hat und wenn er noch lange lebt, ist es zweifelhaft, ob er soviel Bau- holz im ganzen Lande übrig lassen wird, als zur Reparatur einer unserer Kirchen erforderlich wird, so schnell verschlingen seine Eisen- und Bleiwerke das Holz." Der Gedanke, Holzkohle durch Steinkohle zu ersetzen, lag deshalb nahe und beschäftigte schon im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts die Geister. Schon gegen Ende des vorhergehenden Jahrhunderts waren darauf bezügliche Projekte aufgetaucht. Hatte doch schon der berühmte Kardinal Wolsey 1528 Versuche gemacht, Bleierze mit Steinkohlen zu schmelzen. 1589 wurde von der Königin Elisabeth an Thomas Proctor und William Peterson ein Patent verliehen, Eisen und Stahl herzustellen und Blei zu schmelzen mit Steinkohlen und Torf 1). Aber das Unternehmen scheiterte. Es existiert noch ein Bericht über die Herstellung von 2 Tonnen Eisen nach diesem Verfahren auf einem Hüttenwerk zu Yorkshire, wonach die Kosten sich hierfür auf 66 £ 13 sh. 4 d. pro Tonne gestellt hätten. Das war, wie der Bericht sagt "deere iron". Kurze Zeit danach 1590 erhielt auch der Dean of York ein Patent zum "Abschweflen" der Kohle.
Der Misserfolg von Proctor und Peterson schreckte für einige Zeit ab. Aber schon 1607 erhielt ein gewisser Robert Chantrell ein ähnliches Patent "to make and forge iron and steel with stone coal, sea coal, pit coal and peat coal". Einen Erfolg kann dieses Patent nicht gehabt haben. Aber nicht nur die Eisengewerke, sondern auch der König und namentlich der voraussichtliche Thronerbe, König Jacobs I. ältester Sohn Heinrich, Prinz von Wales, interessierten sich lebhaft für die Frage. Als daher ein gewisser Simon Sturtevant, an- geblich ein Deutscher, ein Mann von vielerlei Kenntnissen, der sich schon früher durch Erfindungen auf mechanischem Gebiet bekannt gemacht hatte, auftrat und behauptete, ein Verfahren erfunden zu haben, um bei allen metallurgischen Prozessen Holz und Holzkohle durch Steinkohle zu ersetzen, fand er williges Gehör bei dem König und dem Prinzen und erhielt am 26. Februar 1611 ein umfassendes Patent sowohl für die Verwendung der Steinkohle für metallurgische und andere Zwecke, als auch für alle angeblich von ihm erfundenen Apparate, Maschinen und sonstigen Hülfsmittel, welche diesem Zweck dienen sollten. Obgleich Sturtevant keinen Erfolg hatte, da er, wie
1) Siehe Robert L. Galloway, a history of coal-mining in Great Britain 1882, pag. 39. In dem Patent heisst es: "with earth-coal, sea-coal, turf and peat." Steinkohlen bezeichnete man damals abwechselnd als earth-coal, sea-coal, pit-coal, stone-coal.
England im 17. Jahrhundert.
hat und wenn er noch lange lebt, ist es zweifelhaft, ob er soviel Bau- holz im ganzen Lande übrig lassen wird, als zur Reparatur einer unserer Kirchen erforderlich wird, so schnell verschlingen seine Eisen- und Bleiwerke das Holz.“ Der Gedanke, Holzkohle durch Steinkohle zu ersetzen, lag deshalb nahe und beschäftigte schon im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts die Geister. Schon gegen Ende des vorhergehenden Jahrhunderts waren darauf bezügliche Projekte aufgetaucht. Hatte doch schon der berühmte Kardinal Wolsey 1528 Versuche gemacht, Bleierze mit Steinkohlen zu schmelzen. 1589 wurde von der Königin Elisabeth an Thomas Proctor und William Peterson ein Patent verliehen, Eisen und Stahl herzustellen und Blei zu schmelzen mit Steinkohlen und Torf 1). Aber das Unternehmen scheiterte. Es existiert noch ein Bericht über die Herstellung von 2 Tonnen Eisen nach diesem Verfahren auf einem Hüttenwerk zu Yorkshire, wonach die Kosten sich hierfür auf 66 £ 13 sh. 4 d. pro Tonne gestellt hätten. Das war, wie der Bericht sagt „deere iron“. Kurze Zeit danach 1590 erhielt auch der Dean of York ein Patent zum „Abschweflen“ der Kohle.
