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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Frankreich im 17. Jahrhundert.

Um den Stab zu gärben (corroyor), kann man ihn in ein Feuer
von Holzkohlen oder von Steinkohlen legen; das von Holzkohlen
ist aber besser, weil die Steinkohle zu hitzig ist, wobei man wegen
der ausschlagenden Flamme nicht deutlich erkennen kann, ob das
Eisen oder der Stahl die richtige Hitze hat. -- (Die Steinkohle giebt
viel mehr Hitze als die Holzkohle, weshalb man weniger davon
braucht. Die englische Steinkohle von Newcastle ist besser als die
von Schottland, aber leichter, weshalb man beide Sorten mischt.
Die Steinkohle von Frankreich ist ziemlich gut, aber man braucht
viel mehr davon, weil sie die Hitze nicht so hält. Die beste kommt
von St. Etienne. Die von Auvergne ist sehr gut und steht kaum
der englischen nach; die von St. Dizier ist dagegen die geringste
von allen 1).

Nachdem man den Stahl in das Feuer gebracht und einige Zeit
erhitzt hat, lässt man ihn ein wenig ruhen und in dem Feuer ver-
kochen, indem man feinen Sand oder Lehm aufwirft, um ihn abzu-
kühlen, und zu verhindern, dass er verbrennt. Alsdann nimmt man
ihn aus dem Feuer und schmiedet ihn mit möglichst raschen, leichten
Schlägen; dann breitet man ihn und reckt ihn zu kleinen, flachen
Stäben, von etwa 2 Linien Dicke, die man dann kirschrot ins Wasser
taucht. Man zerbricht diese Stäbe in kleine Stücke und legt diese
eins über das andere auf einen Flachstab von Eisen von 3 Linien
Dicke, das Ganze bedeckt man mit angefeuchtetem Lehm und nach-
dem man vorsichtig angeheizt, bläst man rasch das Feuer auf, um
es zu schweissen und nach Belieben auszurecken.

In dieser Weise kann man den geringen Stahl: Soret, Clamesy
und den von Piemont u. s. w. gärben, sie dabei sogar vermischen, wie
dies die Messerschmiede und andere gute Stahlarbeiter öfter thun.

Den spanischen und den deutschen in Stäben, ebenso wie den
von Carme und den ungarischen Rosenstahl gärbt man seltener in
dieser Weise als den in Stücken (carreaux), weil man ihn weniger für
Schneidewerkzeuge verwendet als den piemontesischen und anderen,
den man in Stücken bezieht.

Ebenso wie es bei allen Stahlsorten wichtig ist, dass man ihn
mit Sorgfalt auswählt, ebenso wichtig ist es, dass man das Feuer gut
regiert und Acht giebt, dass man ihn weder verbrennt noch überhitzt.
Und es ist nicht einmal das Wichtigste für den Schmied, seinen
Stahl gut zu schmieden, es ist vielmehr nötig, dass er die Härtung

1) Die eingeklammerte Stelle ist ein Zusatz von Felibien.
Frankreich im 17. Jahrhundert.

Um den Stab zu gärben (corroyor), kann man ihn in ein Feuer
von Holzkohlen oder von Steinkohlen legen; das von Holzkohlen
ist aber besser, weil die Steinkohle zu hitzig ist, wobei man wegen
der ausschlagenden Flamme nicht deutlich erkennen kann, ob das
Eisen oder der Stahl die richtige Hitze hat. — (Die Steinkohle giebt
viel mehr Hitze als die Holzkohle, weshalb man weniger davon
braucht. Die englische Steinkohle von Newcastle ist besser als die
von Schottland, aber leichter, weshalb man beide Sorten mischt.
Die Steinkohle von Frankreich ist ziemlich gut, aber man braucht
viel mehr davon, weil sie die Hitze nicht so hält. Die beste kommt
von St. Etienne. Die von Auvergne ist sehr gut und steht kaum
der englischen nach; die von St. Dizier ist dagegen die geringste
von allen 1).

Nachdem man den Stahl in das Feuer gebracht und einige Zeit
erhitzt hat, läſst man ihn ein wenig ruhen und in dem Feuer ver-
kochen, indem man feinen Sand oder Lehm aufwirft, um ihn abzu-
kühlen, und zu verhindern, daſs er verbrennt. Alsdann nimmt man
ihn aus dem Feuer und schmiedet ihn mit möglichst raschen, leichten
Schlägen; dann breitet man ihn und reckt ihn zu kleinen, flachen
Stäben, von etwa 2 Linien Dicke, die man dann kirschrot ins Wasser
taucht. Man zerbricht diese Stäbe in kleine Stücke und legt diese
eins über das andere auf einen Flachstab von Eisen von 3 Linien
Dicke, das Ganze bedeckt man mit angefeuchtetem Lehm und nach-
dem man vorsichtig angeheizt, bläst man rasch das Feuer auf, um
es zu schweiſsen und nach Belieben auszurecken.

