Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Syrien.
Dunkel und die Todesnacht." Hier haben wir einen direkten Hinweis
auf die bergmännische Gewinnung der Eisenerze. Weitere Beweise für
Bergbau und Metallgewinnung im Gebiete von Palästina, von dem heute
freilich nichts mehr bekannt ist, und von dem uns die Schriften der
Hebräer Bestimmtes nicht mitteilen, geben uns die Namen mancher
Ortschaften an die Hand 1). Im südlichen Judäa wohnten in alter
Zeit der kananitische Stamm der Keniter mit ihrer Hauptstadt Kajin,
d. h. die Stadt der Schmiede. Scharuhen, von Scharah, giessen, die
Stadt der Giesser, der Schmelzer lag im Gebiete des Stammes Simeon.
Die gleiche Bedeutung hat Ziph von zuph, giessen, bei Hebron in Judäa.
Nibschan (von nabasch, leuchten) könnte die Stadt der leuchtenden
Öfen heissen, während Schiehim die Stadt der Waffen heisst. Beide
lagen in Juda, während Hether, die Stadt der Metalle, im Gebiete von
Simeon lag. Im übrigen Palästina nordwärts finden wir wenig bezügliche
Namen, erst an den Abhängen des Libanon begegnen wir wieder solchen.
Im Gebiete von Asser, dem verheissen war, "dass an seinen Schuhen
Eisen und Erz sein sollten", finden sich drei Städte nahe bei einander,
die auf Bergbau hinweisen. Hamhad, die Stadt der Erze, Mischeal,
die Stadt der tiefen Gruben, und Beten, die Stadt der Schachte. Nörd-
lich von Asser lag im Gebiete der Phönizier Sarepta, von dem die Tra-
dition erzählt, dass es eine Bergwerksstadt gewesen sei. Palästina ist
in geognostischer Hinsicht noch wenig durchforscht und wissen wir
deshalb von altem Bergbau kaum etwas. Aus diesen Namen ebenso-
wohl, als wie aus andern Umständen erscheint es wahrscheinlich, dass
im südlichen Juda und im nörddlichen Idumäa Bergbau betrieben wurde,
ebenso wie am Libanon, worüber wir Bestimmteres wissen. Eisen kam
jedoch auch im inneren Lande vor. Die Berge, die von der Grenze
Moabs nach Norden zu das untere Jordanthal begrenzten, hiessen nach
Josephus das Eisengebirge 2). Die gegenüberliegenden Berge im Westen
Jerichos führen ebenfalls Eisen. Nahe den Jordanquellen bei Hasbeya
sind Eisengruben ausgebeutet worden 3).

Eisenstein kommt im Libanon reichlich vor. Nach Russeggers Be-
schreibung 4) setzen im Kalksteine der oberen Juraformation am rechten
Gehänge der Thalschlucht von Merdschibah mächtige, stockartige
Lagerstätten von Thoneisen mit Eisenocker auf. Dieselben gehören
einem mächtigen Zuge an, der sich parallel den Kalkschichten von
Nordwesten nach Südosten erstreckt und dem sich die zum Teil über-

1) Siehe Rougemonts Bronzezeit S. 185 u. s. w.
2) Joseph, Bell. jud. 4, 8, 2.
3) Siehe Rougemont, Bronzezeit 87.
4) Siehe Russegger a. a. O. I., 2 S. 788 u. s. w.

Syrien.
Dunkel und die Todesnacht.“ Hier haben wir einen direkten Hinweis
auf die bergmännische Gewinnung der Eisenerze. Weitere Beweise für
Bergbau und Metallgewinnung im Gebiete von Palästina, von dem heute
freilich nichts mehr bekannt ist, und von dem uns die Schriften der
Hebräer Bestimmtes nicht mitteilen, geben uns die Namen mancher
Ortschaften an die Hand 1). Im südlichen Judäa wohnten in alter
Zeit der kananitische Stamm der Keniter mit ihrer Hauptstadt Kajin,
d. h. die Stadt der Schmiede. Scharuhen, von Scharah, gieſsen, die
Stadt der Gieſser, der Schmelzer lag im Gebiete des Stammes Simeon.
Die gleiche Bedeutung hat Ziph von zuph, gieſsen, bei Hebron in Judäa.
Nibschan (von nabasch, leuchten) könnte die Stadt der leuchtenden
Öfen heiſsen, während Schiehim die Stadt der Waffen heiſst. Beide
lagen in Juda, während Hether, die Stadt der Metalle, im Gebiete von
Simeon lag. Im übrigen Palästina nordwärts finden wir wenig bezügliche
Namen, erst an den Abhängen des Libanon begegnen wir wieder solchen.
Im Gebiete von Asser, dem verheiſsen war, „daſs an seinen Schuhen
Eisen und Erz sein sollten“, finden sich drei Städte nahe bei einander,
die auf Bergbau hinweisen. Hamhad, die Stadt der Erze, Mischeal,
die Stadt der tiefen Gruben, und Beten, die Stadt der Schachte. Nörd-
lich von Asser lag im Gebiete der Phönizier Sarepta, von dem die Tra-
dition erzählt, daſs es eine Bergwerksstadt gewesen sei. Palästina ist
in geognostischer Hinsicht noch wenig durchforscht und wissen wir
deshalb von altem Bergbau kaum etwas. Aus diesen Namen ebenso-
wohl, als wie aus andern Umständen erscheint es wahrscheinlich, daſs
im südlichen Juda und im nörddlichen Idumäa Bergbau betrieben wurde,
ebenso wie am Libanon, worüber wir Bestimmteres wissen. Eisen kam
jedoch auch im inneren Lande vor. Die Berge, die von der Grenze
Moabs nach Norden zu das untere Jordanthal begrenzten, hieſsen nach
Josephus das Eisengebirge 2). Die gegenüberliegenden Berge im Westen
Jerichos führen ebenfalls Eisen. Nahe den Jordanquellen bei Hasbeya
sind Eisengruben ausgebeutet worden 3).

