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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Worte eines redlichen Beamten verfehlten die gehoffte Wirkung. Ansichten und Pflichten anderer Art ließen die gewünschte Schonung versagen.

Das Gericht ordnete die Versiegelung des Nachlasses der Verstorbenen an. Die Gefühle, die den Grafen hierbei bewegten, sind nicht zu schildern, doch nie verließ ihn die Würde. Er fügte sich ungern dem eisernen Willen des Gesetzes, aber er fügte sich. Er selbst blieb unsichtbar, er war krank; der Kammerdiener und eine alte treue Dienerin führten die Herren in die Zimmer, in welchen sich Sophiens Nachlaß befand, und erklärten, daß dieser Nachlaß von der Verstorbenen, wie von dem Grafen, der Dienerschaft zugedacht sei.

Auch als die Personen des Gerichts wiederkamen, um zur Aufnahme der Hinterlassenschaftsverzeichnisse zu schreiten, mußte der Geschäftsführer den Grafen, weil derselbe krank und sogar bettlägerig war, vertreten.

Welch' ein Inventar! -- Ueber siebenzig Oberröcke und Kleider, theils von Seide in allen Farben, theils von Mousselin und sonstigen feinen Kleiderstoffen, gegen dreißig Shawls und Longshawls, ohne die übrigen Halstücher, ebenso viele Hüte nach den neuesten Formen der Mode, und in diesem Verhältniß alles Uebrige in staunenswerther Fülle. Schmuck fand sich wenig, außer was Sophie als Kind schon besessen, für wen hätte sie sich auch mit zahlreichen Ketten und Ringen schmücken sollen? Sie selbst, ihre ganze Liebe und liebliche Erscheinung war ja der schönste Schmuck, wie er aus der Idee des Schöpfers als Meisterwerk hervorgegangen war; gleichwohl waren einige goldene Halsketten, waren Ringe, Armbänder und dergleichen äußere Frauenzierden vorhanden. Am Meisten überraschend aber war für die Beamten und Taxatoren die Menge baaren Geldes, die in verschiedenen buntseidenen und zum Theil mit Perlen oder mit Fischschuppen gestickten Börsen sich vorfand. Jene Ducaten von theurer Hand, der kleinen Sophie damals in Doorwerth geschenkt, sie waren nicht ausgegeben worden, außerdem fanden sich Friedrichsd'or, Kronen-, Species- und einfache Thaler. Der Graf übernahm gegen Zahlung der Taxe den ganzen Nachlaß, und ließ ihn durch das Gericht seiner Dienerschaft aushändigen; die Summe, welche er zahlte, wurde beim Gericht hinterlegt, und von einer dringlichen Aufforderung, Namen,

Worte eines redlichen Beamten verfehlten die gehoffte Wirkung. Ansichten und Pflichten anderer Art ließen die gewünschte Schonung versagen.

Das Gericht ordnete die Versiegelung des Nachlasses der Verstorbenen an. Die Gefühle, die den Grafen hierbei bewegten, sind nicht zu schildern, doch nie verließ ihn die Würde. Er fügte sich ungern dem eisernen Willen des Gesetzes, aber er fügte sich. Er selbst blieb unsichtbar, er war krank; der Kammerdiener und eine alte treue Dienerin führten die Herren in die Zimmer, in welchen sich Sophiens Nachlaß befand, und erklärten, daß dieser Nachlaß von der Verstorbenen, wie von dem Grafen, der Dienerschaft zugedacht sei.

Auch als die Personen des Gerichts wiederkamen, um zur Aufnahme der Hinterlassenschaftsverzeichnisse zu schreiten, mußte der Geschäftsführer den Grafen, weil derselbe krank und sogar bettlägerig war, vertreten.

