der Grube liegen, bis seit
dem Ablassen wieder vier Gichten aufgegeben waren, alsdann wurde
er hervorgezogen und unter einer Wasserrinne abgekühlt. Dadurch
wurde das Eisen abgeschreckt, wonach es sich leichter zerschlagen
lieſs und die Schlacke leichter absprang. Auch lieſs sich das ab-
geschreckte Eisen leichter im Löschherde verfrischen.
Dieses Eisen, welches die Form eines flachen Kuchens hatte, hieſs
„Scheibeneisen“. Dasſelbe pflegte im Löschherde zu Stahl verfrischt
zu werden, sollte es aber zu Eisen gefrischt werden, was in Schmal-
kalden nach der Kaltfrischmethode geschah, so lieſs man es in Leisten
laufen und darin langsam erstarren. Man gewann es dann als so-
genannte „Gänse“ oder „Gänze“.
Das Roheisen der schmalkaldischen Blauöfen war dickgrell, des-
halb zur Gieſserei nicht geeignet, um so mehr zur Stahlbereitung, und
zwar pflegte man das Stückofeneisen mit dem Scheibeneisen hierfür
zusammen zu verfrischen. Für Stabeisen arbeitete man auf „blumige
Flossen“, während man für die Stahlfeuer mehr Spiegelflossen zu
erzeugen suchte. Wie sehr Stückofen und Blauofen verwandt waren,
erweist sich auch daraus, daſs man, wenn man den Blauofen ausblasen
wollte, zum Schlusse noch ein Stück darin herstellte. Dieses war eine
Accidenz des Schmelzers. Zu dem Zwecke gab er vor dem Ausblasen
noch soviel Eisenstein, als die Kohlen tragen konnten, auf, schmolz
das Ganze nieder und brach dann die gebildete Luppe, welche mehrere
Zentner schwer war, nachdem er die Ofenbrust eingestoſsen hatte,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/202>, abgerufen am 24.11.2024.
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