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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Arier in Asien.
Masenderan verlassen seien, wären die von Danbre, im Gebirge Seilam,
Distrikt Karadaph. Das dunkelrote Erz findet sich dort unmittelbar
unter der Oberfläche, es wird sorgfältig auf bereitet und hierauf in einem
Ofen zu einem Klumpen reduziert. Nachdem die Unreinigkeiten und
Schlacken von diesem abgeklopft sind, wird es zu allerhand Kurz-
waren für den gewöhnlichen Gebrauch, als zu Hufeisen, Schnallen,
Bügeln u. s. w. ausgeschmiedet. Aber man bereitet in Persien auch eine
Art Gussstahl dadurch, dass man Stabeisen mit Holzkohlen gemengt auf
einem steinernen Roste einschmelzt. Dieser Rost ist von vier Mauern
umgeben, welche zugleich den Schmelzraum über demselben mit ein-
schliessen und so eine Art von Tiegel bilden. Der Stahl fliesst durch
die Zwischenräume in den Raum unter dem Roste. In der Umfassungs-
mauer befinden sich die Öffnungen, durch welche der Wind aus den
Handbälgen in den Schmelzraum geführt wird. Es ist dies derselbe
Stahl, von dem Tavernier behauptet, dass er zu den besten Damast-
klingen nicht zu gebrauchen sei, sondern dass man dazu den (indischen)
Stahl von Goldkhonda nehmen müsse.

Der persische Stahl hat zu allen Zeiten einen berühmten Namen
gehabt, allerdings nicht allein des einheimischen Produktes wegen,
sondern mehr noch, weil die Perser viel indischen Stahl verarbeiteten
und in den Handel brachten. Der alte und natürliche Handelsweg der
Arier nach Nordwesten war das Thal des Oxus, der in alten Zeiten bis
600 v. Chr. erwiesenermassen nicht durch die unwirtsame Steppe nörd-
lich von Kiwah floss und in den flachen Aralsee sich ergoss, sondern
südlich von Kiwah direkt westlich dem Kaspischen Meere zuströmte.
Wenn auch der indische Handel aus politischen Gründen zum Teil
südlich aus dem Oxusthale abgelenkt wurde und seinen Weg quer
durch das persische Hochland nach Babylon nahm, so war die natür-
liche Strasse bis zur Oxusmündung doch nie ganz unbenutzt. Zur Zeit
der Römerherrschaft war sie von der grössten Wichtigkeit 1). Die
Waren gingen damals von der Mündung des Oxus quer durch das
Kaspische Meer nach der Mündung des Kyros (Kur), sie folgten dem
Thale dieses Flusses aufwärts, worauf sie allerdings noch durch einen
beschwerlichen fünftägigen Landtransport auf Walzen über das Gebirge
geschleppt werden mussten bis zu der Stelle, wo der Phasis schiffbar
wurde, um endlich auf diesem Flusse nach der gleichnamigen Stadt in
Colchis gebracht zu werden. Auf dieser Strasse, sowie auf der über
Maracanda (Samarkand) sich östlich abzweigenden ging der persische

1) Strabo, S. 507, 801; Plinius hist. nat. IV, 19.

Die Arier in Asien.
Masenderan verlassen seien, wären die von Danbre, im Gebirge Seilam,
Distrikt Karadaph. Das dunkelrote Erz findet sich dort unmittelbar
unter der Oberfläche, es wird sorgfältig auf bereitet und hierauf in einem
Ofen zu einem Klumpen reduziert. Nachdem die Unreinigkeiten und
Schlacken von diesem abgeklopft sind, wird es zu allerhand Kurz-
waren für den gewöhnlichen Gebrauch, als zu Hufeisen, Schnallen,
Bügeln u. s. w. ausgeschmiedet. Aber man bereitet in Persien auch eine
Art Guſsstahl dadurch, daſs man Stabeisen mit Holzkohlen gemengt auf
einem steinernen Roste einschmelzt. Dieser Rost ist von vier Mauern
umgeben, welche zugleich den Schmelzraum über demselben mit ein-
schlieſsen und so eine Art von Tiegel bilden. Der Stahl flieſst durch
die Zwischenräume in den Raum unter dem Roste. In der Umfassungs-
mauer befinden sich die Öffnungen, durch welche der Wind aus den
Handbälgen in den Schmelzraum geführt wird. Es ist dies derselbe
Stahl, von dem Tavernier behauptet, daſs er zu den besten Damast-
klingen nicht zu gebrauchen sei, sondern daſs man dazu den (indischen)
Stahl von Goldkhonda nehmen müsse.

