Eisen, welches die Alten kannten, war fast ausschliesslich ein schlechtes Schmiedeisen. Wir haben schon erwähnt, dass sie die Kunst des Eisengusses nicht verstanden, dass dies eine verhältnismässig moderne Erfindung ist, die dem fünfzehnten Jahrhundert angehört. Der Stahl war zwar den Alten nicht unbekannt: Inder, Chalyber, Noriker und Hispanier verstanden es, Stahl herzustellen. Guter Stahl war aber selten und kostbar und wurde seine Darstellung als Geheimnis behan- delt. Das gemeinhin verwendete Eisen war das in oben beschriebener Weise reduzierte, schmiedbare Produkt, welches erst durch wiederholtes Glühen und Umschmieden ein brauchbares Schmiedeisen wurde.
Anders dagegen verhielt es sich mit dem Kupfer und dem Erz. Was zunächst das Kupfer anlangt, so hat es, abgesehen von seiner an das Gold erinnernden Farbe, vor dem Eisen die Vorzüge, dass es weniger rasch rostet als das Eisen und dass es weicher ist, infolge- dessen es sich leichter bearbeiten lässt. Namentlich lässt es sich kalt viel besser schmieden und treiben, und das war bei den unvollkommenen Heizvorrichtungen und Maschinen ein grosser Vorzug für seine Ver- wendung in alter Zeit. Infolgedessen liess es sich zu manigfaltigeren Zwecken verwenden, und wurde zu Dingen verarbeitet, wozu wir, die wir bei unseren vollkommenen Vorrichtungen nicht mehr danach zu fragen brauchen, ob das Metall sich besser kalt oder heiss verarbeiten lässt, unbedingt Eisen nehmen. Denn darin ist man viel zu weit gegan- gen, wenn man behauptet hat, die Alten hätten aus ihrem Kupfer ebenso gute Werkzeuge zu machen verstanden, wie wir aus Stahl, ihre Bronzeschwerter hätten sich mit den Stahlschwertern messen können oder sie hätten aus Kupfer Steinmeissel hergestellt, mit denen sie die härtesten Steine bearbeiten konnten. Man spricht in bezug hierauf von "einer verloren gegangenen Kunst", welche die Alten gehabt hätten, das Kupfer nach Belieben zu härten, und hat sich in mancherlei Hypo- thesen ergangen, worin diese Kunst bestanden hätte. Die Mittel, welche die Alten zur Härtung des Kupfers anwendeten, waren schwerlich andere als die wir auch kennen. Durch Hämmern kann man dem Kupfer, wie allen anderen Metallen eine dichtere und härtere Ober- fläche geben. Die Härte, die man aber durch dieses Mittel erreicht, ist nicht gross, durchaus nicht genügend, um z. B. Meissel herzustellen, wie sie die Ägypter verwendeten, hart genug, um quarzhaltige Silikat- gesteine damit zu bearbeiten. Man hat von chemischen Härtemitteln, z. B. Zusatz von Arsenik gesprochen, doch sind absichtliche Zusätze dieser Art nicht erwiesen und wenig wahrscheinlich. Wohl aber ist es möglich, dass man zufälliger Weise solche Legierungen erhielt, dass
Einleitung.
Eisen, welches die Alten kannten, war fast ausschlieſslich ein schlechtes Schmiedeisen. Wir haben schon erwähnt, daſs sie die Kunst des Eisengusses nicht verstanden, daſs dies eine verhältnismäſsig moderne Erfindung ist, die dem fünfzehnten Jahrhundert angehört. Der Stahl war zwar den Alten nicht unbekannt: Inder, Chalyber, Noriker und Hispanier verstanden es, Stahl herzustellen. Guter Stahl war aber selten und kostbar und wurde seine Darstellung als Geheimnis behan- delt. Das gemeinhin verwendete Eisen war das in oben beschriebener Weise reduzierte, schmiedbare Produkt, welches erst durch wiederholtes Glühen und Umschmieden ein brauchbares Schmiedeisen wurde.
