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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Arier in Asien.
und indische Stahl schon im Altertume wie im Mittelalter nach dem
Norden. Noch heute geht "pulat", d. h. persischer Stahl, dessen Name
sich in allen nordasiatischen Sprachen eingebürgert hat, auf diesem
Wege nach Norden.

Berühmt ist seit langer Zeit der Stahl und die Stahlarbeiten von
Khorassan. Diese haben ihren Hauptsitz in der Stadt Mesched und ist
dieser Platz besonders bekannt wegen seiner vorzüglichen Schwert-
klingen, welche meist ungeheftet, nicht als fertige Schwerter, sondern
einfach als Klingen in den Handel kommen 1). Der hier verfertigte
Stahl (Fulad-e-Khorassan) wird von alten renommierten Meistern her-
gestellt, welche Nachkommen einer alten Kolonie von Schmieden und
Schwertfegern sein sollen, die Timur aus Damaskus hierher verpflanzt
haben soll, und von denen ein Teil dem Gewerbe der Väter seit jener
Zeit treu geblieben ist. Er steht in hohem Rufe. Indes ist die Zahl
der Werkstätten nicht gross. A. Conolly giebt uns fünf an. Wir er-
wähnen nebenher, dass in Mesched auch die Türkise aus den nicht sehr
entfernten Gruben von Nischapur verarbeitet werden, mit denen weit-
hin gehandelt wird. Die Stadt gilt für heilig, wird von den Pilger-
karawanen besucht und versäumen die Pilger nicht, sich Türkis-
schmucksachen als Andenken mitzunehmen.

Nicht minder berühmt sind die Stahlschmiede von Kerman, die
meist indischen Stahl verarbeiten.

Auf der Strasse von Kerman nach Khorassan in der Wüste liegt
die Oase Khubis, woselbst vortrefflich polierte Stahlspiegel hergestellt
werden, die sehr gesucht sind. Auch Schiras und Ispahan sind berühmt
durch ihre Klingen, die indes nicht mit denen von Khorassan und Ker-
man wetteifern können.

Das Nationalschwert der Perser war bekanntlich der breite, kurze,
krumme Säbel, akinakes (acinaces). Dieser findet sich auf allen Ab-
bildungen aus der Zeit der Herrschaft der Achämeniden. Erst unter
den Sassaniden fand das gerade Schwert der Griechen Eingang. Auf
den Skulpturen von Nakschi-Redscheb 2) ist König Schapur I. an der
Spitze seines Gefolges mit geraden Schwertern dargestellt. Wir wissen
von alten Schriftstellern, dass es Darius Codomanus war, der unter
grossem Widerstande die geraden Schwerter als eine Neuerung und
Nachahmung der Griechen einführte. Aus dieser Neuerung weissagten
die Chaldäer den Sturz des Perserreiches. Q. Curtius 3) schreibt:
Darium enim principio imperii vaginam acinacis Persicam jussisse

1) Ritter VIII, 304 etc.
2) Ritter VIII, 886.
3) Ritter lib. III, C. 3. 6.
17*

Die Arier in Asien.
und indische Stahl schon im Altertume wie im Mittelalter nach dem
Norden. Noch heute geht „pulat“, d. h. persischer Stahl, dessen Name
sich in allen nordasiatischen Sprachen eingebürgert hat, auf diesem
Wege nach Norden.

Berühmt ist seit langer Zeit der Stahl und die Stahlarbeiten von
Khorassan. Diese haben ihren Hauptsitz in der Stadt Mesched und ist
dieser Platz besonders bekannt wegen seiner vorzüglichen Schwert-
klingen, welche meist ungeheftet, nicht als fertige Schwerter, sondern
einfach als Klingen in den Handel kommen 1). Der hier verfertigte
Stahl (Fulad-e-Khorassan) wird von alten renommierten Meistern her-
gestellt, welche Nachkommen einer alten Kolonie von Schmieden und
Schwertfegern sein sollen, die Timur aus Damaskus hierher verpflanzt
haben soll, und von denen ein Teil dem Gewerbe der Väter seit jener
Zeit treu geblieben ist. Er steht in hohem Rufe. Indes ist die Zahl
der Werkstätten nicht groſs. A. Conolly giebt uns fünf an. Wir er-
wähnen nebenher, daſs in Mesched auch die Türkise aus den nicht sehr
entfernten Gruben von Nischapur verarbeitet werden, mit denen weit-
hin gehandelt wird. Die Stadt gilt für heilig, wird von den Pilger-
karawanen besucht und versäumen die Pilger nicht, sich Türkis-
schmucksachen als Andenken mitzunehmen.

