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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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England im 17. Jahrhundert.
Dudley die Wichtigkeit der Erhaltung des Holzes der englischen
Waldungen besonders für die nationale Kraft Englands, die Flotte,
vor, welche durch seine Erfindung erreicht werde. Aber nicht allein
das Holz werde gespart, sondern auch die ungeheuren Massen von
Grieskohlen, welche jetzt in den Halden verstürzt würden oder unab-
gebaut blieben -- kurz verloren gingen. Wurden doch zehn Meilen
um Dudley herum jährlich 4000 bis 5000 Tonnen auf diese Weise
vergeudet. Klagend ruft er aus:

Muss ich immer noch Widerstand finden und werde ich mich
niemals meiner Erfindung, noch England des Nutzens davon erfreuen
dürfen? Muss mein Patent im Frieden unterdrückt werden, wie es
im Kriege unterdrückt war? Müssen meinem Patent, Eisen mit Stein-
kohlen zu machen, immer neue Feinde erstehen? Wieviele Tausende
Tonnen Eisens hätten schon seit meiner ersten Erfindung gemacht,
wieviel Stammholz und Wald seitdem erhalten werden können?

Eingehend führt Dudley den Nachweis, wie ungeheuer der Ver-
lust sei, welcher durch die Vergeudung und den Nichtgebrauch des
Kohlenkleins entstehe. Seine eingehende Darstellung der Flötzver-
hältnisse der Kohlen- und Eisenablagerungen um Dudley ist von
grossem Interesse. Die Eigenschaften einzelner Eisensteinsorten führt
ihn zu einer ausführlichen Erörterung der wichtigsten Unarten des
Eisens: des Rotbruchs und des Kaltbruchs. Redshare (rotbrüchig)
nenne man das aus sehr schwefligen, erdigen Erzen erzeugte Eisen,
welches, wenn man es zu einer Pflugschar (share) schmieden wolle, in
der Rotglut unter dem Hammer zerbreche. Coldshare (kaltbrüchig)
sei das aus Erzkörnern (grain Oare) erzeugte Eisen, welches in der
Kälte spröde ist und unter dem Hammer bricht fast wie ein Antimon-
könig. Beide Unarten will aber der Verfasser bessern können, und
zwar hauptsächlich durch eine besondere Zustellung des Frischherdes.
Doch müsse man auch im Hochofen schon diesen schlimmen Eigen-
schaften entgegenarbeiten. Dudley will aber nicht nur, dass die
Kleinkohle erhalten bleibe und verwertet werde, er will auch, dass die
Ausfuhr der Steinkohle, welche bereits einen grossen Umfang an-
genommen habe, verboten werde. "Viele Tausende von Tonnen Stein-
kohlen gehen von England, Schottland und Wales aus, um Frankreich
zu versorgen, ebenso die Schmieden von Spanien, Portugal und besonders
von Flandern, ebenso von den Niederlanden; überdies holen die Hol-
länder grosse Mengen unserer Kohlen nach fremden Gebieten, ohne
welche diese gar nicht bestehen können. Deshalb wünscht der Verfasser,
dass, im Hinblick auf den ausreichenden Vorrat von Eisenerzen im

England im 17. Jahrhundert.
Dudley die Wichtigkeit der Erhaltung des Holzes der englischen
Waldungen besonders für die nationale Kraft Englands, die Flotte,
vor, welche durch seine Erfindung erreicht werde. Aber nicht allein
das Holz werde gespart, sondern auch die ungeheuren Massen von
Grieskohlen, welche jetzt in den Halden verstürzt würden oder unab-
gebaut blieben — kurz verloren gingen. Wurden doch zehn Meilen
um Dudley herum jährlich 4000 bis 5000 Tonnen auf diese Weise
vergeudet. Klagend ruft er aus:

Muſs ich immer noch Widerstand finden und werde ich mich
niemals meiner Erfindung, noch England des Nutzens davon erfreuen
dürfen? Muſs mein Patent im Frieden unterdrückt werden, wie es
im Kriege unterdrückt war? Müssen meinem Patent, Eisen mit Stein-
kohlen zu machen, immer neue Feinde erstehen? Wieviele Tausende
Tonnen Eisens hätten schon seit meiner ersten Erfindung gemacht,
wieviel Stammholz und Wald seitdem erhalten werden können?

