anders verändert, als dass es sich mit einer schwachen Haut eines Oxyds überzieht. Der Zweck der Massregel lag wohl mehr darin, das Eisen kenntlich zu machen und auch vielleicht es eben durch diese Haut vor allzu rascher Verrostung zu schützen. Ursprünglich gab man dem Eisengelde die Form von Stäben (obeloi), später, als der argi- vische König Pheidon in der achten Olympiade (748 bis 744 v. Chr.) geprägtes Silbergeld einführte, schlug man auch aus dem Eisen rohe Münzen, die glühend ausgeprägt wurden. Die Hauptmünze hiess von ihrer Gestalt und vielleicht auch von ihrer Grösse pelanos, "Opfer- kuchen 1)", sie galt 4 Chalkos = 1/2 Obolos = 1/12 Drachme, offenbar nach äginetischem Fuss, und wog eine äginetische Mine, da nun eine Silbermine 1200 halbe Obolen wert war, so muss der Preis des Silbers zu dem Preise des Eisens wenigstens wie 1200:1 gestanden haben, eine erstaunliche Wohlfeilheit des letzteren, die sich nur aus der grossen Menge des in Peloponnes vorhandenen Eisens und dem hohen Preise des Silbers in damaliger Zeit erklärt.
Xenophon erzählt, dass sich in Sparta ein besonderer Markt für Eisenwaren befand, der stets auf das Beste versehen war. Man kaufte dort lakonischen Stahl, lakonische Schlösser, Schwerter, Helme, Äxte und andere Gerätschaften.
Der lakonische Stahl stand zwar dem chalybischen nach, doch war er der beste und geschätzteste Griechenlands.
Wenn durch das Vorhergehende erwiesen ist, dass die einheimische Eisenindustrie Griechenlands von hohem Alter ist, so alt wie die ältesten historischen Traditionen, so bezogen trotzdem die griechischen Städte schon in allerfrühester Zeit auch Eisen aus dem Auslande. Es war dies teils besonderes Qualitätseisen, wie das chalybische, teils fertige Waren, wie besonders die milesischen. Es lässt sich annehmen, dass die Handelsverbindung Griechenlands mit den erzreichen Gestaden im Südosten des Schwarzen Meeres so alt ist wie die Argonautensage, d. h. dass sie seit dem Zuge der Argonauten immer fortbestanden hat. Der vorzügliche Stahl der Chalyber hat ja den Griechen den unterscheidenden Namen für Stahl gegeben, und wenn das Wort khalups auch bei Homer und Hesiod noch nicht vorkommt, sondern erst bei späteren Schriftstellern erscheint, so verbürgt doch die blosse That- sache, dass der Name eines Volkes zur Bezeichnung eines Metalles werden konnte, die Intensität und das Alter des Bezuges.
Die kleinasiatischen Städte vermittelten vielfach diesen Handel,
1) Otto Müller, Dorer 201 etc.
Griechenland.
anders verändert, als daſs es sich mit einer schwachen Haut eines Oxyds überzieht. Der Zweck der Maſsregel lag wohl mehr darin, das Eisen kenntlich zu machen und auch vielleicht es eben durch diese Haut vor allzu rascher Verrostung zu schützen. Ursprünglich gab man dem Eisengelde die Form von Stäben (ὀβελοί), später, als der argi- vische König Pheidon in der achten Olympiade (748 bis 744 v. Chr.) geprägtes Silbergeld einführte, schlug man auch aus dem Eisen rohe Münzen, die glühend ausgeprägt wurden. Die Hauptmünze hieſs von ihrer Gestalt und vielleicht auch von ihrer Gröſse πέλανος, „Opfer- kuchen 1)“, sie galt 4 Chalkos = ½ Obolos = 1/12 Drachme, offenbar nach äginetischem Fuſs, und wog eine äginetische Mine, da nun eine Silbermine 1200 halbe Obolen wert war, so muſs der Preis des Silbers zu dem Preise des Eisens wenigstens wie 1200:1 gestanden haben, eine erstaunliche Wohlfeilheit des letzteren, die sich nur aus der groſsen Menge des in Peloponnes vorhandenen Eisens und dem hohen Preise des Silbers in damaliger Zeit erklärt.
Xenophon erzählt, daſs sich in Sparta ein besonderer Markt für Eisenwaren befand, der stets auf das Beste versehen war. Man kaufte dort lakonischen Stahl, lakonische Schlösser, Schwerter, Helme, Äxte und andere Gerätschaften.