Nicht minder berühmt sind die Stahlschmiede von Kerman, die
meist indischen Stahl verarbeiten.

Auf der Straſse von Kerman nach Khorassan in der Wüste liegt
die Oase Khubis, woselbst vortrefflich polierte Stahlspiegel hergestellt
werden, die sehr gesucht sind. Auch Schiras und Ispahan sind berühmt
durch ihre Klingen, die indes nicht mit denen von Khorassan und Ker-
man wetteifern können.

Das Nationalschwert der Perser war bekanntlich der breite, kurze,
krumme Säbel, ἀκινάκης (acinaces). Dieser findet sich auf allen Ab-
bildungen aus der Zeit der Herrschaft der Achämeniden. Erst unter
den Sassaniden fand das gerade Schwert der Griechen Eingang. Auf
den Skulpturen von Nakschi-Redscheb 2) ist König Schapur I. an der
Spitze seines Gefolges mit geraden Schwertern dargestellt. Wir wissen
von alten Schriftstellern, daſs es Darius Codomanus war, der unter
groſsem Widerstande die geraden Schwerter als eine Neuerung und
Nachahmung der Griechen einführte. Aus dieser Neuerung weissagten
die Chaldäer den Sturz des Perserreiches. Q. Curtius 3) schreibt:
Darium enim principio imperii vaginam acinacis Persicam jussisse

1) Ritter VIII, 304 etc.
2) Ritter VIII, 886.
3) Ritter lib. III, C. 3. 6.
17*
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[259/0281] Die Arier in Asien. und indische Stahl schon im Altertume wie im Mittelalter nach dem Norden. Noch heute geht „pulat“, d. h. persischer Stahl, dessen Name sich in allen nordasiatischen Sprachen eingebürgert hat, auf diesem Wege nach Norden. Berühmt ist seit langer Zeit der Stahl und die Stahlarbeiten von Khorassan. Diese haben ihren Hauptsitz in der Stadt Mesched und ist dieser Platz besonders bekannt wegen seiner vorzüglichen Schwert- klingen, welche meist ungeheftet, nicht als fertige Schwerter, sondern einfach als Klingen in den Handel kommen 1). Der hier verfertigte Stahl (Fulad-e-Khorassan) wird von alten renommierten Meistern her- gestellt, welche Nachkommen einer alten Kolonie von Schmieden und Schwertfegern sein sollen, die Timur aus Damaskus hierher verpflanzt haben soll, und von denen ein Teil dem Gewerbe der Väter seit jener Zeit treu geblieben ist. Er steht in hohem Rufe. Indes ist die Zahl der Werkstätten nicht groſs. A. Conolly giebt uns fünf an. Wir er- wähnen nebenher, daſs in Mesched auch die Türkise aus den nicht sehr entfernten Gruben von Nischapur verarbeitet werden, mit denen weit- hin gehandelt wird. Die Stadt gilt für heilig, wird von den Pilger- karawanen besucht und versäumen die Pilger nicht, sich Türkis- schmucksachen als Andenken mitzunehmen. Nicht minder berühmt sind die Stahlschmiede von Kerman, die meist indischen Stahl verarbeiten. Auf der Straſse von Kerman nach Khorassan in der Wüste liegt die Oase Khubis, woselbst vortrefflich polierte Stahlspiegel hergestellt werden, die sehr gesucht sind. Auch Schiras und Ispahan sind berühmt durch ihre Klingen, die indes nicht mit denen von Khorassan und Ker- man wetteifern können. Das Nationalschwert der Perser war bekanntlich der breite, kurze, krumme Säbel, ἀκινάκης (acinaces). Dieser findet sich auf allen Ab- bildungen aus der Zeit der Herrschaft der Achämeniden. Erst unter den Sassaniden fand das gerade Schwert der Griechen Eingang. Auf den Skulpturen von Nakschi-Redscheb 2) ist König Schapur I. an der Spitze seines Gefolges mit geraden Schwertern dargestellt. Wir wissen von alten Schriftstellern, daſs es Darius Codomanus war, der unter groſsem Widerstande die geraden Schwerter als eine Neuerung und Nachahmung der Griechen einführte. Aus dieser Neuerung weissagten die Chaldäer den Sturz des Perserreiches. Q. Curtius 3) schreibt: Darium enim principio imperii vaginam acinacis Persicam jussisse 1) Ritter VIII, 304 etc. 2) Ritter VIII, 886. 3) Ritter lib. III, C. 3. 6. 17*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/281>, abgerufen am 22.11.2024.