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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
schlummert nicht. Nicht löst sich der Gürtel seiner Lenden und nicht
zerreissen die Riemen seiner Schuhe. Seine Pfeile sind geschärft und
alle seine Bogen gespannt, seiner Rosse Hufe sind Kieseln gleich und
seine Streitwagen gleichen dem Sturmwind."

Kupfer, Bronze und Eisen dienten zur Ausrüstung der Krieger,
doch war von diesen das Eisen am meisten angewendet. Dass das
Schwert eine so wichtige Rolle in der Ausrüstung der assyrischen Helden
spielt, beweist allein schon, dass sie nicht nur Eisen, sondern auch den
Stahl kannten und verwendeten; denn weder aus Kupfer, Bronze oder
weichem Eisen lassen sich Schwerter herstellen, die anderen Waffen
gegenüber eine entschiedene Überlegenheit haben, dies kann man nur
aus dem elastischen Stahl. Allerdings giebt es kein besonderes Wort
für Stahl, sie machten zwischen Eisen und Stahl, die ja auch nur bei
geschärfter Beobachtung als verschieden erscheinen, keinen Unterschied.
Stahl war ihnen nur ein besseres Eisen, geeigneter für Schwerter und
schneidende Werkzeuge. Sie erhielten ihn zuerst und zumeist aus den
nördlich des Taurus gelegenen Bergländern der Moscher, Tibarener
und Chalyber. Schon in den ältesten Tributlisten aus dem Jahre
881 v. Chr. wird dem Volke der Moscher Tribut von Eisen und von Vieh
auferlegt. Eisen wird zuerst genannt und es lässt sich wohl annehmen,
dass dies Eisen von besonderer Güte und sehr gesucht war, dass es an
Qualität dem Eisen, welches sich die Assyrer in ihrem eignen Lande
bereiteten, überlegen war. Den Fürsten des Landes Narini im heutigen
Churdistan wird in derselben Periode ein Tribut auferlegt und bei dessen
Aufzählung von Metallen neben Gold und Silber nur Eisen genannt.
Assurnasipal erhebt in dem Nachbargebiete von Karchemis nur Eisen und
Silber. Weder Kupfer, noch Erz werden in jener Zeit erwähnt. Hieraus
ersieht man, wie die kriegerischen Assyrer den Wert des Eisens zu
schätzen wussten und wie reichlich sie es verwendeten. Erst, seitdem das
assyrische Reich unter Salmanassar II. sich nach Süden weiter ausdehnte,
seitdem es mit dem Reichtume von Babylon, Damaskus und den Städten
Phöniziens bekannt wurde, wird Kupfer öfter genannt. Demungeachtet
sehen wir, dass Damaskus bei der grossen Brandschatzung um das Jahr
800 v.Chr. neben 3000 Talenten Kupfer, 5000 Talente Eisen als Tribut
auferlegt werden. Es darf daraus wohl geschlossen werden, dass das
Eisen in jener Zeit verbreiteter war, und in mannigfacherer Verwendung
stand, als das Kupfer oder Erz. Es dürfte von Interesse sein, von der
obenerwähnten Keilinschrift, welche sich auf die Eroberung von Da-
maskus durch König Phul um das Jahr 800 v. Chr. bezieht, noch eine

Die Semiten.
schlummert nicht. Nicht löst sich der Gürtel seiner Lenden und nicht
zerreiſsen die Riemen seiner Schuhe. Seine Pfeile sind geschärft und
alle seine Bogen gespannt, seiner Rosse Hufe sind Kieseln gleich und
seine Streitwagen gleichen dem Sturmwind.“