Der lakonische Stahl stand zwar dem chalybischen nach, doch war er der beste und geschätzteste Griechenlands.
Wenn durch das Vorhergehende erwiesen ist, daſs die einheimische Eisenindustrie Griechenlands von hohem Alter ist, so alt wie die ältesten historischen Traditionen, so bezogen trotzdem die griechischen Städte schon in allerfrühester Zeit auch Eisen aus dem Auslande. Es war dies teils besonderes Qualitätseisen, wie das chalybische, teils fertige Waren, wie besonders die milesischen. Es läſst sich annehmen, daſs die Handelsverbindung Griechenlands mit den erzreichen Gestaden im Südosten des Schwarzen Meeres so alt ist wie die Argonautensage, d. h. daſs sie seit dem Zuge der Argonauten immer fortbestanden hat. Der vorzügliche Stahl der Chalyber hat ja den Griechen den unterscheidenden Namen für Stahl gegeben, und wenn das Wort χάλυψ auch bei Homer und Hesiod noch nicht vorkommt, sondern erst bei späteren Schriftstellern erscheint, so verbürgt doch die bloſse That- sache, daſs der Name eines Volkes zur Bezeichnung eines Metalles werden konnte, die Intensität und das Alter des Bezuges.
Die kleinasiatischen Städte vermittelten vielfach diesen Handel,
1) Otto Müller, Dorer 201 etc.
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anders verändert, als daſs es sich mit einer schwachen Haut eines
Oxyds überzieht. Der Zweck der Maſsregel lag wohl mehr darin, das
Eisen kenntlich zu machen und auch vielleicht es eben durch diese
Haut vor allzu rascher Verrostung zu schützen. Ursprünglich gab man
dem Eisengelde die Form von Stäben (ὀβελοί), später, als der argi-
vische König Pheidon in der achten Olympiade (748 bis 744 v. Chr.)
geprägtes Silbergeld einführte, schlug man auch aus dem Eisen rohe
Münzen, die glühend ausgeprägt wurden. Die Hauptmünze hieſs von
ihrer Gestalt und vielleicht auch von ihrer Gröſse πέλανος, „Opfer-
kuchen 1)“, sie galt 4 Chalkos = ½ Obolos = 1/12 Drachme, offenbar
nach äginetischem Fuſs, und wog eine äginetische Mine, da nun eine
Silbermine 1200 halbe Obolen wert war, so muſs der Preis des Silbers
zu dem Preise des Eisens wenigstens wie 1200:1 gestanden haben,
eine erstaunliche Wohlfeilheit des letzteren, die sich nur aus der groſsen
Menge des in Peloponnes vorhandenen Eisens und dem hohen Preise
des Silbers in damaliger Zeit erklärt.
Xenophon erzählt, daſs sich in Sparta ein besonderer Markt für
Eisenwaren befand, der stets auf das Beste versehen war. Man kaufte
dort lakonischen Stahl, lakonische Schlösser, Schwerter, Helme, Äxte
und andere Gerätschaften.
Der lakonische Stahl stand zwar dem chalybischen nach, doch war
er der beste und geschätzteste Griechenlands.
Wenn durch das Vorhergehende erwiesen ist, daſs die einheimische
Eisenindustrie Griechenlands von hohem Alter ist, so alt wie die
ältesten historischen Traditionen, so bezogen trotzdem die griechischen
Städte schon in allerfrühester Zeit auch Eisen aus dem Auslande. Es
war dies teils besonderes Qualitätseisen, wie das chalybische, teils fertige
Waren, wie besonders die milesischen. Es läſst sich annehmen, daſs
die Handelsverbindung Griechenlands mit den erzreichen Gestaden im
Südosten des Schwarzen Meeres so alt ist wie die Argonautensage,
d. h. daſs sie seit dem Zuge der Argonauten immer fortbestanden
hat. Der vorzügliche Stahl der Chalyber hat ja den Griechen den
unterscheidenden Namen für Stahl gegeben, und wenn das Wort χάλυψ
auch bei Homer und Hesiod noch nicht vorkommt, sondern erst bei
späteren Schriftstellern erscheint, so verbürgt doch die bloſse That-
sache, daſs der Name eines Volkes zur Bezeichnung eines Metalles
werden konnte, die Intensität und das Alter des Bezuges.
Die kleinasiatischen Städte vermittelten vielfach diesen Handel,
1) Otto Müller, Dorer 201 etc.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/450>, abgerufen am 22.11.2024.
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