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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
zweite, ausführlichere Übersetzung von Talbot 1) zu geben. Sie lautet:
"Ich zog aus gegen das Land Tusu mit Heerscharen. Ich belagerte
Mariah, den König von Tusu in seiner Hauptstadt Damaskus. Gewal-
tige Furcht vor Assur, seinem Herrn, bewältigte sie, er beugte sich unter
mein Joch, huldigte und warf sich zu Boden vor mir. 2300 Talente
Silber, 20 Talente Gold, 3000 Talente Kupfer und 5000 Talente
Eisen
, schöne Gewänder von verschiedener Farbe, purpur und gelb,
seinen Elfenbeinthron, seinen Elfenbeinpalankin mit geschnitzten Zier-
raten und anderen Reichtum und Schätze und Überfluss in der Stadt Da-
maskus, seiner Residenzstadt, empfing ich mitten in seinem Palaste 2)."

Eher scheint es, dass in späterer Zeit das Eisen wenigstens in den
Schatzkammern der Könige seltener geworden oder von den Siegern
im Vergleich der Bronze nicht mehr so begehrt wurde, wie früher.
Wenigstens lassen einige Inschriften Sardanapals III. dies glaubhaft
erscheinen. So heisst es in einer Keilinschrift, die auch dadurch be-
merkenswert ist, dass des Zinns ausdrücklich Erwähnung geschieht:
"Um Ammibaal, den Sohn Zamans zu rächen, zog ich aus ... ich
empfing Tribut von Silber, Gold, 100 Talente Zinn, 700 Talente Erz, drei-
hundert Hände von Erz, Töpfe von Erz etc." Bei Eroberung eines anderen
Schatzes erwirbt Sardanapal ausser dem Übrigen 100 Talente Eisen und
500 Talente Erz. Ein andermal fallen in seine Hände 20 Talente
Silber, 1 Talent Gold, 200 Talente Erz und 100 Talente Eisen 3).

Indessen können wir Schlussfolgerungen aus diesen Ziffern nicht
viel Wert beilegen gegenüber den Aufschlüssen, welche uns die Aus-
grabungen geliefert haben, die den Reichtum an Eisen und seine mehr-
fache Verwendung aufs klarste beweisen.

Kein Fund ist in dieser Beziehung so charakteristisch als der von
Victor Place, der als Resident in Mosul unter der Herrschaft und mit
Unterstützung Napoleon III. bedeutende Ausgrabungen zu Khorsabad
vornahm, deren Ergebnisse in dem Prachtwerke: Niniveh et L'Assyrie
par Victor Place, Paris 1867, veröffentlicht worden sind.

Place stiess in den Trümmern des Palastes in Khorsabad auf ein
grossartiges Eisenmagazin, in welchem nach seiner Schätzung minde-
stens ein Gewicht von 160000 kg Eisen beisammen lag. Das Magazin
war 5 m lang, 2,60 m breit und 1,40 m hoch mit Eisen angefüllt.

1) Asiatic Journal vol. XIX, p. 181.
2) Ähnliche Inschriften, aus denen der geringe Wert und die grössere Ver-
breitung des Eisens hervorgeht, kennen wir aus der Zeit Tiglat Pilesar II., s. Über-
setzung der Keilinschriften von Talbot, Asiatic Journal XVIII, p. 172 u. 180.
3) Siehe Oppert, expedition en Mesopotamie C. III, cap. 4.

Die Semiten.
zweite, ausführlichere Übersetzung von Talbot 1) zu geben. Sie lautet:
„Ich zog aus gegen das Land Tusu mit Heerscharen. Ich belagerte
Mariah, den König von Tusu in seiner Hauptstadt Damaskus. Gewal-
tige Furcht vor Assur, seinem Herrn, bewältigte sie, er beugte sich unter
mein Joch, huldigte und warf sich zu Boden vor mir. 2300 Talente
Silber, 20 Talente Gold, 3000 Talente Kupfer und 5000 Talente
Eisen
, schöne Gewänder von verschiedener Farbe, purpur und gelb,
seinen Elfenbeinthron, seinen Elfenbeinpalankin mit geschnitzten Zier-
raten und anderen Reichtum und Schätze und Überfluſs in der Stadt Da-
maskus, seiner Residenzstadt, empfing ich mitten in seinem Palaste 2).“

Eher scheint es, daſs in späterer Zeit das Eisen wenigstens in den
Schatzkammern der Könige seltener geworden oder von den Siegern
im Vergleich der Bronze nicht mehr so begehrt wurde, wie früher.
Wenigstens lassen einige Inschriften Sardanapals III. dies glaubhaft
erscheinen. So heiſst es in einer Keilinschrift, die auch dadurch be-
merkenswert ist, daſs des Zinns ausdrücklich Erwähnung geschieht:
„Um Ammibaal, den Sohn Zamans zu rächen, zog ich aus … ich
empfing Tribut von Silber, Gold, 100 Talente Zinn, 700 Talente Erz, drei-
hundert Hände von Erz, Töpfe von Erz etc.“ Bei Eroberung eines anderen
Schatzes erwirbt Sardanapal auſser dem Übrigen 100 Talente Eisen und
500 Talente Erz. Ein andermal fallen in seine Hände 20 Talente
Silber, 1 Talent Gold, 200 Talente Erz und 100 Talente Eisen 3).

