Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung zum Mittelalter.
konnte, dann die Geräte und Werkzeuge eines hausierenden Eisen-
schmiedes; erwähnenswert ist auch ein Zuschlaghammer und ein
Nageleisen.

Aus diesen interessanten Mitteilungen ergeben sich die unzweifel-
haftesten Thatsachen, dass es bereits in uralter Zeit einheimische Eisen-
gewinnung in der Schweiz gab, deren Alter bis in die Steinzeit hinauf-
reicht; dass diese Eisenwerke schon vor der Zeit der römischen
Herrschaft, zur Zeit der Pfahlbauansiedelungen, in schwunghaftem
Betriebe standen. Hieraus folgt weiter, dass das Eisen den Bewohnern
der Schweiz schon weit früher bekannt war, als von den Anhängern
der Dreiteilungsperiode angenommen wird, dass das Eisen gleichzeitig
mit der Bronze bekannt war und benutzt wurde und wahrscheinlich
schon vor der Einführung der Bronze durch fremde Händler von den
Eingeborenen gewonnen wurde. Allerdings scheint auch hier die
Bronze die Verwendung des Eisens während einer längeren Periode
beschränkt und zurückgedrängt zu haben.

Wir haben schon oben erwähnt, dass die Pfahlbauten sich durch-
aus nicht auf die Schweiz beschränken, dass sie sich bis Mittelitalien
einerseits, bis an die Ostsee und nach Irland andererseits erstrecken.
Wir können unmöglich hier diese Fundstätten im Einzelnen beschreiben
und es genügt zu konstatieren, dass im allgemeinen die Verhältnisse
denen in der Schweiz analog waren.

Die Pfahlbauten sind durchaus nicht die einzigen Fundstätten von
Eisen aus prähistorischer Zeit in der Schweiz und in Mitteleuropa.
Es sind grossartige Funde von Eisengeräten durch Ausgrabungen im
festen Boden gemacht worden, die der prähistorischen Zeit angehören,
bis zur Periode der Pfahlbauten zurückreichen und Licht verbreiten über
die Technik sowohl, als über die Herkunft der schönen Eisenwaffen in
den Pfahlbauansiedelungen.

Die interessanteste Fundstelle dieser Art ist das Grabfeld von
Hallstadt
in Oberösterreich 1). Dieses ausgedehnte Totenfeld wurde
von der österreichischen Regierung von 1847 bis 1864 unter der um-
sichtigen Leitung des Bergmeisters Georg Ramsauer systematisch auf-
gedeckt und bildet einen der grossartigsten Funde, die im nördlichen
Europa gemacht worden sind. Die Zahl der Gräber, die aufgedeckt
wurden, beträgt 993 und die Zahl der Fundstücke 6084. Nirgends hat
man eine solche Mischung von Bronze- und Eisengeräten gefunden.
Die Kunst der Verarbeitung beider Metalle muss auf hoher Stufe ge-

1) Dr. von Sacken, Das Grabfeld von Hallstadt. Wien 1868.

Einleitung zum Mittelalter.
konnte, dann die Geräte und Werkzeuge eines hausierenden Eisen-
schmiedes; erwähnenswert ist auch ein Zuschlaghammer und ein
Nageleisen.

Aus diesen interessanten Mitteilungen ergeben sich die unzweifel-
haftesten Thatsachen, daſs es bereits in uralter Zeit einheimische Eisen-
gewinnung in der Schweiz gab, deren Alter bis in die Steinzeit hinauf-
reicht; daſs diese Eisenwerke schon vor der Zeit der römischen
Herrschaft, zur Zeit der Pfahlbauansiedelungen, in schwunghaftem
Betriebe standen. Hieraus folgt weiter, daſs das Eisen den Bewohnern
der Schweiz schon weit früher bekannt war, als von den Anhängern
der Dreiteilungsperiode angenommen wird, daſs das Eisen gleichzeitig
mit der Bronze bekannt war und benutzt wurde und wahrscheinlich
schon vor der Einführung der Bronze durch fremde Händler von den
Eingeborenen gewonnen wurde. Allerdings scheint auch hier die
Bronze die Verwendung des Eisens während einer längeren Periode
beschränkt und zurückgedrängt zu haben.

