für jede Stahlsorte kennt und dabei die Arbeit in Betracht zieht, die er machen will, und verstehe, den geeignetsten Stahl dafür zu finden, denn es ist durchaus nicht jeder Stahl für jede Arbeit geeignet."
Nun folgt das interessante Kapitel (67) über die Härtung des Stahls, welches wir bereits früher mitgeteilt haben.
Im Eisenguss leisteten die Franzosen Hervorragendes. Ihnen gebührt das Verdienst der Erfindung des Röhrengusses, wenig- stens des Gusses eiserner Flanschenröhren, mit eingegossenen Schraubenlöchern 1). Die Veranlassung zu dieser Erfindung gab Ludwig XIV. durch die Anlage der grossartigen Wasserwerke bei Marly und der Wasserkünste in Versailles in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts. Dieses grossartige Unternehmen stellte ganz ausserordentliche Anforderungen an die mechanischen Künste und be- schäftigte viele Hände und Köpfe. Wir haben schon früher erwähnt, dass Huyghens und Papin dabei beteiligt waren und die Pulver- maschine, die Vorgängerin der Dampfmaschine, erfanden, um das Wasser zu heben. Die Aufgabe war, grosse Massen von Wasser aus der Seine auf einen Berg bei Marly zu leiten, um sie von da unter Druck den Gärten von Versailles zuzuführen. Huyghens' Maschine kam nicht zur Anwendung, vielmehr konstruierte ein Ingenieur Rannequis aus Lüttich 2) ein grossartiges Wasserwerk, welches durch 14 grosse Schaufelräder getrieben wurde. Es wurde 1682 begonnen und soll 8 Millionen Franks gekostet haben.
Eine ausführliche Schilderung der grossen Wasserkünste von Marly-Versailles gab zuerst Leonhard Christoph Sturm in seiner Civilbaukunst 3).
"Es sind zu Lande von Paris nach Marly zwei gemeine deutsche Meilen, hingegen zu Wasser auf der Seine mehr als sieben. Diese
1) Erwähnt muss indes werden, dass David Zeltner in Nürnberg (1638 bis 1713) zu derselben Zeit bewegliche Wasserleitungen mit Flanschenröhren kon- struiert hatte, siehe Doppelmeyer.
2)Desaguilier nennt dagegen Deville du pays de Liege als den Erbauer.
3) L. Chr. Sturm, der erneuerte Goldmann oder die ganze Civilbaukunst, letzter Teil: architektonische Reiseanmerkungen, Augsburg 1719, Brief XXII, S. 109. Eine ältere kurze Beschreibung, die aber auch von Sturm herrührt, findet sich in "Der eröffnete Ritterplatz" II. Teil 1702, S. 37, eine spätere aus- führliche in Leupolds Theatrum mechan. hydraul. 1725, §. 79 u. s. w. Tabelle XXI und XXII giebt Grundriss und Prospekt der ganzen Anlage; Tabelle XX, XXIII, XXIV und XXV die Abbildung einzelner Teile. Eine weitere ausführliche Beschreibung findet sich in J. Fr. Weidleri Tractatus de Machinis Hydraulicis toto terrarum orbe maximis 1728 und weitere in Desaguiliers, Cours de phy- sique experimentale 1751. Trad. franc. p. 517, sowie in Belidor, Architecture Hydraulique, Cap. IV, p. 195.
Frankreich im 17. Jahrhundert.
für jede Stahlsorte kennt und dabei die Arbeit in Betracht zieht, die er machen will, und verstehe, den geeignetsten Stahl dafür zu finden, denn es ist durchaus nicht jeder Stahl für jede Arbeit geeignet.“
Nun folgt das interessante Kapitel (67) über die Härtung des Stahls, welches wir bereits früher mitgeteilt haben.
Im Eisenguſs leisteten die Franzosen Hervorragendes. Ihnen gebührt das Verdienst der Erfindung des Röhrengusses, wenig- stens des Gusses eiserner Flanschenröhren, mit eingegossenen Schraubenlöchern 1). Die Veranlassung zu dieser Erfindung gab Ludwig XIV. durch die Anlage der groſsartigen Wasserwerke bei Marly und der Wasserkünste in Versailles in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts. Dieses groſsartige Unternehmen stellte ganz auſserordentliche Anforderungen an die mechanischen Künste und be- schäftigte viele Hände und Köpfe. Wir haben schon früher erwähnt, daſs Huyghens und Papin dabei beteiligt waren und die Pulver- maschine, die Vorgängerin der Dampfmaschine, erfanden, um das Wasser zu heben. Die Aufgabe war, groſse Massen von Wasser aus der Seine auf einen Berg bei Marly zu leiten, um sie von da unter Druck den Gärten von Versailles zuzuführen. Huyghens’ Maschine kam nicht zur Anwendung, vielmehr konstruierte ein Ingenieur Rannequis aus Lüttich 2) ein groſsartiges Wasserwerk, welches durch 14 groſse Schaufelräder getrieben wurde. Es wurde 1682 begonnen und soll 8 Millionen Franks gekostet haben.
