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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Syrien.
Gleichnisse, das von einem verunglückten Silberschmelzen genommen
ist 1): "dein Silber ist Schaum geworden (v. 25)". "Du musst deinen
Schaum aufs lauterste fegen und alles dein Zinn wegthun." Hier kann
nur Blei gemeint sein. Von einer Verwendung des Zinns für sich er-
fahren wir in den Schriften der Juden nichts. Blei war den Juden
jedenfalls sehr früh bekannt. Seine Verwendung war indess auch nur
eine beschränkte. Es wird erwähnt als Gewicht und als Lotblei 2).
Eine Tafel von Blei, auf der eine Inschrift eingegraben war, erwähnt
Hiob (Kapitel 19, 24).

Wie das Kupfer, so war den Israeliten nicht minder das Eisen
schon in allerfrühester Zeit bekannt. Auch seine Entdeckung wird
dem Thubalkain zugeschrieben, oder vielmehr sagt die heilige Schrift
ganz einfach: "Thubalkain, der in der fünften Generation Adams lebte,
war ein Meister in allerlei Erz (Kupfer) und Eisenwerk." Thubalkain ist
die mythische Figur, die als Erfinder der Nutzmetalle angesehen wird,
wie sie uns bei allen Völkern des Altertums begegnet. Wie zuvor er-
wähnt, bedeutet Kenan der Schmied, Thubal soll im arabischen Eisen-
schlacke heissen. Näher liegt der Hinweis auf das Volk Thubal, welches
in den Schriften der Juden oft genannt wird und unter dem wir die
eisenkundigen Chaliber zu verstehen haben. Eisenerze kamen in Israel
vor und wurden gewonnen und verarbeitet. Aus der oben bereits er-
wähnten Schilderung Kanaans als ein "Land, dessen Steine Eisen sind
und da du Kupfer aus den Bergen hauest", dürfte hervorgehen, dass,
während das Kupfererz durch regelmässigen Bergbau gewonnen wurde,
Eisenerze nur an der Oberfläche gelesen zu werden brauchten. Doch
schliesst dies nicht aus, dass auch Eisenerze bergmännisch gewonnen
wurden. Jedenfalls waren die Juden mit dem Bergbau vertraut. Sie
trafen ihn schon in Blüte, als sie Kanaan eroberten, und wenn sie
selbst auch diese Industrie wenig betrieben zu haben scheinen, so liessen
sie dieselbe doch nicht zu Grunde gehen. Dass jedem einigermassen
Gebildeten der Begriff eines Bergwerkes, die Idee eines Schachtes ge-
läufig war, geht aus den vielen, dem Bergbau entnommenen Bildern
und Gleichnissen der heiligen Schriften hervor. Die berühmteste
bezügliche Stelle ist Buch Hiob 28, 1, 2 und 9: "Es hat das Silber
seine Gänge und das Gold seinen Ort, da man es schmilzt. Eisen bricht
man aus der Erde und aus den Steinen schmilzt man das Kupfer.
Fern von den Wohnungen bricht man den hinabhängenden Schacht,
durch die Felsen werden Gänge gebrochen und man erforschte das

1) Jesaias 1, 22.
2) Siehe Amos 7, 7; Zacharias 5, 8.

Syrien.
Gleichnisse, das von einem verunglückten Silberschmelzen genommen
ist 1): „dein Silber ist Schaum geworden (v. 25)“. „Du muſst deinen
Schaum aufs lauterste fegen und alles dein Zinn wegthun.“ Hier kann
nur Blei gemeint sein. Von einer Verwendung des Zinns für sich er-
fahren wir in den Schriften der Juden nichts. Blei war den Juden
jedenfalls sehr früh bekannt. Seine Verwendung war indeſs auch nur
eine beschränkte. Es wird erwähnt als Gewicht und als Lotblei 2).
Eine Tafel von Blei, auf der eine Inschrift eingegraben war, erwähnt
Hiob (Kapitel 19, 24).

