Städte Bürgerrecht erwerben. Seitdem standen Dahle und Ewingsen mit der Altenaischen, Ihmert, Westig, Sundwig und Hemer mit der Iserlohner Zunft in Verbindung. Altena und Iserlohn machten sich viel Konkurrenz. Iserlohn erhielt 1650 ein Privilegium für den Kratzendraht; obgleich Altena Einsprache dagegen erhob und es für erschlichen erklärte, kam doch die Iserlohner Kratzendrahtindustrie rasch zu grosser Blüte.
Ähnliche Fabriken des Auslandes wurden bald überflügelt. Ein Iserlohner schreibt 1670: "Kein Ort unter der Sonne war zu finden, wohin nicht Iserlohnische Arbeit komme, weil Iserlohn den Kratzen- draht durch die ganze und vier Örter der Welt verschicket". Kur- fürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg gab 1671 der Stadt Iser- lohn das ausschliessliche Recht Kratzendraht zu ziehen und be- stimmte erläuternd im Jahre 1685, nur solche Kratzendrahtzieher sollten auf dem Lande geduldet werden, welche dort schon zehn Jahre gearbeitet hätten. Hand in Hand mit der Fabrikation nahm der Handel einen grossen Aufschwung. Vordem waren die Draht- und Panzerwaren nicht weiter als nach Dortmund, Köln und Frank- furt a. M. gegangen. Dortmund namentlich hatte bis dahin den Handel mit märkischem Draht fast als ein Monopol besessen; nun nahm Iser- lohn, das von Jahr zu Jahr reicher wurde, selbst den Handel in die Hand. 1674 fanden die Iserlohner Reidemeister den Weg nach Holland. Die Erschliessung eines solchen Handelswegs wurde damals wie eine wichtige Entdeckung angesehen. Für Dortmund war dies ein grosser Schlag. Es sank nach dem Verlust des märkischen Drahthandels zu einer einfachen Provinzialstadt herab.
Bald danach erschlossen sich die Iserlohner die Handelswege nach den Nordseehäfen und bereisten mit ihren Waren die grossen Messen. Anton Lecke wird als der erste Iserlohner Kaufmann ge- nannt, welcher um 1690 die Leipziger Messe besuchte. Vor Allem aber that sich das grosse Handelshaus Joh. Rumpe & Co. hervor, welches den Drahthandel bis nach den entferntesten Gegenden Europas erweiterte und den ersten Grund des Iserlohner Handels nach Spanien und Portugal legte, indem es dorthin bereits eigene Reisenden sendete. Die wichtigsten Geschäftsverbindungen Iserlohns lassen sich auf diese Firma zurückführen. Von den Messen brachten die Kaufleute mancherlei Waren zurück, nicht nur für die eigene Heimat, sondern auch für die Mark, das Kölnische, Hessische, Nassau- ische u. s. w. Dadurch erwarben sich die Iserlohner Ansehen und Gewandtheit, wodurch sie sehr gegen die steifen Altenaer abstachen,
Westfalen im 17. Jahrhundert.
Städte Bürgerrecht erwerben. Seitdem standen Dahle und Ewingsen mit der Altenaischen, Ihmert, Westig, Sundwig und Hemer mit der Iserlohner Zunft in Verbindung. Altena und Iserlohn machten sich viel Konkurrenz. Iserlohn erhielt 1650 ein Privilegium für den Kratzendraht; obgleich Altena Einsprache dagegen erhob und es für erschlichen erklärte, kam doch die Iserlohner Kratzendrahtindustrie rasch zu groſser Blüte.
Ähnliche Fabriken des Auslandes wurden bald überflügelt. Ein Iserlohner schreibt 1670: „Kein Ort unter der Sonne war zu finden, wohin nicht Iserlohnische Arbeit komme, weil Iserlohn den Kratzen- draht durch die ganze und vier Örter der Welt verschicket“. Kur- fürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg gab 1671 der Stadt Iser- lohn das ausschlieſsliche Recht Kratzendraht zu ziehen und be- stimmte erläuternd im Jahre 1685, nur solche Kratzendrahtzieher sollten auf dem Lande geduldet werden, welche dort schon zehn Jahre gearbeitet hätten. Hand in Hand mit der Fabrikation nahm der Handel einen groſsen Aufschwung. Vordem waren die Draht- und Panzerwaren nicht weiter als nach Dortmund, Köln und Frank- furt a. M. gegangen. Dortmund namentlich hatte bis dahin den Handel mit märkischem Draht fast als ein Monopol besessen; nun nahm Iser- lohn, das von Jahr zu Jahr reicher wurde, selbst den Handel in die Hand. 1674 fanden die Iserlohner Reidemeister den Weg nach Holland. Die Erschlieſsung eines solchen Handelswegs wurde damals wie eine wichtige Entdeckung angesehen. Für Dortmund war dies ein groſser Schlag. Es sank nach dem Verlust des märkischen Drahthandels zu einer einfachen Provinzialstadt herab.
