Es erinnert an das Tomahawkwerfen der Indianer. Wiederholt wird er- wähnt, dass dem Helden durch die Schärfe des feindlichen Messers eine Haarlocke abgeschnitten wurde. Der Wurf wurde durch keine
[Abbildung]
Fig. 233.
[Abbildung]
Fig. 234.
[Abbildung]
Fig. 235.
Schutzwaffe, sondern nur durch den Sprung gemieden. Tacitus schildert den Schwert- tanz der germanischen Jünglinge, bei dem sie zwischen den in die Luft geworfenen Messern und Schwertern sich hin und her bewegten 1).
Die zweite Art der Saxen bildete den Übergang zu dem schweren Hauschwert mit breitem Rücken, es ist der Langsax, der länger als die erste Art, aber schmaler als die zweite Art ist, bei einer Breite von 31/2 bis 4 cm gewöhnlich 40 bis 60 cm lang ist (Fig. 236). Franken und Friesen machen bei ihren Rechtsbestimmungen einen Unter- schied zwischen dem Scramasax und dem Langsax, auch muss er von den nord- deutschen Stämmen geführt worden sein, da er noch in den zur Zeit Karls des Grossen abgefassten friesischen Gesetzen vorkommt. Das Tragen dieses Messers war in Friedenszeiten verboten, es galt als Kriegs-Mordwaffe, und eine Tötung mit dem Langsax hatte doppelte Busse und den Verlust der rechten Hand zur Folge. Diese Form des Sax hat sich erhalten in den Waidmessern und Hirschfängern.
Die dritte, grösste und interessanteste Form des Sax ist der Scra- masax, das einschneidige, schwere Kurzschwert (Fig. 237). Es hat bei 4 bis 61/2 cm Breite eine Länge von 44 bis 76 cm. Der Rücken der Klinge ist 6 bis 10, ja bis 12 cm breit, was der Waffe eine grosse Wucht geben musste. Der Scramasax findet sich sehr häufig in den Gräbern der Burgunden, Alamannen und Franken, dagegen auffallenderweise nur selten in den Gräbern der Angelsachsen, die doch von der Waffe ihren Namen haben sollten.
"Scramasaxus" ist das fränkische Wort, welches Gregor von Tours und die Chronik der Frankenkönige zwar nur an wenigen, aber sprechenden Stellen als die Benennung des "culter validus ferreus" aufbewahrt haben. In dem Gesetz der Westgoten heisst sie einfach scrama, in dem der Burgundionen semispatha, in der Lex salica wird sie cultellus genannt.
1) Tac. Germ. XXIV inter gladios se atque infestas frameas saltu jaciunt.
Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Es erinnert an das Tomahawkwerfen der Indianer. Wiederholt wird er- wähnt, daſs dem Helden durch die Schärfe des feindlichen Messers eine Haarlocke abgeschnitten wurde. Der Wurf wurde durch keine
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Fig. 233.
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Fig. 234.
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Fig. 235.
Schutzwaffe, sondern nur durch den Sprung gemieden. Tacitus schildert den Schwert- tanz der germanischen Jünglinge, bei dem sie zwischen den in die Luft geworfenen Messern und Schwertern sich hin und her bewegten 1).
Die zweite Art der Saxen bildete den Übergang zu dem schweren Hauschwert mit breitem Rücken, es ist der Langsax, der länger als die erste Art, aber schmaler als die zweite Art ist, bei einer Breite von 3½ bis 4 cm gewöhnlich 40 bis 60 cm lang ist (Fig. 236). Franken und Friesen machen bei ihren Rechtsbestimmungen einen Unter- schied zwischen dem Scramasax und dem Langsax, auch muſs er von den nord- deutschen Stämmen geführt worden sein, da er noch in den zur Zeit Karls des Groſsen abgefaſsten friesischen Gesetzen vorkommt. Das Tragen dieses Messers war in Friedenszeiten verboten, es galt als Kriegs-Mordwaffe, und eine Tötung mit dem Langsax hatte doppelte Buſse und den Verlust der rechten Hand zur Folge. Diese Form des Sax hat sich erhalten in den Waidmessern und Hirschfängern.
