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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung zum Mittelalter.
standen haben und doch reicht das Alter dieser Gräber über die Zeit
der römischen Invasion hinaus.

Das herrlich gelegene Hallstadt, geschützt auf der einen Seite
durch den tiefgrünen See, andererseits durch den gewaltig aufsteigenden
Bergstock des Dachstein, bildet nicht nur eine der reizendsten, son-
dern auch der geschütztesten Lagen Österreichs. Diese geschützte Lage
einerseits, das Vorkommen reicher Salzlager andererseits führte zur
Gründung des Städtchens. Dem Salz verdankt Hallstadt, d. h. Salz-
stadt, seinen Namen, das Salz war die Quelle seines Wohlstandes, der
in jener fernen Zeit, aus der das Totenfeld herrührt, weit grösser ge-
wesen sein muss, als in den letzten Jahrhunderten. Die geschicht-
lichen Überlieferungen über den Hallstädter Salzbergbau gehen nur
bis zum Jahre 1311 zurück, es unterliegt aber keinem Zweifel, dass lange
vor dieser Zeit schon die heidnischen Bewohner Salz durch regelrechten
Bergbau gewannen. Am Wege von Hallstadt nach den Salzbergwerken,
nahe da, wo 16 Stollen übereinander in die Bergwand des Plassen ge-
trieben sind, um die Salzsohle zu lösen, liegt eine freundliche Wiese
von einem Buchwald umsäumt. Dies ist das Totenfeld des Volkes,
welches hier vor etwa zwei Jahrtausenden im Frieden und Wohlstand
lebte. Die Arten der Bestattung waren mannigfach, wir verweisen in
dieser Beziehung auf die oben angeführte interessante Schrift. Die
Totenbeigaben waren reichlich und abwechslungsvoll. Von Waffen
fanden sich Schwerter, Dolche, Lanzen, Pfeile, Äxte, Helme und
Schildbuckel; von Geräten: Messer, Feilen, Ambosse, Zangen, Fisch-
angeln, Nähnadeln, Pfriemen, Nägel und Wetzsteine, selbstverständlich
waren Schmuckgegenstände entsprechend vertreten.

Von den Schwertern waren die meisten Langschwerter mit Klingen
von 2 bis 3 Fuss Länge. Hiervon fand man 28. Von diesen waren 19
ganz aus Eisen, 6 aus Bronze 1), während die übrigen Eisenklingen und
Bronzegriffe hatten. Die Form der Klingen ist im allgemeinen die
schilfblattförmige, dabei laufen die meisten Klingen nicht allmählich zu
einer Spitze zu, sondern winkelig, ähnlich den römischen Schwertern
(Fig. 198 b). Alle Klingen sind zweischneidig und haben einen Grad
in der Mitte. Der Griff ist länger wie bei den Bronzeschwertern, 3 bis
31/2 Zoll, oben mit einem Knauf. Fig. 198 a zeigt eins der schönsten
Eisenschwerter dieser Art mit verziertem, mit Bernstein eingelegtem
Elfenbeinknauf. Die Klinge ist 3 Fuss lang, 1 Zoll 9 Linien durch-
schnittlich breit und ist der ganzen Länge nach mit drei feinen Rippen

1) Die Bronzeschwerter zeigen auch hier die charakteristischen kleinen
Handgriffe.

Einleitung zum Mittelalter.
standen haben und doch reicht das Alter dieser Gräber über die Zeit
der römischen Invasion hinaus.

Das herrlich gelegene Hallstadt, geschützt auf der einen Seite
durch den tiefgrünen See, andererseits durch den gewaltig aufsteigenden
Bergstock des Dachstein, bildet nicht nur eine der reizendsten, son-
dern auch der geschütztesten Lagen Österreichs. Diese geschützte Lage
einerseits, das Vorkommen reicher Salzlager andererseits führte zur
Gründung des Städtchens. Dem Salz verdankt Hallstadt, d. h. Salz-
stadt, seinen Namen, das Salz war die Quelle seines Wohlstandes, der
in jener fernen Zeit, aus der das Totenfeld herrührt, weit gröſser ge-
wesen sein muſs, als in den letzten Jahrhunderten. Die geschicht-
lichen Überlieferungen über den Hallstädter Salzbergbau gehen nur
bis zum Jahre 1311 zurück, es unterliegt aber keinem Zweifel, daſs lange
vor dieser Zeit schon die heidnischen Bewohner Salz durch regelrechten
Bergbau gewannen. Am Wege von Hallstadt nach den Salzbergwerken,
nahe da, wo 16 Stollen übereinander in die Bergwand des Plassen ge-
trieben sind, um die Salzsohle zu lösen, liegt eine freundliche Wiese
von einem Buchwald umsäumt. Dies ist das Totenfeld des Volkes,
welches hier vor etwa zwei Jahrtausenden im Frieden und Wohlstand
lebte. Die Arten der Bestattung waren mannigfach, wir verweisen in
dieser Beziehung auf die oben angeführte interessante Schrift. Die
Totenbeigaben waren reichlich und abwechslungsvoll. Von Waffen
fanden sich Schwerter, Dolche, Lanzen, Pfeile, Äxte, Helme und
Schildbuckel; von Geräten: Messer, Feilen, Amboſse, Zangen, Fisch-
angeln, Nähnadeln, Pfriemen, Nägel und Wetzsteine, selbstverständlich
waren Schmuckgegenstände entsprechend vertreten.