Bald danach erschlossen sich die Iserlohner die Handelswege nach den Nordseehäfen und bereisten mit ihren Waren die groſsen Messen. Anton Lecke wird als der erste Iserlohner Kaufmann ge- nannt, welcher um 1690 die Leipziger Messe besuchte. Vor Allem aber that sich das groſse Handelshaus Joh. Rumpe & Co. hervor, welches den Drahthandel bis nach den entferntesten Gegenden Europas erweiterte und den ersten Grund des Iserlohner Handels nach Spanien und Portugal legte, indem es dorthin bereits eigene Reisenden sendete. Die wichtigsten Geschäftsverbindungen Iserlohns lassen sich auf diese Firma zurückführen. Von den Messen brachten die Kaufleute mancherlei Waren zurück, nicht nur für die eigene Heimat, sondern auch für die Mark, das Kölnische, Hessische, Nassau- ische u. s. w. Dadurch erwarben sich die Iserlohner Ansehen und Gewandtheit, wodurch sie sehr gegen die steifen Altenaer abstachen,
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Westfalen im 17. Jahrhundert.
Städte Bürgerrecht erwerben. Seitdem standen Dahle und Ewingsen
mit der Altenaischen, Ihmert, Westig, Sundwig und Hemer mit der
Iserlohner Zunft in Verbindung. Altena und Iserlohn machten sich
viel Konkurrenz. Iserlohn erhielt 1650 ein Privilegium für den
Kratzendraht; obgleich Altena Einsprache dagegen erhob und es für
erschlichen erklärte, kam doch die Iserlohner Kratzendrahtindustrie
rasch zu groſser Blüte.
Ähnliche Fabriken des Auslandes wurden bald überflügelt. Ein
Iserlohner schreibt 1670: „Kein Ort unter der Sonne war zu finden,
wohin nicht Iserlohnische Arbeit komme, weil Iserlohn den Kratzen-
draht durch die ganze und vier Örter der Welt verschicket“. Kur-
fürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg gab 1671 der Stadt Iser-
lohn das ausschlieſsliche Recht Kratzendraht zu ziehen und be-
stimmte erläuternd im Jahre 1685, nur solche Kratzendrahtzieher
sollten auf dem Lande geduldet werden, welche dort schon zehn
Jahre gearbeitet hätten. Hand in Hand mit der Fabrikation nahm
der Handel einen groſsen Aufschwung. Vordem waren die Draht-
und Panzerwaren nicht weiter als nach Dortmund, Köln und Frank-
furt a. M. gegangen. Dortmund namentlich hatte bis dahin den Handel
mit märkischem Draht fast als ein Monopol besessen; nun nahm Iser-
lohn, das von Jahr zu Jahr reicher wurde, selbst den Handel in die
Hand. 1674 fanden die Iserlohner Reidemeister den Weg nach
Holland. Die Erschlieſsung eines solchen Handelswegs wurde damals
wie eine wichtige Entdeckung angesehen. Für Dortmund war dies
ein groſser Schlag. Es sank nach dem Verlust des märkischen
Drahthandels zu einer einfachen Provinzialstadt herab.
Bald danach erschlossen sich die Iserlohner die Handelswege
nach den Nordseehäfen und bereisten mit ihren Waren die groſsen
Messen. Anton Lecke wird als der erste Iserlohner Kaufmann ge-
nannt, welcher um 1690 die Leipziger Messe besuchte. Vor Allem
aber that sich das groſse Handelshaus Joh. Rumpe & Co. hervor,
welches den Drahthandel bis nach den entferntesten Gegenden
Europas erweiterte und den ersten Grund des Iserlohner Handels
nach Spanien und Portugal legte, indem es dorthin bereits eigene
Reisenden sendete. Die wichtigsten Geschäftsverbindungen Iserlohns
lassen sich auf diese Firma zurückführen. Von den Messen brachten
die Kaufleute mancherlei Waren zurück, nicht nur für die eigene
Heimat, sondern auch für die Mark, das Kölnische, Hessische, Nassau-
ische u. s. w. Dadurch erwarben sich die Iserlohner Ansehen und
Gewandtheit, wodurch sie sehr gegen die steifen Altenaer abstachen,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1197>, abgerufen am 18.12.2024.
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