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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Stand, Geburtsort und Alter der Verstorbenen ganz genau anzugeben, um so mehr Umgang genommen, als der Graf diese Auskunft zu geben sich entschieden weigerte und fest erklärte, sofort das Land verlassen zu wollen, wenn die Behörde darauf bestehen würde.

Dieselbe begnügte sich daher mit den bereits erfolgten Angaben.

Nach diesen Stürmen lagerte sich wieder die tiefste Stille über das Schloß zu Eishausen. Ludwig trauerte einsam hin, las viel und sprach sich oft mit schmerzlicher Rührung Goethe's Worte vor, die so ganz auf ihn, auf seine Stimmung, selbst auf die Jahreszeit paßten:

Du versuchst, o Sonne, vergebens
Durch die düst'ren Wolken zu scheinen,
Der ganze Gewinn meines Lebens
Ist, ihren Verlust zu beweinen.

Die Poesie war auch hier wieder die milde Trösterin, die ihm, dem Trauernden, mit ihren sanften Himmelsschwingen Frieden in die Seele fächelte. Alles was Ludwig in verschiedenen Schriften beziehungsweise auffand, merkte er an und schrieb es auch wohl ab.

Fast das einzige geistige Band mit der Außenwelt blieb ein Briefwechsel mit der Wittwe jenes zu Eishausen verstorbenen Predigers, welche nach Hildburghausen gezogen war, doch so, daß sie jeden empfangenen Brief zurückgab. Auch diese Frau hat den Grafen nie gesprochen. Das Bedürfniß, sich mitzutheilen, ist allzumächtig in der Menschenseele, als daß auch der allerverschlossenste Charakter ganz auf dasselbe zu verzichten im Stande wäre.

Aus Ludwig's wehmuthvollster Zeit ergoß sich seine Klage in den Worten: "Meine Lage wird immer unerträglicher; es ist keine getrennte Ehe; es ist mehr: es ist die Zerreißung eines zusammengewachsenen Geschwisterpaares, Eines kann nicht ohne das Andere fortleben. -- -- Ich lege mich öfters des Tages nieder, doch vergeblich; die Schmerzen lassen meinem Körper so wenig Ruhe, als die mich umgebenden Gegenstände meinem Geist. Das Haus ist wie verödet."

Ja, öde war es außer ihm, in ihm. Selbst jene Thiere, welche Sophie geliebt hatte, starben ungeachtet sorglichster Pflege schnell nach einander; des Pachters Hund, den sie oft aus dem Fenster herab

Stand, Geburtsort und Alter der Verstorbenen ganz genau anzugeben, um so mehr Umgang genommen, als der Graf diese Auskunft zu geben sich entschieden weigerte und fest erklärte, sofort das Land verlassen zu wollen, wenn die Behörde darauf bestehen würde.

Dieselbe begnügte sich daher mit den bereits erfolgten Angaben.

Nach diesen Stürmen lagerte sich wieder die tiefste Stille über das Schloß zu Eishausen. Ludwig trauerte einsam hin, las viel und sprach sich oft mit schmerzlicher Rührung Goethe’s Worte vor, die so ganz auf ihn, auf seine Stimmung, selbst auf die Jahreszeit paßten:

Du versuchst, o Sonne, vergebens
Durch die düst’ren Wolken zu scheinen,
Der ganze Gewinn meines Lebens
Ist, ihren Verlust zu beweinen.

Die Poesie war auch hier wieder die milde Trösterin, die ihm, dem Trauernden, mit ihren sanften Himmelsschwingen Frieden in die Seele fächelte. Alles was Ludwig in verschiedenen Schriften beziehungsweise auffand, merkte er an und schrieb es auch wohl ab.

Fast das einzige geistige Band mit der Außenwelt blieb ein Briefwechsel mit der Wittwe jenes zu Eishausen verstorbenen Predigers, welche nach Hildburghausen gezogen war, doch so, daß sie jeden empfangenen Brief zurückgab. Auch diese Frau hat den Grafen nie gesprochen. Das Bedürfniß, sich mitzutheilen, ist allzumächtig in der Menschenseele, als daß auch der allerverschlossenste Charakter ganz auf dasselbe zu verzichten im Stande wäre.

Aus Ludwig’s wehmuthvollster Zeit ergoß sich seine Klage in den Worten: „Meine Lage wird immer unerträglicher; es ist keine getrennte Ehe; es ist mehr: es ist die Zerreißung eines zusammengewachsenen Geschwisterpaares, Eines kann nicht ohne das Andere fortleben. — — Ich lege mich öfters des Tages nieder, doch vergeblich; die Schmerzen lassen meinem Körper so wenig Ruhe, als die mich umgebenden Gegenstände meinem Geist. Das Haus ist wie verödet.“

Ja, öde war es außer ihm, in ihm. Selbst jene Thiere, welche Sophie geliebt hatte, starben ungeachtet sorglichster Pflege schnell nach einander; des Pachters Hund, den sie oft aus dem Fenster herab

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[460/0464] Stand, Geburtsort und Alter der Verstorbenen ganz genau anzugeben, um so mehr Umgang genommen, als der Graf diese Auskunft zu geben sich entschieden weigerte und fest erklärte, sofort das Land verlassen zu wollen, wenn die Behörde darauf bestehen würde. Dieselbe begnügte sich daher mit den bereits erfolgten Angaben. Nach diesen Stürmen lagerte sich wieder die tiefste Stille über das Schloß zu Eishausen. Ludwig trauerte einsam hin, las viel und sprach sich oft mit schmerzlicher Rührung Goethe’s Worte vor, die so ganz auf ihn, auf seine Stimmung, selbst auf die Jahreszeit paßten: Du versuchst, o Sonne, vergebens Durch die düst’ren Wolken zu scheinen, Der ganze Gewinn meines Lebens Ist, ihren Verlust zu beweinen. Die Poesie war auch hier wieder die milde Trösterin, die ihm, dem Trauernden, mit ihren sanften Himmelsschwingen Frieden in die Seele fächelte. Alles was Ludwig in verschiedenen Schriften beziehungsweise auffand, merkte er an und schrieb es auch wohl ab. Fast das einzige geistige Band mit der Außenwelt blieb ein Briefwechsel mit der Wittwe jenes zu Eishausen verstorbenen Predigers, welche nach Hildburghausen gezogen war, doch so, daß sie jeden empfangenen Brief zurückgab. Auch diese Frau hat den Grafen nie gesprochen. Das Bedürfniß, sich mitzutheilen, ist allzumächtig in der Menschenseele, als daß auch der allerverschlossenste Charakter ganz auf dasselbe zu verzichten im Stande wäre. Aus Ludwig’s wehmuthvollster Zeit ergoß sich seine Klage in den Worten: „Meine Lage wird immer unerträglicher; es ist keine getrennte Ehe; es ist mehr: es ist die Zerreißung eines zusammengewachsenen Geschwisterpaares, Eines kann nicht ohne das Andere fortleben. — — Ich lege mich öfters des Tages nieder, doch vergeblich; die Schmerzen lassen meinem Körper so wenig Ruhe, als die mich umgebenden Gegenstände meinem Geist. Das Haus ist wie verödet.“ Ja, öde war es außer ihm, in ihm. Selbst jene Thiere, welche Sophie geliebt hatte, starben ungeachtet sorglichster Pflege schnell nach einander; des Pachters Hund, den sie oft aus dem Fenster herab

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/464>, abgerufen am 24.11.2024.