Der Miſserfolg von Proctor und Peterson schreckte für einige Zeit ab. Aber schon 1607 erhielt ein gewisser Robert Chantrell ein ähnliches Patent „to make and forge iron and steel with stone coal, sea coal, pit coal and peat coal“. Einen Erfolg kann dieses Patent nicht gehabt haben. Aber nicht nur die Eisengewerke, sondern auch der König und namentlich der voraussichtliche Thronerbe, König Jacobs I. ältester Sohn Heinrich, Prinz von Wales, interessierten sich lebhaft für die Frage. Als daher ein gewisser Simon Sturtevant, an- geblich ein Deutscher, ein Mann von vielerlei Kenntnissen, der sich schon früher durch Erfindungen auf mechanischem Gebiet bekannt gemacht hatte, auftrat und behauptete, ein Verfahren erfunden zu haben, um bei allen metallurgischen Prozessen Holz und Holzkohle durch Steinkohle zu ersetzen, fand er williges Gehör bei dem König und dem Prinzen und erhielt am 26. Februar 1611 ein umfassendes Patent sowohl für die Verwendung der Steinkohle für metallurgische und andere Zwecke, als auch für alle angeblich von ihm erfundenen Apparate, Maschinen und sonstigen Hülfsmittel, welche diesem Zweck dienen sollten. Obgleich Sturtevant keinen Erfolg hatte, da er, wie
1) Siehe Robert L. Galloway, a history of coal-mining in Great Britain 1882, pag. 39. In dem Patent heiſst es: „with earth-coal, sea-coal, turf and peat.“ Steinkohlen bezeichnete man damals abwechselnd als earth-coal, sea-coal, pit-coal, stone-coal.
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England im 17. Jahrhundert.
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holz im ganzen Lande übrig lassen wird, als zur Reparatur einer
unserer Kirchen erforderlich wird, so schnell verschlingen seine
Eisen- und Bleiwerke das Holz.“ Der Gedanke, Holzkohle durch
Steinkohle zu ersetzen, lag deshalb nahe und beschäftigte schon im
ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts die Geister. Schon gegen Ende
des vorhergehenden Jahrhunderts waren darauf bezügliche Projekte
aufgetaucht. Hatte doch schon der berühmte Kardinal Wolsey 1528
Versuche gemacht, Bleierze mit Steinkohlen zu schmelzen. 1589
wurde von der Königin Elisabeth an Thomas Proctor und William
Peterson ein Patent verliehen, Eisen und Stahl herzustellen und Blei
zu schmelzen mit Steinkohlen und Torf 1). Aber das Unternehmen
scheiterte. Es existiert noch ein Bericht über die Herstellung von
2 Tonnen Eisen nach diesem Verfahren auf einem Hüttenwerk zu
Yorkshire, wonach die Kosten sich hierfür auf 66 £ 13 sh. 4 d. pro
Tonne gestellt hätten. Das war, wie der Bericht sagt „deere iron“.
Kurze Zeit danach 1590 erhielt auch der Dean of York ein Patent
zum „Abschweflen“ der Kohle.
Der Miſserfolg von Proctor und Peterson schreckte für einige
Zeit ab. Aber schon 1607 erhielt ein gewisser Robert Chantrell ein
ähnliches Patent „to make and forge iron and steel with stone coal,
sea coal, pit coal and peat coal“. Einen Erfolg kann dieses Patent
nicht gehabt haben. Aber nicht nur die Eisengewerke, sondern auch
der König und namentlich der voraussichtliche Thronerbe, König
Jacobs I. ältester Sohn Heinrich, Prinz von Wales, interessierten sich
lebhaft für die Frage. Als daher ein gewisser Simon Sturtevant, an-
geblich ein Deutscher, ein Mann von vielerlei Kenntnissen, der sich
schon früher durch Erfindungen auf mechanischem Gebiet bekannt
gemacht hatte, auftrat und behauptete, ein Verfahren erfunden zu
haben, um bei allen metallurgischen Prozessen Holz und Holzkohle
durch Steinkohle zu ersetzen, fand er williges Gehör bei dem König
und dem Prinzen und erhielt am 26. Februar 1611 ein umfassendes
Patent sowohl für die Verwendung der Steinkohle für metallurgische
und andere Zwecke, als auch für alle angeblich von ihm erfundenen
Apparate, Maschinen und sonstigen Hülfsmittel, welche diesem Zweck
dienen sollten. Obgleich Sturtevant keinen Erfolg hatte, da er, wie
1) Siehe Robert L. Galloway, a history of coal-mining in Great Britain
1882, pag. 39. In dem Patent heiſst es: „with earth-coal, sea-coal, turf and peat.“
Steinkohlen bezeichnete man damals abwechselnd als earth-coal, sea-coal, pit-coal,
stone-coal.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1269>, abgerufen am 26.11.2024.
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