Eisenstein kommt im Libanon reichlich vor. Nach Ruſseggers Be-
schreibung 4) setzen im Kalksteine der oberen Juraformation am rechten
Gehänge der Thalschlucht von Merdschibah mächtige, stockartige
Lagerstätten von Thoneisen mit Eisenocker auf. Dieselben gehören
einem mächtigen Zuge an, der sich parallel den Kalkschichten von
Nordwesten nach Südosten erstreckt und dem sich die zum Teil über-

1) Siehe Rougemonts Bronzezeit S. 185 u. s. w.
2) Joseph, Bell. jud. 4, 8, 2.
3) Siehe Rougemont, Bronzezeit 87.
4) Siehe Ruſsegger a. a. O. I., 2 S. 788 u. s. w.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0179" n="157"/><fw place="top" type="header">Syrien.</fw><lb/>
Dunkel und die Todesnacht.&#x201C; Hier haben wir einen direkten Hinweis<lb/>
auf die bergmännische Gewinnung der Eisenerze. Weitere Beweise für<lb/>
Bergbau und Metallgewinnung im Gebiete von Palästina, von dem heute<lb/>
freilich nichts mehr bekannt ist, und von dem uns die Schriften der<lb/>
Hebräer Bestimmtes nicht mitteilen, geben uns die Namen mancher<lb/>
Ortschaften an die Hand <note place="foot" n="1)">Siehe Rougemonts Bronzezeit S. 185 u. s. w.</note>. Im südlichen Judäa wohnten in alter<lb/>
Zeit der kananitische Stamm der Keniter mit ihrer Hauptstadt Kajin,<lb/>
d. h. die Stadt der Schmiede. Scharuhen, von Scharah, gie&#x017F;sen, die<lb/>
Stadt der Gie&#x017F;ser, der Schmelzer lag im Gebiete des Stammes Simeon.<lb/>
Die gleiche Bedeutung hat Ziph von zuph, gie&#x017F;sen, bei Hebron in Judäa.<lb/>
Nibschan (von nabasch, leuchten) könnte die Stadt der leuchtenden<lb/>
Öfen hei&#x017F;sen, während Schiehim die Stadt der Waffen hei&#x017F;st. Beide<lb/>
lagen in Juda, während Hether, die Stadt der Metalle, im Gebiete von<lb/>
Simeon lag. Im übrigen Palästina nordwärts finden wir wenig bezügliche<lb/>
Namen, erst an den Abhängen des Libanon begegnen wir wieder solchen.<lb/>
Im Gebiete von Asser, dem verhei&#x017F;sen war, &#x201E;da&#x017F;s an seinen Schuhen<lb/>
Eisen und Erz sein sollten&#x201C;, finden sich drei Städte nahe bei einander,<lb/>
die auf Bergbau hinweisen. Hamhad, die Stadt der Erze, Mischeal,<lb/>
die Stadt der tiefen Gruben, und Beten, die Stadt der Schachte. Nörd-<lb/>
lich von Asser lag im Gebiete der Phönizier Sarepta, von dem die Tra-<lb/>
dition erzählt, da&#x017F;s es eine Bergwerksstadt gewesen sei. Palästina ist<lb/>
in geognostischer Hinsicht noch wenig durchforscht und wissen wir<lb/>
deshalb von altem Bergbau kaum etwas. Aus diesen Namen ebenso-<lb/>
wohl, als wie aus andern Umständen erscheint es wahrscheinlich, da&#x017F;s<lb/>
im südlichen Juda und im nörddlichen Idumäa Bergbau betrieben wurde,<lb/>
ebenso wie am Libanon, worüber wir Bestimmteres wissen. Eisen kam<lb/>
jedoch auch im inneren Lande vor. Die Berge, die von der Grenze<lb/>
Moabs nach Norden zu das untere Jordanthal begrenzten, hie&#x017F;sen nach<lb/>
Josephus das Eisengebirge <note place="foot" n="2)">Joseph, Bell. jud. 4, 8, 2.</note>. Die gegenüberliegenden Berge im Westen<lb/>
Jerichos führen ebenfalls Eisen. Nahe den Jordanquellen bei Hasbeya<lb/>
sind Eisengruben ausgebeutet worden <note place="foot" n="3)">Siehe Rougemont, Bronzezeit 87.</note>.</p><lb/>
            <p>Eisenstein kommt im Libanon reichlich vor. Nach Ru&#x017F;seggers Be-<lb/>