Welch’ ein Inventar! — Ueber siebenzig Oberröcke und Kleider, theils von Seide in allen Farben, theils von Mousselin und sonstigen feinen Kleiderstoffen, gegen dreißig Shawls und Longshawls, ohne die übrigen Halstücher, ebenso viele Hüte nach den neuesten Formen der Mode, und in diesem Verhältniß alles Uebrige in staunenswerther Fülle. Schmuck fand sich wenig, außer was Sophie als Kind schon besessen, für wen hätte sie sich auch mit zahlreichen Ketten und Ringen schmücken sollen? Sie selbst, ihre ganze Liebe und liebliche Erscheinung war ja der schönste Schmuck, wie er aus der Idee des Schöpfers als Meisterwerk hervorgegangen war; gleichwohl waren einige goldene Halsketten, waren Ringe, Armbänder und dergleichen äußere Frauenzierden vorhanden. Am Meisten überraschend aber war für die Beamten und Taxatoren die Menge baaren Geldes, die in verschiedenen buntseidenen und zum Theil mit Perlen oder mit Fischschuppen gestickten Börsen sich vorfand. Jene Ducaten von theurer Hand, der kleinen Sophie damals in Doorwerth geschenkt, sie waren nicht ausgegeben worden, außerdem fanden sich Friedrichsd’or, Kronen-, Species- und einfache Thaler. Der Graf übernahm gegen Zahlung der Taxe den ganzen Nachlaß, und ließ ihn durch das Gericht seiner Dienerschaft aushändigen; die Summe, welche er zahlte, wurde beim Gericht hinterlegt, und von einer dringlichen Aufforderung, Namen,

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[459/0463] Worte eines redlichen Beamten verfehlten die gehoffte Wirkung. Ansichten und Pflichten anderer Art ließen die gewünschte Schonung versagen. Das Gericht ordnete die Versiegelung des Nachlasses der Verstorbenen an. Die Gefühle, die den Grafen hierbei bewegten, sind nicht zu schildern, doch nie verließ ihn die Würde. Er fügte sich ungern dem eisernen Willen des Gesetzes, aber er fügte sich. Er selbst blieb unsichtbar, er war krank; der Kammerdiener und eine alte treue Dienerin führten die Herren in die Zimmer, in welchen sich Sophiens Nachlaß befand, und erklärten, daß dieser Nachlaß von der Verstorbenen, wie von dem Grafen, der Dienerschaft zugedacht sei. Auch als die Personen des Gerichts wiederkamen, um zur Aufnahme der Hinterlassenschaftsverzeichnisse zu schreiten, mußte der Geschäftsführer den Grafen, weil derselbe krank und sogar bettlägerig war, vertreten. Welch’ ein Inventar! — Ueber siebenzig Oberröcke und Kleider, theils von Seide in allen Farben, theils von Mousselin und sonstigen feinen Kleiderstoffen, gegen dreißig Shawls und Longshawls, ohne die übrigen Halstücher, ebenso viele Hüte nach den neuesten Formen der Mode, und in diesem Verhältniß alles Uebrige in staunenswerther Fülle. Schmuck fand sich wenig, außer was Sophie als Kind schon besessen, für wen hätte sie sich auch mit zahlreichen Ketten und Ringen schmücken sollen? Sie selbst, ihre ganze Liebe und liebliche Erscheinung war ja der schönste Schmuck, wie er aus der Idee des Schöpfers als Meisterwerk hervorgegangen war; gleichwohl waren einige goldene Halsketten, waren Ringe, Armbänder und dergleichen äußere Frauenzierden vorhanden. Am Meisten überraschend aber war für die Beamten und Taxatoren die Menge baaren Geldes, die in verschiedenen buntseidenen und zum Theil mit Perlen oder mit Fischschuppen gestickten Börsen sich vorfand. Jene Ducaten von theurer Hand, der kleinen Sophie damals in Doorwerth geschenkt, sie waren nicht ausgegeben worden, außerdem fanden sich Friedrichsd’or, Kronen-, Species- und einfache Thaler. Der Graf übernahm gegen Zahlung der Taxe den ganzen Nachlaß, und ließ ihn durch das Gericht seiner Dienerschaft aushändigen; die Summe, welche er zahlte, wurde beim Gericht hinterlegt, und von einer dringlichen Aufforderung, Namen,

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/463>, abgerufen am 28.11.2024.