Fragen wir nun nach dem Alter der Eisenschmelzöfen am Drei- mühlenborn, so haben die Ausgrabungen leider Nichts ergeben, was zu einem unmittelbaren Schluss führt. Weder Münzen noch Schmuck- sachen sind aufgefunden worden, und die zu Tage geförderten Thon- scherben sind auch nicht der Art, dass sie eine genügende Aufklärung verschaffen. Es finden sich unter denselben solche, welche in der Masse, roter Ziegelthon, in der geringen Härte und in den Formresten den Gefässen und Krüglein gleichen, welche in grosser Menge in der Salburg und in den dortigen Römergräbern gefunden worden sind, doch fehlen die Terrasigillatagefässe der besser situierten Römer. Es finden sich aber auch solche Bruchstücke, welche entschieden nicht mehr der römischen, sondern der fränkischen oder einer noch späteren Technik angehören: grauschwarze Masse, hart wie Kruggeschirr, beim
[Abbildung]
Fig. 109.
Aufdrehen gereifelte und an der Mündung scharf profilierte Topfreste. Wir sind daher durch die Töpfereien nicht entschieden auf die Gleichzeitigkeit und den Aufenthalt der Römer, sondern auf einen Fortbetrieb selbst nach der Römerzeit und auf Kombinationen und Schlüsse angewiesen.
Dass der Betrieb einer sehr entfernten Zeit angehörte, geht nicht nur aus der Art desselben hervor, sondern auch aus dem Alter der riesigen Buchen, welche auf den alten Schlackenhalden gewachsen sind. Sach- verständige schätzen dieselben auf mindestens 400 Jahre, und es wird lange gedauert haben, ehe Buchenkeime auf den kahlen Schlacken- halden genügende Nahrung für ihre erste Entwickelung finden konnten. Wenn auch aus verschiedenen Anzeigen hervorgeht, dass der Betrieb der Eisenschmelze am Dreimühlenborn ein vollkommenerer und relativ umfangreicherer war, wie wir ihn bei den wenigsten alten Wald- schmieden und Rennfeuern, die beschrieben sind, wahrnehmen, so ist doch nicht das geringste Anzeichen vorhanden, dass ein komplizierterer Apparat, sei es zur Wiedererzeugung, sei es zum Verschmieden, vor- handen gewesen ist. Es war hier keine der sogenannten Trethütten, bei denen feststehende, verbesserte Bälge mit starkem Holzgerüst durch Treträder oder Zugstangen bewegt, verwendet wurden, wie sie im 14. und 15. Jahrhundert vor der allgemeinen Benutzung der Wasserkraft vielfach in Gebrauch waren. Ebensowenig scheint an Ort und Stelle eine grössere Wohnung oder Werkstätte sich befunden zu haben, ob-
Italien und die Römer.
Fragen wir nun nach dem Alter der Eisenschmelzöfen am Drei- mühlenborn, so haben die Ausgrabungen leider Nichts ergeben, was zu einem unmittelbaren Schluſs führt. Weder Münzen noch Schmuck- sachen sind aufgefunden worden, und die zu Tage geförderten Thon- scherben sind auch nicht der Art, daſs sie eine genügende Aufklärung verschaffen. Es finden sich unter denselben solche, welche in der Masse, roter Ziegelthon, in der geringen Härte und in den Formresten den Gefäſsen und Krüglein gleichen, welche in groſser Menge in der Salburg und in den dortigen Römergräbern gefunden worden sind, doch fehlen die Terrasigillatagefäſse der besser situierten Römer. Es finden sich aber auch solche Bruchstücke, welche entschieden nicht mehr der römischen, sondern der fränkischen oder einer noch späteren Technik angehören: grauschwarze Masse, hart wie Kruggeschirr, beim
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Fig. 109.
Aufdrehen gereifelte und an der Mündung scharf profilierte Topfreste. Wir sind daher durch die Töpfereien nicht entschieden auf die Gleichzeitigkeit und den Aufenthalt der Römer, sondern auf einen Fortbetrieb selbst nach der Römerzeit und auf Kombinationen und Schlüsse angewiesen.