schreibung <note place="foot" n="4)">Siehe Ru&#x017F;segger a. a. O. I., 2 S. 788 u. s. w.</note> setzen im Kalksteine der oberen Juraformation am rechten<lb/>
Gehänge der Thalschlucht von Merdschibah mächtige, stockartige<lb/>
Lagerstätten von Thoneisen mit Eisenocker auf. Dieselben gehören<lb/>
einem mächtigen Zuge an, der sich parallel den Kalkschichten von<lb/>
Nordwesten nach Südosten erstreckt und dem sich die zum Teil über-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0179] Syrien. Dunkel und die Todesnacht.“ Hier haben wir einen direkten Hinweis auf die bergmännische Gewinnung der Eisenerze. Weitere Beweise für Bergbau und Metallgewinnung im Gebiete von Palästina, von dem heute freilich nichts mehr bekannt ist, und von dem uns die Schriften der Hebräer Bestimmtes nicht mitteilen, geben uns die Namen mancher Ortschaften an die Hand 1). Im südlichen Judäa wohnten in alter Zeit der kananitische Stamm der Keniter mit ihrer Hauptstadt Kajin, d. h. die Stadt der Schmiede. Scharuhen, von Scharah, gieſsen, die Stadt der Gieſser, der Schmelzer lag im Gebiete des Stammes Simeon. Die gleiche Bedeutung hat Ziph von zuph, gieſsen, bei Hebron in Judäa. Nibschan (von nabasch, leuchten) könnte die Stadt der leuchtenden Öfen heiſsen, während Schiehim die Stadt der Waffen heiſst. Beide lagen in Juda, während Hether, die Stadt der Metalle, im Gebiete von Simeon lag. Im übrigen Palästina nordwärts finden wir wenig bezügliche Namen, erst an den Abhängen des Libanon begegnen wir wieder solchen. Im Gebiete von Asser, dem verheiſsen war, „daſs an seinen Schuhen Eisen und Erz sein sollten“, finden sich drei Städte nahe bei einander, die auf Bergbau hinweisen. Hamhad, die Stadt der Erze, Mischeal, die Stadt der tiefen Gruben, und Beten, die Stadt der Schachte. Nörd- lich von Asser lag im Gebiete der Phönizier Sarepta, von dem die Tra- dition erzählt, daſs es eine Bergwerksstadt gewesen sei. Palästina ist in geognostischer Hinsicht noch wenig durchforscht und wissen wir deshalb von altem Bergbau kaum etwas. Aus diesen Namen ebenso- wohl, als wie aus andern Umständen erscheint es wahrscheinlich, daſs im südlichen Juda und im nörddlichen Idumäa Bergbau betrieben wurde, ebenso wie am Libanon, worüber wir Bestimmteres wissen. Eisen kam jedoch auch im inneren Lande vor. Die Berge, die von der Grenze Moabs nach Norden zu das untere Jordanthal begrenzten, hieſsen nach Josephus das Eisengebirge 2). Die gegenüberliegenden Berge im Westen Jerichos führen ebenfalls Eisen. Nahe den Jordanquellen bei Hasbeya sind Eisengruben ausgebeutet worden 3). Eisenstein kommt im Libanon reichlich vor. Nach Ruſseggers Be- schreibung 4) setzen im Kalksteine der oberen Juraformation am rechten Gehänge der Thalschlucht von Merdschibah mächtige, stockartige Lagerstätten von Thoneisen mit Eisenocker auf. Dieselben gehören einem mächtigen Zuge an, der sich parallel den Kalkschichten von Nordwesten nach Südosten erstreckt und dem sich die zum Teil über- 1) Siehe Rougemonts Bronzezeit S. 185 u. s. w. 2) Joseph, Bell. jud. 4, 8, 2. 3) Siehe Rougemont, Bronzezeit 87. 4) Siehe Ruſsegger a. a. O. I., 2 S. 788 u. s. w.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/179
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/179>, abgerufen am 28.04.2024.