Indessen können wir Schluſsfolgerungen aus diesen Ziffern nicht
viel Wert beilegen gegenüber den Aufschlüssen, welche uns die Aus-
grabungen geliefert haben, die den Reichtum an Eisen und seine mehr-
fache Verwendung aufs klarste beweisen.

Kein Fund ist in dieser Beziehung so charakteristisch als der von
Victor Place, der als Resident in Mosul unter der Herrschaft und mit
Unterstützung Napoleon III. bedeutende Ausgrabungen zu Khorsabad
vornahm, deren Ergebnisse in dem Prachtwerke: Niniveh et L’Assyrie
par Victor Place, Paris 1867, veröffentlicht worden sind.

Place stieſs in den Trümmern des Palastes in Khorsabad auf ein
groſsartiges Eisenmagazin, in welchem nach seiner Schätzung minde-
stens ein Gewicht von 160000 kg Eisen beisammen lag. Das Magazin
war 5 m lang, 2,60 m breit und 1,40 m hoch mit Eisen angefüllt.

1) Asiatic Journal vol. XIX, p. 181.
2) Ähnliche Inschriften, aus denen der geringe Wert und die gröſsere Ver-
breitung des Eisens hervorgeht, kennen wir aus der Zeit Tiglat Pilesar II., s. Über-
setzung der Keilinschriften von Talbot, Asiatic Journal XVIII, p. 172 u. 180.
3) Siehe Oppert, expedition en Mesopotamie C. III, cap. 4.
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[134/0156] Die Semiten. zweite, ausführlichere Übersetzung von Talbot 1) zu geben. Sie lautet: „Ich zog aus gegen das Land Tusu mit Heerscharen. Ich belagerte Mariah, den König von Tusu in seiner Hauptstadt Damaskus. Gewal- tige Furcht vor Assur, seinem Herrn, bewältigte sie, er beugte sich unter mein Joch, huldigte und warf sich zu Boden vor mir. 2300 Talente Silber, 20 Talente Gold, 3000 Talente Kupfer und 5000 Talente Eisen, schöne Gewänder von verschiedener Farbe, purpur und gelb, seinen Elfenbeinthron, seinen Elfenbeinpalankin mit geschnitzten Zier- raten und anderen Reichtum und Schätze und Überfluſs in der Stadt Da- maskus, seiner Residenzstadt, empfing ich mitten in seinem Palaste 2).“ Eher scheint es, daſs in späterer Zeit das Eisen wenigstens in den Schatzkammern der Könige seltener geworden oder von den Siegern im Vergleich der Bronze nicht mehr so begehrt wurde, wie früher. Wenigstens lassen einige Inschriften Sardanapals III. dies glaubhaft erscheinen. So heiſst es in einer Keilinschrift, die auch dadurch be- merkenswert ist, daſs des Zinns ausdrücklich Erwähnung geschieht: „Um Ammibaal, den Sohn Zamans zu rächen, zog ich aus … ich empfing Tribut von Silber, Gold, 100 Talente Zinn, 700 Talente Erz, drei- hundert Hände von Erz, Töpfe von Erz etc.“ Bei Eroberung eines anderen Schatzes erwirbt Sardanapal auſser dem Übrigen 100 Talente Eisen und 500 Talente Erz. Ein andermal fallen in seine Hände 20 Talente Silber, 1 Talent Gold, 200 Talente Erz und 100 Talente Eisen 3). Indessen können wir Schluſsfolgerungen aus diesen Ziffern nicht viel Wert beilegen gegenüber den Aufschlüssen, welche uns die Aus- grabungen geliefert haben, die den Reichtum an Eisen und seine mehr- fache Verwendung aufs klarste beweisen. Kein Fund ist in dieser Beziehung so charakteristisch als der von Victor Place, der als Resident in Mosul unter der Herrschaft und mit Unterstützung Napoleon III. bedeutende Ausgrabungen zu Khorsabad vornahm, deren Ergebnisse in dem Prachtwerke: Niniveh et L’Assyrie par Victor Place, Paris 1867, veröffentlicht worden sind. Place stieſs in den Trümmern des Palastes in Khorsabad auf ein groſsartiges Eisenmagazin, in welchem nach seiner Schätzung minde- stens ein Gewicht von 160000 kg Eisen beisammen lag. Das Magazin war 5 m lang, 2,60 m breit und 1,40 m hoch mit Eisen angefüllt. 1) Asiatic Journal vol. XIX, p. 181. 2) Ähnliche Inschriften, aus denen der geringe Wert und die gröſsere Ver- breitung des Eisens hervorgeht, kennen wir aus der Zeit Tiglat Pilesar II., s. Über- setzung der Keilinschriften von Talbot, Asiatic Journal XVIII, p. 172 u. 180. 3) Siehe Oppert, expedition en Mesopotamie C. III, cap. 4.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/156>, abgerufen am 27.04.2024.