In dieser Weise kann man den geringen Stahl: Soret, Clamesy
und den von Piemont u. s. w. gärben, sie dabei sogar vermischen, wie
dies die Messerschmiede und andere gute Stahlarbeiter öfter thun.

Den spanischen und den deutschen in Stäben, ebenso wie den
von Carme und den ungarischen Rosenstahl gärbt man seltener in
dieser Weise als den in Stücken (carreaux), weil man ihn weniger für
Schneidewerkzeuge verwendet als den piemontesischen und anderen,
den man in Stücken bezieht.

Ebenso wie es bei allen Stahlsorten wichtig ist, daſs man ihn
mit Sorgfalt auswählt, ebenso wichtig ist es, daſs man das Feuer gut
regiert und Acht giebt, daſs man ihn weder verbrennt noch überhitzt.
Und es ist nicht einmal das Wichtigste für den Schmied, seinen
Stahl gut zu schmieden, es ist vielmehr nötig, daſs er die Härtung

1) Die eingeklammerte Stelle ist ein Zusatz von Felibien.
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[1231/1253] Frankreich im 17. Jahrhundert. Um den Stab zu gärben (corroyor), kann man ihn in ein Feuer von Holzkohlen oder von Steinkohlen legen; das von Holzkohlen ist aber besser, weil die Steinkohle zu hitzig ist, wobei man wegen der ausschlagenden Flamme nicht deutlich erkennen kann, ob das Eisen oder der Stahl die richtige Hitze hat. — (Die Steinkohle giebt viel mehr Hitze als die Holzkohle, weshalb man weniger davon braucht. Die englische Steinkohle von Newcastle ist besser als die von Schottland, aber leichter, weshalb man beide Sorten mischt. Die Steinkohle von Frankreich ist ziemlich gut, aber man braucht viel mehr davon, weil sie die Hitze nicht so hält. Die beste kommt von St. Etienne. Die von Auvergne ist sehr gut und steht kaum der englischen nach; die von St. Dizier ist dagegen die geringste von allen 1). Nachdem man den Stahl in das Feuer gebracht und einige Zeit erhitzt hat, läſst man ihn ein wenig ruhen und in dem Feuer ver- kochen, indem man feinen Sand oder Lehm aufwirft, um ihn abzu- kühlen, und zu verhindern, daſs er verbrennt. Alsdann nimmt man ihn aus dem Feuer und schmiedet ihn mit möglichst raschen, leichten Schlägen; dann breitet man ihn und reckt ihn zu kleinen, flachen Stäben, von etwa 2 Linien Dicke, die man dann kirschrot ins Wasser taucht. Man zerbricht diese Stäbe in kleine Stücke und legt diese eins über das andere auf einen Flachstab von Eisen von 3 Linien Dicke, das Ganze bedeckt man mit angefeuchtetem Lehm und nach- dem man vorsichtig angeheizt, bläst man rasch das Feuer auf, um es zu schweiſsen und nach Belieben auszurecken. In dieser Weise kann man den geringen Stahl: Soret, Clamesy und den von Piemont u. s. w. gärben, sie dabei sogar vermischen, wie dies die Messerschmiede und andere gute Stahlarbeiter öfter thun. Den spanischen und den deutschen in Stäben, ebenso wie den von Carme und den ungarischen Rosenstahl gärbt man seltener in dieser Weise als den in Stücken (carreaux), weil man ihn weniger für Schneidewerkzeuge verwendet als den piemontesischen und anderen, den man in Stücken bezieht. Ebenso wie es bei allen Stahlsorten wichtig ist, daſs man ihn mit Sorgfalt auswählt, ebenso wichtig ist es, daſs man das Feuer gut regiert und Acht giebt, daſs man ihn weder verbrennt noch überhitzt. Und es ist nicht einmal das Wichtigste für den Schmied, seinen Stahl gut zu schmieden, es ist vielmehr nötig, daſs er die Härtung 1) Die eingeklammerte Stelle ist ein Zusatz von Felibien.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1253>, abgerufen am 03.05.2024.