Die dritte, gröſste und interessanteste Form des Sax ist der Scra- masax, das einschneidige, schwere Kurzschwert (Fig. 237). Es hat bei 4 bis 6½ cm Breite eine Länge von 44 bis 76 cm. Der Rücken der Klinge ist 6 bis 10, ja bis 12 cm breit, was der Waffe eine groſse Wucht geben muſste. Der Scramasax findet sich sehr häufig in den Gräbern der Burgunden, Alamannen und Franken, dagegen auffallenderweise nur selten in den Gräbern der Angelsachsen, die doch von der Waffe ihren Namen haben sollten.
„Scramasaxus“ ist das fränkische Wort, welches Gregor von Tours und die Chronik der Frankenkönige zwar nur an wenigen, aber sprechenden Stellen als die Benennung des „culter validus ferreus“ aufbewahrt haben. In dem Gesetz der Westgoten heiſst sie einfach scrama, in dem der Burgundionen semispatha, in der Lex salica wird sie cultellus genannt.
1) Tac. Germ. XXIV inter gladios se atque infestas frameas saltu jaciunt.
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[711/0733]
Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Es erinnert an das Tomahawkwerfen der Indianer. Wiederholt wird er-
wähnt, daſs dem Helden durch die Schärfe des feindlichen Messers
eine Haarlocke abgeschnitten wurde. Der Wurf wurde durch keine
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Schutzwaffe, sondern nur durch den Sprung
gemieden. Tacitus schildert den Schwert-
tanz der germanischen Jünglinge, bei dem
sie zwischen den in die Luft geworfenen
Messern und Schwertern sich hin und her
bewegten 1).
Die zweite Art der Saxen bildete den
Übergang zu dem schweren Hauschwert mit
breitem Rücken, es ist der Langsax, der
länger als die erste Art, aber schmaler als
die zweite Art ist, bei einer Breite von
3½ bis 4 cm gewöhnlich 40 bis 60 cm lang
ist (Fig. 236). Franken und Friesen machen
bei ihren Rechtsbestimmungen einen Unter-
schied zwischen dem Scramasax und dem
Langsax, auch muſs er von den nord-
deutschen Stämmen geführt worden sein, da er noch in den zur Zeit
Karls des Groſsen abgefaſsten friesischen Gesetzen vorkommt. Das
Tragen dieses Messers war in Friedenszeiten verboten, es galt als
Kriegs-Mordwaffe, und eine Tötung mit dem Langsax hatte doppelte
Buſse und den Verlust der rechten Hand zur Folge. Diese Form des
Sax hat sich erhalten in den Waidmessern und Hirschfängern.
Die dritte, gröſste und interessanteste Form des Sax ist der Scra-
masax, das einschneidige, schwere Kurzschwert (Fig. 237). Es hat bei
4 bis 6½ cm Breite eine Länge von 44 bis 76 cm. Der Rücken der
Klinge ist 6 bis 10, ja bis 12 cm breit, was der Waffe eine groſse Wucht
geben muſste. Der Scramasax findet sich sehr häufig in den Gräbern
der Burgunden, Alamannen und Franken, dagegen auffallenderweise
nur selten in den Gräbern der Angelsachsen, die doch von der
Waffe ihren Namen haben sollten.
„Scramasaxus“ ist das fränkische Wort, welches Gregor von
Tours und die Chronik der Frankenkönige zwar nur an wenigen, aber
sprechenden Stellen als die Benennung des „culter validus ferreus“
aufbewahrt haben. In dem Gesetz der Westgoten heiſst sie einfach
scrama, in dem der Burgundionen semispatha, in der Lex salica wird
sie cultellus genannt.
1) Tac. Germ. XXIV inter gladios se atque infestas frameas saltu jaciunt.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 711. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/733>, abgerufen am 22.11.2024.
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