Wir haben schon oben erwähnt, daſs die Pfahlbauten sich durch-
aus nicht auf die Schweiz beschränken, daſs sie sich bis Mittelitalien
einerseits, bis an die Ostsee und nach Irland andererseits erstrecken.
Wir können unmöglich hier diese Fundstätten im Einzelnen beschreiben
und es genügt zu konstatieren, daſs im allgemeinen die Verhältnisse
denen in der Schweiz analog waren.

Die Pfahlbauten sind durchaus nicht die einzigen Fundstätten von
Eisen aus prähistorischer Zeit in der Schweiz und in Mitteleuropa.
Es sind groſsartige Funde von Eisengeräten durch Ausgrabungen im
festen Boden gemacht worden, die der prähistorischen Zeit angehören,
bis zur Periode der Pfahlbauten zurückreichen und Licht verbreiten über
die Technik sowohl, als über die Herkunft der schönen Eisenwaffen in
den Pfahlbauansiedelungen.

Die interessanteste Fundstelle dieser Art ist das Grabfeld von
Hallstadt
in Oberösterreich 1). Dieses ausgedehnte Totenfeld wurde
von der österreichischen Regierung von 1847 bis 1864 unter der um-
sichtigen Leitung des Bergmeisters Georg Ramsauer systematisch auf-
gedeckt und bildet einen der groſsartigsten Funde, die im nördlichen
Europa gemacht worden sind. Die Zahl der Gräber, die aufgedeckt
wurden, beträgt 993 und die Zahl der Fundstücke 6084. Nirgends hat
man eine solche Mischung von Bronze- und Eisengeräten gefunden.
Die Kunst der Verarbeitung beider Metalle muſs auf hoher Stufe ge-