Anders dagegen verhielt es sich mit dem Kupfer und dem Erz. Was zunächst das Kupfer anlangt, so hat es, abgesehen von seiner an das Gold erinnernden Farbe, vor dem Eisen die Vorzüge, daſs es weniger rasch rostet als das Eisen und daſs es weicher ist, infolge- dessen es sich leichter bearbeiten läſst. Namentlich läſst es sich kalt viel besser schmieden und treiben, und das war bei den unvollkommenen Heizvorrichtungen und Maschinen ein groſser Vorzug für seine Ver- wendung in alter Zeit. Infolgedessen lieſs es sich zu manigfaltigeren Zwecken verwenden, und wurde zu Dingen verarbeitet, wozu wir, die wir bei unseren vollkommenen Vorrichtungen nicht mehr danach zu fragen brauchen, ob das Metall sich besser kalt oder heiſs verarbeiten läſst, unbedingt Eisen nehmen. Denn darin ist man viel zu weit gegan- gen, wenn man behauptet hat, die Alten hätten aus ihrem Kupfer ebenso gute Werkzeuge zu machen verstanden, wie wir aus Stahl, ihre Bronzeschwerter hätten sich mit den Stahlschwertern messen können oder sie hätten aus Kupfer Steinmeiſsel hergestellt, mit denen sie die härtesten Steine bearbeiten konnten. Man spricht in bezug hierauf von „einer verloren gegangenen Kunst“, welche die Alten gehabt hätten, das Kupfer nach Belieben zu härten, und hat sich in mancherlei Hypo- thesen ergangen, worin diese Kunst bestanden hätte. Die Mittel, welche die Alten zur Härtung des Kupfers anwendeten, waren schwerlich andere als die wir auch kennen. Durch Hämmern kann man dem Kupfer, wie allen anderen Metallen eine dichtere und härtere Ober- fläche geben. Die Härte, die man aber durch dieses Mittel erreicht, ist nicht groſs, durchaus nicht genügend, um z. B. Meiſsel herzustellen, wie sie die Ägypter verwendeten, hart genug, um quarzhaltige Silikat- gesteine damit zu bearbeiten. Man hat von chemischen Härtemitteln, z. B. Zusatz von Arsenik gesprochen, doch sind absichtliche Zusätze dieser Art nicht erwiesen und wenig wahrscheinlich. Wohl aber ist es möglich, daſs man zufälliger Weise solche Legierungen erhielt, daſs
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[46/0068]
Einleitung.
Eisen, welches die Alten kannten, war fast ausschlieſslich ein schlechtes
Schmiedeisen. Wir haben schon erwähnt, daſs sie die Kunst des
Eisengusses nicht verstanden, daſs dies eine verhältnismäſsig moderne
Erfindung ist, die dem fünfzehnten Jahrhundert angehört. Der Stahl
war zwar den Alten nicht unbekannt: Inder, Chalyber, Noriker und
Hispanier verstanden es, Stahl herzustellen. Guter Stahl war aber
selten und kostbar und wurde seine Darstellung als Geheimnis behan-
delt. Das gemeinhin verwendete Eisen war das in oben beschriebener
Weise reduzierte, schmiedbare Produkt, welches erst durch wiederholtes
Glühen und Umschmieden ein brauchbares Schmiedeisen wurde.
Anders dagegen verhielt es sich mit dem Kupfer und dem Erz.
Was zunächst das Kupfer anlangt, so hat es, abgesehen von seiner an
das Gold erinnernden Farbe, vor dem Eisen die Vorzüge, daſs es
weniger rasch rostet als das Eisen und daſs es weicher ist, infolge-
dessen es sich leichter bearbeiten läſst. Namentlich läſst es sich kalt
viel besser schmieden und treiben, und das war bei den unvollkommenen
Heizvorrichtungen und Maschinen ein groſser Vorzug für seine Ver-
wendung in alter Zeit. Infolgedessen lieſs es sich zu manigfaltigeren
Zwecken verwenden, und wurde zu Dingen verarbeitet, wozu wir, die
wir bei unseren vollkommenen Vorrichtungen nicht mehr danach zu
fragen brauchen, ob das Metall sich besser kalt oder heiſs verarbeiten
läſst, unbedingt Eisen nehmen. Denn darin ist man viel zu weit gegan-
gen, wenn man behauptet hat, die Alten hätten aus ihrem Kupfer ebenso
gute Werkzeuge zu machen verstanden, wie wir aus Stahl, ihre
Bronzeschwerter hätten sich mit den Stahlschwertern messen können
oder sie hätten aus Kupfer Steinmeiſsel hergestellt, mit denen sie
die härtesten Steine bearbeiten konnten. Man spricht in bezug hierauf
von „einer verloren gegangenen Kunst“, welche die Alten gehabt hätten,
das Kupfer nach Belieben zu härten, und hat sich in mancherlei Hypo-
thesen ergangen, worin diese Kunst bestanden hätte. Die Mittel, welche
die Alten zur Härtung des Kupfers anwendeten, waren schwerlich
andere als die wir auch kennen. Durch Hämmern kann man dem
Kupfer, wie allen anderen Metallen eine dichtere und härtere Ober-
fläche geben. Die Härte, die man aber durch dieses Mittel erreicht,
ist nicht groſs, durchaus nicht genügend, um z. B. Meiſsel herzustellen,
wie sie die Ägypter verwendeten, hart genug, um quarzhaltige Silikat-
gesteine damit zu bearbeiten. Man hat von chemischen Härtemitteln,
z. B. Zusatz von Arsenik gesprochen, doch sind absichtliche Zusätze
dieser Art nicht erwiesen und wenig wahrscheinlich. Wohl aber ist
es möglich, daſs man zufälliger Weise solche Legierungen erhielt, daſs
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/68>, abgerufen am 23.11.2024.
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