Eine ausführliche Schilderung der groſsen Wasserkünste von Marly-Versailles gab zuerst Leonhard Christoph Sturm in seiner Civilbaukunst 3).
„Es sind zu Lande von Paris nach Marly zwei gemeine deutsche Meilen, hingegen zu Wasser auf der Seine mehr als sieben. Diese
1) Erwähnt muſs indes werden, daſs David Zeltner in Nürnberg (1638 bis 1713) zu derselben Zeit bewegliche Wasserleitungen mit Flanschenröhren kon- struiert hatte, siehe Doppelmeyer.
2)Desaguilier nennt dagegen Deville du pays de Liége als den Erbauer.
3) L. Chr. Sturm, der erneuerte Goldmann oder die ganze Civilbaukunst, letzter Teil: architektonische Reiseanmerkungen, Augsburg 1719, Brief XXII, S. 109. Eine ältere kurze Beschreibung, die aber auch von Sturm herrührt, findet sich in „Der eröffnete Ritterplatz“ II. Teil 1702, S. 37, eine spätere aus- führliche in Leupolds Theatrum mechan. hydraul. 1725, §. 79 u. s. w. Tabelle XXI und XXII giebt Grundriſs und Prospekt der ganzen Anlage; Tabelle XX, XXIII, XXIV und XXV die Abbildung einzelner Teile. Eine weitere ausführliche Beschreibung findet sich in J. Fr. Weidleri Tractatus de Machinis Hydraulicis toto terrarum orbe maximis 1728 und weitere in Desaguiliers, Cours de phy- sique experimentale 1751. Trad. franç. p. 517, sowie in Belidor, Architecture Hydraulique, Cap. IV, p. 195.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f1254"n="1232"/><fwplace="top"type="header">Frankreich im 17. Jahrhundert.</fw><lb/>
für jede Stahlsorte kennt und dabei die Arbeit in Betracht zieht, die<lb/>
er machen will, und verstehe, den geeignetsten Stahl dafür zu finden,<lb/>
denn es ist durchaus nicht jeder Stahl für jede Arbeit geeignet.“</p><lb/><p>Nun folgt das interessante Kapitel (67) über die Härtung des<lb/>
Stahls, welches wir bereits früher mitgeteilt haben.</p><lb/><p>Im <hirendition="#g">Eisenguſs</hi> leisteten die Franzosen Hervorragendes.<lb/>
Ihnen gebührt das Verdienst der Erfindung des Röhrengusses, wenig-<lb/>
stens des Gusses eiserner Flanschenröhren, mit eingegossenen<lb/>
Schraubenlöchern <noteplace="foot"n="1)">Erwähnt muſs indes werden, daſs <hirendition="#g">David Zeltner</hi> in Nürnberg (1638 bis<lb/>
1713) zu derselben Zeit bewegliche Wasserleitungen mit Flanschenröhren kon-<lb/>
struiert hatte, siehe <hirendition="#g">Doppelmeyer</hi>.</note>. Die Veranlassung zu dieser Erfindung gab<lb/>
Ludwig XIV. durch die Anlage der groſsartigen Wasserwerke bei<lb/>
Marly und der Wasserkünste in Versailles in den achtziger Jahren<lb/>
des 17. Jahrhunderts. Dieses groſsartige Unternehmen stellte ganz<lb/>
auſserordentliche Anforderungen an die mechanischen Künste und be-<lb/>
schäftigte viele Hände und Köpfe. Wir haben schon früher erwähnt,<lb/>
daſs <hirendition="#g">Huyghens</hi> und <hirendition="#g">Papin</hi> dabei beteiligt waren und die Pulver-<lb/>
maschine, die Vorgängerin der Dampfmaschine, erfanden, um das<lb/>
Wasser zu heben. Die Aufgabe war, groſse Massen von Wasser aus<lb/>
der Seine auf einen Berg bei Marly zu leiten, um sie von da unter<lb/>
Druck den Gärten von Versailles zuzuführen. <hirendition="#g">Huyghens</hi>’ Maschine<lb/>
kam nicht zur Anwendung, vielmehr konstruierte ein Ingenieur<lb/><hirendition="#g">Rannequis</hi> aus Lüttich <noteplace="foot"n="2)"><hirendition="#g">Desaguilier</hi> nennt dagegen <hirendition="#g">Deville</hi> du pays de Liége als den Erbauer.</note> ein groſsartiges Wasserwerk, welches durch<lb/>
14 groſse Schaufelräder getrieben wurde. Es wurde 1682 begonnen<lb/>
und soll 8 Millionen Franks gekostet haben.</p><lb/><p>Eine ausführliche Schilderung der groſsen Wasserkünste von<lb/>
Marly-Versailles gab zuerst <hirendition="#g">Leonhard Christoph Sturm</hi> in seiner<lb/>
Civilbaukunst <noteplace="foot"n="3)">L. <hirendition="#g">Chr. Sturm</hi>, der erneuerte Goldmann oder die ganze Civilbaukunst,<lb/>
letzter Teil: architektonische Reiseanmerkungen, Augsburg 1719, Brief XXII,<lb/>