1) Dr. von Sacken, Das Grabfeld von Hallstadt. Wien 1868.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0644" n="622"/><fw place="top" type="header">Einleitung zum Mittelalter.</fw><lb/>
konnte, dann die Geräte und Werkzeuge eines hausierenden Eisen-<lb/>
schmiedes; erwähnenswert ist auch ein Zuschlaghammer und ein<lb/>
Nageleisen.</p><lb/>
          <p>Aus diesen interessanten Mitteilungen ergeben sich die unzweifel-<lb/>
haftesten Thatsachen, da&#x017F;s es bereits in uralter Zeit einheimische Eisen-<lb/>
gewinnung in der Schweiz gab, deren Alter bis in die Steinzeit hinauf-<lb/>
reicht; da&#x017F;s diese Eisenwerke schon vor der Zeit der römischen<lb/>
Herrschaft, zur Zeit der Pfahlbauansiedelungen, in schwunghaftem<lb/>
Betriebe standen. Hieraus folgt weiter, da&#x017F;s das Eisen den Bewohnern<lb/>
der Schweiz schon weit früher bekannt war, als von den Anhängern<lb/>
der Dreiteilungsperiode angenommen wird, da&#x017F;s das Eisen gleichzeitig<lb/>
mit der Bronze bekannt war und benutzt wurde und wahrscheinlich<lb/>
schon vor der Einführung der Bronze durch fremde Händler von den<lb/>
Eingeborenen gewonnen wurde. Allerdings scheint auch hier die<lb/>
Bronze die Verwendung des Eisens während einer längeren Periode<lb/>
beschränkt und zurückgedrängt zu haben.</p><lb/>
          <p>Wir haben schon oben erwähnt, da&#x017F;s die Pfahlbauten sich durch-<lb/>
aus nicht auf die Schweiz beschränken, da&#x017F;s sie sich bis Mittelitalien<lb/>
einerseits, bis an die Ostsee und nach Irland andererseits erstrecken.<lb/>
Wir können unmöglich hier diese Fundstätten im Einzelnen beschreiben<lb/>
und es genügt zu konstatieren, da&#x017F;s im allgemeinen die Verhältnisse<lb/>
denen in der Schweiz analog waren.</p><lb/>
          <p>Die Pfahlbauten sind durchaus nicht die einzigen Fundstätten von<lb/>
Eisen aus prähistorischer Zeit in der Schweiz und in Mitteleuropa.<lb/>
Es sind gro&#x017F;sartige Funde von Eisengeräten durch Ausgrabungen im<lb/>
festen Boden gemacht worden, die der prähistorischen Zeit angehören,<lb/>
bis zur Periode der Pfahlbauten zurückreichen und Licht verbreiten über<lb/>
die Technik sowohl, als über die Herkunft der schönen Eisenwaffen in<lb/>
den Pfahlbauansiedelungen.</p><lb/>
          <p>Die interessanteste Fundstelle dieser Art ist das <hi rendition="#g">Grabfeld von<lb/>
Hallstadt</hi> in Oberösterreich <note place="foot" n="1)">Dr. von Sacken, Das Grabfeld von Hallstadt. Wien 1868.</note>. Dieses ausgedehnte Totenfeld wurde<lb/>
von der österreichischen Regierung von 1847 bis 1864 unter der um-<lb/>
sichtigen Leitung des Bergmeisters Georg Ramsauer systematisch auf-<lb/>
gedeckt und bildet einen der gro&#x017F;sartigsten Funde, die im nördlichen<lb/>
Europa gemacht worden sind. Die Zahl der Gräber, die aufgedeckt<lb/>
wurden, beträgt 993 und die Zahl der Fundstücke 6084. Nirgends hat<lb/>
man eine solche Mischung von Bronze- und Eisengeräten gefunden.<lb/>
Die Kunst der Verarbeitung beider Metalle mu&#x017F;s auf hoher Stufe ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[622/0644] Einleitung zum Mittelalter. konnte, dann die Geräte und Werkzeuge eines hausierenden Eisen- schmiedes; erwähnenswert ist auch ein Zuschlaghammer und ein Nageleisen. Aus diesen interessanten Mitteilungen ergeben sich die unzweifel- haftesten Thatsachen, daſs es bereits in uralter Zeit einheimische Eisen- gewinnung in der Schweiz gab, deren Alter bis in die Steinzeit hinauf- reicht; daſs diese Eisenwerke schon vor der Zeit der römischen Herrschaft, zur Zeit der Pfahlbauansiedelungen, in schwunghaftem Betriebe standen. Hieraus folgt weiter, daſs das Eisen den Bewohnern der Schweiz schon weit früher bekannt war, als von den Anhängern der Dreiteilungsperiode angenommen wird, daſs das Eisen gleichzeitig mit der Bronze bekannt war und benutzt wurde und wahrscheinlich schon vor der Einführung der Bronze durch fremde Händler von den Eingeborenen gewonnen wurde. Allerdings scheint auch hier die Bronze die Verwendung des Eisens während einer längeren Periode beschränkt und zurückgedrängt zu haben. Wir haben schon oben erwähnt, daſs die Pfahlbauten sich durch- aus nicht auf die Schweiz beschränken, daſs sie sich bis Mittelitalien einerseits, bis an die Ostsee und nach Irland andererseits erstrecken. Wir können unmöglich hier diese Fundstätten im Einzelnen beschreiben und es genügt zu konstatieren, daſs im allgemeinen die Verhältnisse denen in der Schweiz analog waren. Die Pfahlbauten sind durchaus nicht die einzigen Fundstätten von Eisen aus prähistorischer Zeit in der Schweiz und in Mitteleuropa. Es sind groſsartige Funde von Eisengeräten durch Ausgrabungen im festen Boden gemacht worden, die der prähistorischen Zeit angehören, bis zur Periode der Pfahlbauten zurückreichen und Licht verbreiten über die Technik sowohl, als über die Herkunft der schönen Eisenwaffen in den Pfahlbauansiedelungen. Die interessanteste Fundstelle dieser Art ist das Grabfeld von Hallstadt in Oberösterreich 1). Dieses ausgedehnte Totenfeld wurde von der österreichischen Regierung von 1847 bis 1864 unter der um- sichtigen Leitung des Bergmeisters Georg Ramsauer systematisch auf- gedeckt und bildet einen der groſsartigsten Funde, die im nördlichen Europa gemacht worden sind. Die Zahl der Gräber, die aufgedeckt wurden, beträgt 993 und die Zahl der Fundstücke 6084. Nirgends hat man eine solche Mischung von Bronze- und Eisengeräten gefunden. Die Kunst der Verarbeitung beider Metalle muſs auf hoher Stufe ge- 1) Dr. von Sacken, Das Grabfeld von Hallstadt. Wien 1868.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/644
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/644>, abgerufen am 16.06.2024.