Kupfer, Bronze und Eisen dienten zur Ausrüstung der Krieger,
doch war von diesen das Eisen am meisten angewendet. Daſs das
Schwert eine so wichtige Rolle in der Ausrüstung der assyrischen Helden
spielt, beweist allein schon, daſs sie nicht nur Eisen, sondern auch den
Stahl kannten und verwendeten; denn weder aus Kupfer, Bronze oder
weichem Eisen lassen sich Schwerter herstellen, die anderen Waffen
gegenüber eine entschiedene Überlegenheit haben, dies kann man nur
aus dem elastischen Stahl. Allerdings giebt es kein besonderes Wort
für Stahl, sie machten zwischen Eisen und Stahl, die ja auch nur bei
geschärfter Beobachtung als verschieden erscheinen, keinen Unterschied.
Stahl war ihnen nur ein besseres Eisen, geeigneter für Schwerter und
schneidende Werkzeuge. Sie erhielten ihn zuerst und zumeist aus den
nördlich des Taurus gelegenen Bergländern der Moscher, Tibarener
und Chalyber. Schon in den ältesten Tributlisten aus dem Jahre
881 v. Chr. wird dem Volke der Moscher Tribut von Eisen und von Vieh
auferlegt. Eisen wird zuerst genannt und es läſst sich wohl annehmen,
daſs dies Eisen von besonderer Güte und sehr gesucht war, daſs es an
Qualität dem Eisen, welches sich die Assyrer in ihrem eignen Lande
bereiteten, überlegen war. Den Fürsten des Landes Narini im heutigen
Churdistan wird in derselben Periode ein Tribut auferlegt und bei dessen
Aufzählung von Metallen neben Gold und Silber nur Eisen genannt.
Assurnasipal erhebt in dem Nachbargebiete von Karchemis nur Eisen und
Silber. Weder Kupfer, noch Erz werden in jener Zeit erwähnt. Hieraus
ersieht man, wie die kriegerischen Assyrer den Wert des Eisens zu
schätzen wuſsten und wie reichlich sie es verwendeten. Erst, seitdem das
assyrische Reich unter Salmanassar II. sich nach Süden weiter ausdehnte,
seitdem es mit dem Reichtume von Babylon, Damaskus und den Städten
Phöniziens bekannt wurde, wird Kupfer öfter genannt. Demungeachtet
sehen wir, daſs Damaskus bei der groſsen Brandschatzung um das Jahr
800 v.Chr. neben 3000 Talenten Kupfer, 5000 Talente Eisen als Tribut
auferlegt werden. Es darf daraus wohl geschlossen werden, daſs das
Eisen in jener Zeit verbreiteter war, und in mannigfacherer Verwendung
stand, als das Kupfer oder Erz. Es dürfte von Interesse sein, von der
obenerwähnten Keilinschrift, welche sich auf die Eroberung von Da-
maskus durch König Phul um das Jahr 800 v. Chr. bezieht, noch eine

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[133/0155] Die Semiten. schlummert nicht. Nicht löst sich der Gürtel seiner Lenden und nicht zerreiſsen die Riemen seiner Schuhe. Seine Pfeile sind geschärft und alle seine Bogen gespannt, seiner Rosse Hufe sind Kieseln gleich und seine Streitwagen gleichen dem Sturmwind.“ Kupfer, Bronze und Eisen dienten zur Ausrüstung der Krieger, doch war von diesen das Eisen am meisten angewendet. Daſs das Schwert eine so wichtige Rolle in der Ausrüstung der assyrischen Helden spielt, beweist allein schon, daſs sie nicht nur Eisen, sondern auch den Stahl kannten und verwendeten; denn weder aus Kupfer, Bronze oder weichem Eisen lassen sich Schwerter herstellen, die anderen Waffen gegenüber eine entschiedene Überlegenheit haben, dies kann man nur aus dem elastischen Stahl. Allerdings giebt es kein besonderes Wort für Stahl, sie machten zwischen Eisen und Stahl, die ja auch nur bei geschärfter Beobachtung als verschieden erscheinen, keinen Unterschied. Stahl war ihnen nur ein besseres Eisen, geeigneter für Schwerter und schneidende Werkzeuge. Sie erhielten ihn zuerst und zumeist aus den nördlich des Taurus gelegenen Bergländern der Moscher, Tibarener und Chalyber. Schon in den ältesten Tributlisten aus dem Jahre 881 v. Chr. wird dem Volke der Moscher Tribut von Eisen und von Vieh auferlegt. Eisen wird zuerst genannt und es läſst sich wohl annehmen, daſs dies Eisen von besonderer Güte und sehr gesucht war, daſs es an Qualität dem Eisen, welches sich die Assyrer in ihrem eignen Lande bereiteten, überlegen war. Den Fürsten des Landes Narini im heutigen Churdistan wird in derselben Periode ein Tribut auferlegt und bei dessen Aufzählung von Metallen neben Gold und Silber nur Eisen genannt. Assurnasipal erhebt in dem Nachbargebiete von Karchemis nur Eisen und Silber. Weder Kupfer, noch Erz werden in jener Zeit erwähnt. Hieraus ersieht man, wie die kriegerischen Assyrer den Wert des Eisens zu schätzen wuſsten und wie reichlich sie es verwendeten. Erst, seitdem das assyrische Reich unter Salmanassar II. sich nach Süden weiter ausdehnte, seitdem es mit dem Reichtume von Babylon, Damaskus und den Städten Phöniziens bekannt wurde, wird Kupfer öfter genannt. Demungeachtet sehen wir, daſs Damaskus bei der groſsen Brandschatzung um das Jahr 800 v.Chr. neben 3000 Talenten Kupfer, 5000 Talente Eisen als Tribut auferlegt werden. Es darf daraus wohl geschlossen werden, daſs das Eisen in jener Zeit verbreiteter war, und in mannigfacherer Verwendung stand, als das Kupfer oder Erz. Es dürfte von Interesse sein, von der obenerwähnten Keilinschrift, welche sich auf die Eroberung von Da- maskus durch König Phul um das Jahr 800 v. Chr. bezieht, noch eine

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/155>, abgerufen am 05.12.2024.