S. 109. Eine ältere kurze Beschreibung, die aber auch von <hirendition="#g">Sturm</hi> herrührt,<lb/>
findet sich in „Der eröffnete Ritterplatz“ II. Teil 1702, S. 37, eine spätere aus-<lb/>
führliche in <hirendition="#g">Leupolds</hi> Theatrum mechan. hydraul. 1725, §. 79 u. s. w. Tabelle<lb/>
XXI und XXII giebt Grundriſs und Prospekt der ganzen Anlage; Tabelle XX,<lb/>
XXIII, XXIV und XXV die Abbildung einzelner Teile. Eine weitere ausführliche<lb/>
Beschreibung findet sich in J. <hirendition="#g">Fr. Weidleri</hi> Tractatus de Machinis Hydraulicis<lb/>
toto terrarum orbe maximis 1728 und weitere in <hirendition="#g">Desaguiliers</hi>, Cours de phy-<lb/>
sique experimentale 1751. Trad. franç. p. 517, sowie in <hirendition="#g">Belidor</hi>, Architecture<lb/>
Hydraulique, Cap. IV, p. 195.</note>.</p><lb/><p>„Es sind zu Lande von Paris nach Marly zwei gemeine deutsche<lb/>
Meilen, hingegen zu Wasser auf der Seine mehr als sieben. Diese<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[1232/1254]
Frankreich im 17. Jahrhundert.
für jede Stahlsorte kennt und dabei die Arbeit in Betracht zieht, die
er machen will, und verstehe, den geeignetsten Stahl dafür zu finden,
denn es ist durchaus nicht jeder Stahl für jede Arbeit geeignet.“
Nun folgt das interessante Kapitel (67) über die Härtung des
Stahls, welches wir bereits früher mitgeteilt haben.
Im Eisenguſs leisteten die Franzosen Hervorragendes.
Ihnen gebührt das Verdienst der Erfindung des Röhrengusses, wenig-
stens des Gusses eiserner Flanschenröhren, mit eingegossenen
Schraubenlöchern 1). Die Veranlassung zu dieser Erfindung gab
Ludwig XIV. durch die Anlage der groſsartigen Wasserwerke bei
Marly und der Wasserkünste in Versailles in den achtziger Jahren
des 17. Jahrhunderts. Dieses groſsartige Unternehmen stellte ganz
auſserordentliche Anforderungen an die mechanischen Künste und be-
schäftigte viele Hände und Köpfe. Wir haben schon früher erwähnt,
daſs Huyghens und Papin dabei beteiligt waren und die Pulver-
maschine, die Vorgängerin der Dampfmaschine, erfanden, um das
Wasser zu heben. Die Aufgabe war, groſse Massen von Wasser aus
der Seine auf einen Berg bei Marly zu leiten, um sie von da unter
Druck den Gärten von Versailles zuzuführen. Huyghens’ Maschine
kam nicht zur Anwendung, vielmehr konstruierte ein Ingenieur
Rannequis aus Lüttich 2) ein groſsartiges Wasserwerk, welches durch
14 groſse Schaufelräder getrieben wurde. Es wurde 1682 begonnen
und soll 8 Millionen Franks gekostet haben.
Eine ausführliche Schilderung der groſsen Wasserkünste von
Marly-Versailles gab zuerst Leonhard Christoph Sturm in seiner
Civilbaukunst 3).
„Es sind zu Lande von Paris nach Marly zwei gemeine deutsche
Meilen, hingegen zu Wasser auf der Seine mehr als sieben. Diese
1) Erwähnt muſs indes werden, daſs David Zeltner in Nürnberg (1638 bis
1713) zu derselben Zeit bewegliche Wasserleitungen mit Flanschenröhren kon-
struiert hatte, siehe Doppelmeyer.
2) Desaguilier nennt dagegen Deville du pays de Liége als den Erbauer.
3) L. Chr. Sturm, der erneuerte Goldmann oder die ganze Civilbaukunst,
letzter Teil: architektonische Reiseanmerkungen, Augsburg 1719, Brief XXII,
S. 109. Eine ältere kurze Beschreibung, die aber auch von Sturm herrührt,
findet sich in „Der eröffnete Ritterplatz“ II. Teil 1702, S. 37, eine spätere aus-
führliche in Leupolds Theatrum mechan. hydraul. 1725, §. 79 u. s. w. Tabelle
XXI und XXII giebt Grundriſs und Prospekt der ganzen Anlage; Tabelle XX,
XXIII, XXIV und XXV die Abbildung einzelner Teile. Eine weitere ausführliche
Beschreibung findet sich in J. Fr. Weidleri Tractatus de Machinis Hydraulicis
toto terrarum orbe maximis 1728 und weitere in Desaguiliers, Cours de phy-
sique experimentale 1751. Trad. franç. p. 517, sowie in Belidor, Architecture
Hydraulique, Cap. IV, p. 195.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1254>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.