denen eine Reise nach Aachen damals fast wie ein Zug ins gelobte Land dünkte und welche die "hochmütigen" Iserlohner, welche den ganzen Drahthandel beherrschten, scheel ansahen. -- Aber auch in Altena blühte die Drahtindustrie im 17. Jahrhundert. Nicht nur be- zog Iserlohn viel grössere Mengen der mittleren Drahtsorten von dort, sondern es war auch ein neuer Industriezweig in Altena ent- standen, durch die Einführung der Stahldrahtbereitung. Dies geschah um das Jahr 1600 durch Johann Gerdes. Caspar Rumpe besingt dies in seiner Reimchronik mit folgenden Versen:
"Die Alten habens nicht beschrieben, Wann Gott das (Draht-) Handwerk hat betrieben, Doch hat mans noch in Büchern klar, Dass mans gehabt einige hundert Jahr.
Es ist beinah wohl hundert Jahr, Dar noch kein Stahl gezogen war, Jetzt ist es ein Handel durch Gottes Segen, Daran ist Altena viel gelegen.
Ein Bürger so Johann Gerdes genanndt Der fing es an durch seinen Verstand, Er gebrauchte darzu Mittel und Rath, Dass Stahl in Draht gezogen ward.
Die besten Nadeln so je erdacht, Die werden von dem Stahl gemacht, Man braucht ihn auf dem Instrument, Er kömpft auch sonst in viele Händt.
Den Fischers ist er auch bekannt, Die ziehn die Fische damit zu Land. Er wird recht nach der Probe gemacht, Dass man davon hört keine Klagt."
Caspar Rumpe, der Verfasser der Altenaer Reimchronik, in welcher das Drahthandwerk ausführlich geschildert wird, war selbst ein Reidemeister und Bürger von Altena. Er war geboren 1616, starb 1699 und schrieb sein Gedicht im 80. Lebensjahr. Wie aus den angeführten Versen hervorgeht, hatte die Herstellung des Stahl- drahts die Fabrikation von Nähnadeln und Fischangeln zur Folge. Die Nadelfabrikation wurde 1625 in Altena eingeführt, kam aber nicht zu besonderer Blüte. Ebenso schlossen sich an die Iserlohner Industrie verschiedene Kleineisengewerbe, deren Waren ebenfalls als Panzerwaren bezeichnet werden, weil sie von den Mitgliedern der Panzerschmiedegilde angefertigt wurden. Es waren dies besonders die eisernen Schnallen und Spangen, deren Fabrikation um 1690 von
Westfalen im 17. Jahrhundert.
denen eine Reise nach Aachen damals fast wie ein Zug ins gelobte Land dünkte und welche die „hochmütigen“ Iserlohner, welche den ganzen Drahthandel beherrschten, scheel ansahen. — Aber auch in Altena blühte die Drahtindustrie im 17. Jahrhundert. Nicht nur be- zog Iserlohn viel gröſsere Mengen der mittleren Drahtsorten von dort, sondern es war auch ein neuer Industriezweig in Altena ent- standen, durch die Einführung der Stahldrahtbereitung. Dies geschah um das Jahr 1600 durch Johann Gerdes. Caspar Rumpe besingt dies in seiner Reimchronik mit folgenden Versen:
„Die Alten habens nicht beschrieben, Wann Gott das (Draht-) Handwerk hat betrieben, Doch hat mans noch in Büchern klar, Daſs mans gehabt einige hundert Jahr.
Es ist beinah wohl hundert Jahr, Dar noch kein Stahl gezogen war, Jetzt ist es ein Handel durch Gottes Segen, Daran ist Altena viel gelegen.
Ein Bürger so Johann Gerdes genanndt Der fing es an durch seinen Verstand, Er gebrauchte darzu Mittel und Rath, Daſs Stahl in Draht gezogen ward.
Die besten Nadeln so je erdacht, Die werden von dem Stahl gemacht, Man braucht ihn auf dem Instrument, Er kömpft auch sonst in viele Händt.
Den Fischers ist er auch bekannt, Die ziehn die Fische damit zu Land. Er wird recht nach der Probe gemacht, Daſs man davon hört keine Klagt.“
Caspar Rumpe, der Verfasser der Altenaer Reimchronik, in welcher das Drahthandwerk ausführlich geschildert wird, war selbst ein Reidemeister und Bürger von Altena. Er war geboren 1616, starb 1699 und schrieb sein Gedicht im 80. Lebensjahr. Wie aus den angeführten Versen hervorgeht, hatte die Herstellung des Stahl- drahts die Fabrikation von Nähnadeln und Fischangeln zur Folge. Die Nadelfabrikation wurde 1625 in Altena eingeführt, kam aber nicht zu besonderer Blüte. Ebenso schlossen sich an die Iserlohner Industrie verschiedene Kleineisengewerbe, deren Waren ebenfalls als Panzerwaren bezeichnet werden, weil sie von den Mitgliedern der Panzerschmiedegilde angefertigt wurden. Es waren dies besonders die eisernen Schnallen und Spangen, deren Fabrikation um 1690 von
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Westfalen im 17. Jahrhundert.
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Altena blühte die Drahtindustrie im 17. Jahrhundert. Nicht nur be-
zog Iserlohn viel gröſsere Mengen der mittleren Drahtsorten von
dort, sondern es war auch ein neuer Industriezweig in Altena ent-
standen, durch die Einführung der Stahldrahtbereitung. Dies
geschah um das Jahr 1600 durch Johann Gerdes. Caspar Rumpe
besingt dies in seiner Reimchronik mit folgenden Versen:
„Die Alten habens nicht beschrieben,
Wann Gott das (Draht-) Handwerk hat betrieben,
Doch hat mans noch in Büchern klar,
Daſs mans gehabt einige hundert Jahr.
Es ist beinah wohl hundert Jahr,
Dar noch kein Stahl gezogen war,
Jetzt ist es ein Handel durch Gottes Segen,
Daran ist Altena viel gelegen.
Ein Bürger so Johann Gerdes genanndt
Der fing es an durch seinen Verstand,
Er gebrauchte darzu Mittel und Rath,
Daſs Stahl in Draht gezogen ward.
Die besten Nadeln so je erdacht,
Die werden von dem Stahl gemacht,
Man braucht ihn auf dem Instrument,
Er kömpft auch sonst in viele Händt.
Den Fischers ist er auch bekannt,
Die ziehn die Fische damit zu Land.
Er wird recht nach der Probe gemacht,
Daſs man davon hört keine Klagt.“
Caspar Rumpe, der Verfasser der Altenaer Reimchronik, in
welcher das Drahthandwerk ausführlich geschildert wird, war selbst
ein Reidemeister und Bürger von Altena. Er war geboren 1616,
starb 1699 und schrieb sein Gedicht im 80. Lebensjahr. Wie aus
den angeführten Versen hervorgeht, hatte die Herstellung des Stahl-
drahts die Fabrikation von Nähnadeln und Fischangeln zur Folge.
Die Nadelfabrikation wurde 1625 in Altena eingeführt, kam aber
nicht zu besonderer Blüte. Ebenso schlossen sich an die Iserlohner
Industrie verschiedene Kleineisengewerbe, deren Waren ebenfalls als
Panzerwaren bezeichnet werden, weil sie von den Mitgliedern der
Panzerschmiedegilde angefertigt wurden. Es waren dies besonders
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1198>, abgerufen am 18.12.2024.
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