Daſs der Betrieb einer sehr entfernten Zeit angehörte, geht nicht nur aus der Art desſelben hervor, sondern auch aus dem Alter der riesigen Buchen, welche auf den alten Schlackenhalden gewachsen sind. Sach- verständige schätzen dieselben auf mindestens 400 Jahre, und es wird lange gedauert haben, ehe Buchenkeime auf den kahlen Schlacken- halden genügende Nahrung für ihre erste Entwickelung finden konnten. Wenn auch aus verschiedenen Anzeigen hervorgeht, daſs der Betrieb der Eisenschmelze am Dreimühlenborn ein vollkommenerer und relativ umfangreicherer war, wie wir ihn bei den wenigsten alten Wald- schmieden und Rennfeuern, die beschrieben sind, wahrnehmen, so ist doch nicht das geringste Anzeichen vorhanden, daſs ein komplizierterer Apparat, sei es zur Wiedererzeugung, sei es zum Verschmieden, vor- handen gewesen ist. Es war hier keine der sogenannten Trethütten, bei denen feststehende, verbesserte Bälge mit starkem Holzgerüst durch Treträder oder Zugstangen bewegt, verwendet wurden, wie sie im 14. und 15. Jahrhundert vor der allgemeinen Benutzung der Wasserkraft vielfach in Gebrauch waren. Ebensowenig scheint an Ort und Stelle eine gröſsere Wohnung oder Werkstätte sich befunden zu haben, ob-
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Italien und die Römer.
Fragen wir nun nach dem Alter der Eisenschmelzöfen am Drei-
mühlenborn, so haben die Ausgrabungen leider Nichts ergeben, was
zu einem unmittelbaren Schluſs führt. Weder Münzen noch Schmuck-
sachen sind aufgefunden worden, und die zu Tage geförderten Thon-
scherben sind auch nicht der Art, daſs sie eine genügende Aufklärung
verschaffen. Es finden sich unter denselben solche, welche in der
Masse, roter Ziegelthon, in der geringen Härte und in den Formresten
den Gefäſsen und Krüglein gleichen, welche in groſser Menge in der
Salburg und in den dortigen Römergräbern gefunden worden sind,
doch fehlen die Terrasigillatagefäſse der besser situierten Römer. Es
finden sich aber auch solche Bruchstücke, welche entschieden nicht
mehr der römischen, sondern der fränkischen oder einer noch späteren
Technik angehören: grauschwarze Masse, hart wie Kruggeschirr, beim
[Abbildung Fig. 109.]
Aufdrehen gereifelte und an der Mündung
scharf profilierte Topfreste. Wir sind daher
durch die Töpfereien nicht entschieden auf
die Gleichzeitigkeit und den Aufenthalt der
Römer, sondern auf einen Fortbetrieb selbst
nach der Römerzeit und auf Kombinationen
und Schlüsse angewiesen.
Daſs der Betrieb einer sehr entfernten
Zeit angehörte, geht nicht nur aus der Art
desſelben hervor, sondern auch aus dem
Alter der riesigen Buchen, welche auf den
alten Schlackenhalden gewachsen sind. Sach-
verständige schätzen dieselben auf mindestens 400 Jahre, und es
wird lange gedauert haben, ehe Buchenkeime auf den kahlen Schlacken-
halden genügende Nahrung für ihre erste Entwickelung finden konnten.
Wenn auch aus verschiedenen Anzeigen hervorgeht, daſs der Betrieb
der Eisenschmelze am Dreimühlenborn ein vollkommenerer und relativ
umfangreicherer war, wie wir ihn bei den wenigsten alten Wald-
schmieden und Rennfeuern, die beschrieben sind, wahrnehmen, so ist
doch nicht das geringste Anzeichen vorhanden, daſs ein komplizierterer
Apparat, sei es zur Wiedererzeugung, sei es zum Verschmieden, vor-
handen gewesen ist. Es war hier keine der sogenannten Trethütten,
bei denen feststehende, verbesserte Bälge mit starkem Holzgerüst durch
Treträder oder Zugstangen bewegt, verwendet wurden, wie sie im 14.
und 15. Jahrhundert vor der allgemeinen Benutzung der Wasserkraft
vielfach in Gebrauch waren. Ebensowenig scheint an Ort und Stelle
eine gröſsere Wohnung oder Werkstätte sich befunden zu haben, ob-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/549>, abgerufen am 22.11.2024.
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