Eingehend führt Dudley den Nachweis, wie ungeheuer der Ver-
lust sei, welcher durch die Vergeudung und den Nichtgebrauch des
Kohlenkleins entstehe. Seine eingehende Darstellung der Flötzver-
hältnisse der Kohlen- und Eisenablagerungen um Dudley ist von
groſsem Interesse. Die Eigenschaften einzelner Eisensteinsorten führt
ihn zu einer ausführlichen Erörterung der wichtigsten Unarten des
Eisens: des Rotbruchs und des Kaltbruchs. Redshare (rotbrüchig)
nenne man das aus sehr schwefligen, erdigen Erzen erzeugte Eisen,
welches, wenn man es zu einer Pflugschar (share) schmieden wolle, in
der Rotglut unter dem Hammer zerbreche. Coldshare (kaltbrüchig)
sei das aus Erzkörnern (grain Oare) erzeugte Eisen, welches in der
Kälte spröde ist und unter dem Hammer bricht fast wie ein Antimon-
könig. Beide Unarten will aber der Verfasser bessern können, und
zwar hauptsächlich durch eine besondere Zustellung des Frischherdes.
Doch müsse man auch im Hochofen schon diesen schlimmen Eigen-
schaften entgegenarbeiten. Dudley will aber nicht nur, daſs die
Kleinkohle erhalten bleibe und verwertet werde, er will auch, daſs die
Ausfuhr der Steinkohle, welche bereits einen groſsen Umfang an-
genommen habe, verboten werde. „Viele Tausende von Tonnen Stein-
kohlen gehen von England, Schottland und Wales aus, um Frankreich
zu versorgen, ebenso die Schmieden von Spanien, Portugal und besonders
von Flandern, ebenso von den Niederlanden; überdies holen die Hol-
länder groſse Mengen unserer Kohlen nach fremden Gebieten, ohne
welche diese gar nicht bestehen können. Deshalb wünscht der Verfasser,
daſs, im Hinblick auf den ausreichenden Vorrat von Eisenerzen im

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[1266/1288] England im 17. Jahrhundert. Dudley die Wichtigkeit der Erhaltung des Holzes der englischen Waldungen besonders für die nationale Kraft Englands, die Flotte, vor, welche durch seine Erfindung erreicht werde. Aber nicht allein das Holz werde gespart, sondern auch die ungeheuren Massen von Grieskohlen, welche jetzt in den Halden verstürzt würden oder unab- gebaut blieben — kurz verloren gingen. Wurden doch zehn Meilen um Dudley herum jährlich 4000 bis 5000 Tonnen auf diese Weise vergeudet. Klagend ruft er aus: Muſs ich immer noch Widerstand finden und werde ich mich niemals meiner Erfindung, noch England des Nutzens davon erfreuen dürfen? Muſs mein Patent im Frieden unterdrückt werden, wie es im Kriege unterdrückt war? Müssen meinem Patent, Eisen mit Stein- kohlen zu machen, immer neue Feinde erstehen? Wieviele Tausende Tonnen Eisens hätten schon seit meiner ersten Erfindung gemacht, wieviel Stammholz und Wald seitdem erhalten werden können? Eingehend führt Dudley den Nachweis, wie ungeheuer der Ver- lust sei, welcher durch die Vergeudung und den Nichtgebrauch des Kohlenkleins entstehe. Seine eingehende Darstellung der Flötzver- hältnisse der Kohlen- und Eisenablagerungen um Dudley ist von groſsem Interesse. Die Eigenschaften einzelner Eisensteinsorten führt ihn zu einer ausführlichen Erörterung der wichtigsten Unarten des Eisens: des Rotbruchs und des Kaltbruchs. Redshare (rotbrüchig) nenne man das aus sehr schwefligen, erdigen Erzen erzeugte Eisen, welches, wenn man es zu einer Pflugschar (share) schmieden wolle, in der Rotglut unter dem Hammer zerbreche. Coldshare (kaltbrüchig) sei das aus Erzkörnern (grain Oare) erzeugte Eisen, welches in der Kälte spröde ist und unter dem Hammer bricht fast wie ein Antimon- könig. Beide Unarten will aber der Verfasser bessern können, und zwar hauptsächlich durch eine besondere Zustellung des Frischherdes. Doch müsse man auch im Hochofen schon diesen schlimmen Eigen- schaften entgegenarbeiten. Dudley will aber nicht nur, daſs die Kleinkohle erhalten bleibe und verwertet werde, er will auch, daſs die Ausfuhr der Steinkohle, welche bereits einen groſsen Umfang an- genommen habe, verboten werde. „Viele Tausende von Tonnen Stein- kohlen gehen von England, Schottland und Wales aus, um Frankreich zu versorgen, ebenso die Schmieden von Spanien, Portugal und besonders von Flandern, ebenso von den Niederlanden; überdies holen die Hol- länder groſse Mengen unserer Kohlen nach fremden Gebieten, ohne welche diese gar nicht bestehen können. Deshalb wünscht der Verfasser, daſs, im Hinblick auf den ausreichenden Vorrat von Eisenerzen im

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1288>, abgerufen am 03.05.2024.