Der persische Stahl hat zu allen Zeiten einen berühmten Namen
gehabt, allerdings nicht allein des einheimischen Produktes wegen,
sondern mehr noch, weil die Perser viel indischen Stahl verarbeiteten
und in den Handel brachten. Der alte und natürliche Handelsweg der
Arier nach Nordwesten war das Thal des Oxus, der in alten Zeiten bis
600 v. Chr. erwiesenermaſsen nicht durch die unwirtsame Steppe nörd-
lich von Kiwah floſs und in den flachen Aralsee sich ergoſs, sondern
südlich von Kiwah direkt westlich dem Kaspischen Meere zuströmte.
Wenn auch der indische Handel aus politischen Gründen zum Teil
südlich aus dem Oxusthale abgelenkt wurde und seinen Weg quer
durch das persische Hochland nach Babylon nahm, so war die natür-
liche Straſse bis zur Oxusmündung doch nie ganz unbenutzt. Zur Zeit
der Römerherrschaft war sie von der gröſsten Wichtigkeit 1). Die
Waren gingen damals von der Mündung des Oxus quer durch das
Kaspische Meer nach der Mündung des Kyros (Kur), sie folgten dem
Thale dieses Flusses aufwärts, worauf sie allerdings noch durch einen
beschwerlichen fünftägigen Landtransport auf Walzen über das Gebirge
geschleppt werden muſsten bis zu der Stelle, wo der Phasis schiffbar
wurde, um endlich auf diesem Flusse nach der gleichnamigen Stadt in
Colchis gebracht zu werden. Auf dieser Straſse, sowie auf der über
Maracanda (Samarkand) sich östlich abzweigenden ging der persische

1) Strabo, S. 507, 801; Plinius hist. nat. IV, 19.
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[258/0280] Die Arier in Asien. Masenderan verlassen seien, wären die von Danbre, im Gebirge Seilam, Distrikt Karadaph. Das dunkelrote Erz findet sich dort unmittelbar unter der Oberfläche, es wird sorgfältig auf bereitet und hierauf in einem Ofen zu einem Klumpen reduziert. Nachdem die Unreinigkeiten und Schlacken von diesem abgeklopft sind, wird es zu allerhand Kurz- waren für den gewöhnlichen Gebrauch, als zu Hufeisen, Schnallen, Bügeln u. s. w. ausgeschmiedet. Aber man bereitet in Persien auch eine Art Guſsstahl dadurch, daſs man Stabeisen mit Holzkohlen gemengt auf einem steinernen Roste einschmelzt. Dieser Rost ist von vier Mauern umgeben, welche zugleich den Schmelzraum über demselben mit ein- schlieſsen und so eine Art von Tiegel bilden. Der Stahl flieſst durch die Zwischenräume in den Raum unter dem Roste. In der Umfassungs- mauer befinden sich die Öffnungen, durch welche der Wind aus den Handbälgen in den Schmelzraum geführt wird. Es ist dies derselbe Stahl, von dem Tavernier behauptet, daſs er zu den besten Damast- klingen nicht zu gebrauchen sei, sondern daſs man dazu den (indischen) Stahl von Goldkhonda nehmen müsse. Der persische Stahl hat zu allen Zeiten einen berühmten Namen gehabt, allerdings nicht allein des einheimischen Produktes wegen, sondern mehr noch, weil die Perser viel indischen Stahl verarbeiteten und in den Handel brachten. Der alte und natürliche Handelsweg der Arier nach Nordwesten war das Thal des Oxus, der in alten Zeiten bis 600 v. Chr. erwiesenermaſsen nicht durch die unwirtsame Steppe nörd- lich von Kiwah floſs und in den flachen Aralsee sich ergoſs, sondern südlich von Kiwah direkt westlich dem Kaspischen Meere zuströmte. Wenn auch der indische Handel aus politischen Gründen zum Teil südlich aus dem Oxusthale abgelenkt wurde und seinen Weg quer durch das persische Hochland nach Babylon nahm, so war die natür- liche Straſse bis zur Oxusmündung doch nie ganz unbenutzt. Zur Zeit der Römerherrschaft war sie von der gröſsten Wichtigkeit 1). Die Waren gingen damals von der Mündung des Oxus quer durch das Kaspische Meer nach der Mündung des Kyros (Kur), sie folgten dem Thale dieses Flusses aufwärts, worauf sie allerdings noch durch einen beschwerlichen fünftägigen Landtransport auf Walzen über das Gebirge geschleppt werden muſsten bis zu der Stelle, wo der Phasis schiffbar wurde, um endlich auf diesem Flusse nach der gleichnamigen Stadt in Colchis gebracht zu werden. Auf dieser Straſse, sowie auf der über Maracanda (Samarkand) sich östlich abzweigenden ging der persische 1) Strabo, S. 507, 801; Plinius hist. nat. IV, 19.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/280>, abgerufen am 22.11.2024.