Wie das Kupfer, so war den Israeliten nicht minder das Eisen
schon in allerfrühester Zeit bekannt. Auch seine Entdeckung wird
dem Thubalkain zugeschrieben, oder vielmehr sagt die heilige Schrift
ganz einfach: „Thubalkain, der in der fünften Generation Adams lebte,
war ein Meister in allerlei Erz (Kupfer) und Eisenwerk.“ Thubalkain ist
die mythische Figur, die als Erfinder der Nutzmetalle angesehen wird,
wie sie uns bei allen Völkern des Altertums begegnet. Wie zuvor er-
wähnt, bedeutet Kenan der Schmied, Thubal soll im arabischen Eisen-
schlacke heiſsen. Näher liegt der Hinweis auf das Volk Thubal, welches
in den Schriften der Juden oft genannt wird und unter dem wir die
eisenkundigen Chaliber zu verstehen haben. Eisenerze kamen in Israel
vor und wurden gewonnen und verarbeitet. Aus der oben bereits er-
wähnten Schilderung Kanaans als ein „Land, dessen Steine Eisen sind
und da du Kupfer aus den Bergen hauest“, dürfte hervorgehen, daſs,
während das Kupfererz durch regelmäſsigen Bergbau gewonnen wurde,
Eisenerze nur an der Oberfläche gelesen zu werden brauchten. Doch
schlieſst dies nicht aus, daſs auch Eisenerze bergmännisch gewonnen
wurden. Jedenfalls waren die Juden mit dem Bergbau vertraut. Sie
trafen ihn schon in Blüte, als sie Kanaan eroberten, und wenn sie
selbst auch diese Industrie wenig betrieben zu haben scheinen, so lieſsen
sie dieselbe doch nicht zu Grunde gehen. Daſs jedem einigermaſsen
Gebildeten der Begriff eines Bergwerkes, die Idee eines Schachtes ge-
läufig war, geht aus den vielen, dem Bergbau entnommenen Bildern
und Gleichnissen der heiligen Schriften hervor. Die berühmteste
bezügliche Stelle ist Buch Hiob 28, 1, 2 und 9: „Es hat das Silber
seine Gänge und das Gold seinen Ort, da man es schmilzt. Eisen bricht
man aus der Erde und aus den Steinen schmilzt man das Kupfer.
Fern von den Wohnungen bricht man den hinabhängenden Schacht,
durch die Felsen werden Gänge gebrochen und man erforschte das

1) Jesaias 1, 22.
2) Siehe Amos 7, 7; Zacharias 5, 8.
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[156/0178] Syrien. Gleichnisse, das von einem verunglückten Silberschmelzen genommen ist 1): „dein Silber ist Schaum geworden (v. 25)“. „Du muſst deinen Schaum aufs lauterste fegen und alles dein Zinn wegthun.“ Hier kann nur Blei gemeint sein. Von einer Verwendung des Zinns für sich er- fahren wir in den Schriften der Juden nichts. Blei war den Juden jedenfalls sehr früh bekannt. Seine Verwendung war indeſs auch nur eine beschränkte. Es wird erwähnt als Gewicht und als Lotblei 2). Eine Tafel von Blei, auf der eine Inschrift eingegraben war, erwähnt Hiob (Kapitel 19, 24). Wie das Kupfer, so war den Israeliten nicht minder das Eisen schon in allerfrühester Zeit bekannt. Auch seine Entdeckung wird dem Thubalkain zugeschrieben, oder vielmehr sagt die heilige Schrift ganz einfach: „Thubalkain, der in der fünften Generation Adams lebte, war ein Meister in allerlei Erz (Kupfer) und Eisenwerk.“ Thubalkain ist die mythische Figur, die als Erfinder der Nutzmetalle angesehen wird, wie sie uns bei allen Völkern des Altertums begegnet. Wie zuvor er- wähnt, bedeutet Kenan der Schmied, Thubal soll im arabischen Eisen- schlacke heiſsen. Näher liegt der Hinweis auf das Volk Thubal, welches in den Schriften der Juden oft genannt wird und unter dem wir die eisenkundigen Chaliber zu verstehen haben. Eisenerze kamen in Israel vor und wurden gewonnen und verarbeitet. Aus der oben bereits er- wähnten Schilderung Kanaans als ein „Land, dessen Steine Eisen sind und da du Kupfer aus den Bergen hauest“, dürfte hervorgehen, daſs, während das Kupfererz durch regelmäſsigen Bergbau gewonnen wurde, Eisenerze nur an der Oberfläche gelesen zu werden brauchten. Doch schlieſst dies nicht aus, daſs auch Eisenerze bergmännisch gewonnen wurden. Jedenfalls waren die Juden mit dem Bergbau vertraut. Sie trafen ihn schon in Blüte, als sie Kanaan eroberten, und wenn sie selbst auch diese Industrie wenig betrieben zu haben scheinen, so lieſsen sie dieselbe doch nicht zu Grunde gehen. Daſs jedem einigermaſsen Gebildeten der Begriff eines Bergwerkes, die Idee eines Schachtes ge- läufig war, geht aus den vielen, dem Bergbau entnommenen Bildern und Gleichnissen der heiligen Schriften hervor. Die berühmteste bezügliche Stelle ist Buch Hiob 28, 1, 2 und 9: „Es hat das Silber seine Gänge und das Gold seinen Ort, da man es schmilzt. Eisen bricht man aus der Erde und aus den Steinen schmilzt man das Kupfer. Fern von den Wohnungen bricht man den hinabhängenden Schacht, durch die Felsen werden Gänge gebrochen und man erforschte das 1) Jesaias 1, 22. 2) Siehe Amos 7, 7; Zacharias 5, 8.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/178>, abgerufen am 28.04.2024.