Von den Schwertern waren die meisten Langschwerter mit Klingen
von 2 bis 3 Fuſs Länge. Hiervon fand man 28. Von diesen waren 19
ganz aus Eisen, 6 aus Bronze 1), während die übrigen Eisenklingen und
Bronzegriffe hatten. Die Form der Klingen ist im allgemeinen die
schilfblattförmige, dabei laufen die meisten Klingen nicht allmählich zu
einer Spitze zu, sondern winkelig, ähnlich den römischen Schwertern
(Fig. 198 b). Alle Klingen sind zweischneidig und haben einen Grad
in der Mitte. Der Griff ist länger wie bei den Bronzeschwertern, 3 bis
3½ Zoll, oben mit einem Knauf. Fig. 198 a zeigt eins der schönsten
Eisenschwerter dieser Art mit verziertem, mit Bernstein eingelegtem
Elfenbeinknauf. Die Klinge ist 3 Fuſs lang, 1 Zoll 9 Linien durch-
schnittlich breit und ist der ganzen Länge nach mit drei feinen Rippen

1) Die Bronzeschwerter zeigen auch hier die charakteristischen kleinen
Handgriffe.
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[623/0645] Einleitung zum Mittelalter. standen haben und doch reicht das Alter dieser Gräber über die Zeit der römischen Invasion hinaus. Das herrlich gelegene Hallstadt, geschützt auf der einen Seite durch den tiefgrünen See, andererseits durch den gewaltig aufsteigenden Bergstock des Dachstein, bildet nicht nur eine der reizendsten, son- dern auch der geschütztesten Lagen Österreichs. Diese geschützte Lage einerseits, das Vorkommen reicher Salzlager andererseits führte zur Gründung des Städtchens. Dem Salz verdankt Hallstadt, d. h. Salz- stadt, seinen Namen, das Salz war die Quelle seines Wohlstandes, der in jener fernen Zeit, aus der das Totenfeld herrührt, weit gröſser ge- wesen sein muſs, als in den letzten Jahrhunderten. Die geschicht- lichen Überlieferungen über den Hallstädter Salzbergbau gehen nur bis zum Jahre 1311 zurück, es unterliegt aber keinem Zweifel, daſs lange vor dieser Zeit schon die heidnischen Bewohner Salz durch regelrechten Bergbau gewannen. Am Wege von Hallstadt nach den Salzbergwerken, nahe da, wo 16 Stollen übereinander in die Bergwand des Plassen ge- trieben sind, um die Salzsohle zu lösen, liegt eine freundliche Wiese von einem Buchwald umsäumt. Dies ist das Totenfeld des Volkes, welches hier vor etwa zwei Jahrtausenden im Frieden und Wohlstand lebte. Die Arten der Bestattung waren mannigfach, wir verweisen in dieser Beziehung auf die oben angeführte interessante Schrift. Die Totenbeigaben waren reichlich und abwechslungsvoll. Von Waffen fanden sich Schwerter, Dolche, Lanzen, Pfeile, Äxte, Helme und Schildbuckel; von Geräten: Messer, Feilen, Amboſse, Zangen, Fisch- angeln, Nähnadeln, Pfriemen, Nägel und Wetzsteine, selbstverständlich waren Schmuckgegenstände entsprechend vertreten. Von den Schwertern waren die meisten Langschwerter mit Klingen von 2 bis 3 Fuſs Länge. Hiervon fand man 28. Von diesen waren 19 ganz aus Eisen, 6 aus Bronze 1), während die übrigen Eisenklingen und Bronzegriffe hatten. Die Form der Klingen ist im allgemeinen die schilfblattförmige, dabei laufen die meisten Klingen nicht allmählich zu einer Spitze zu, sondern winkelig, ähnlich den römischen Schwertern (Fig. 198 b). Alle Klingen sind zweischneidig und haben einen Grad in der Mitte. Der Griff ist länger wie bei den Bronzeschwertern, 3 bis 3½ Zoll, oben mit einem Knauf. Fig. 198 a zeigt eins der schönsten Eisenschwerter dieser Art mit verziertem, mit Bernstein eingelegtem Elfenbeinknauf. Die Klinge ist 3 Fuſs lang, 1 Zoll 9 Linien durch- schnittlich breit und ist der ganzen Länge nach mit drei feinen Rippen 1) Die Bronzeschwerter zeigen auch hier die charakteristischen kleinen Handgriffe.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/645>, abgerufen am 16.06.2024.