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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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von Ewigkeit her zu Recht beständig, und das Unrecht bleibt Unrecht, und wenn alle Nationen es für Recht ausschreien. Lassen Sie mich nur noch, da ich davon abkam, auf Ihre eigentliche erste Frage einfach antworten, es war diese, ob nie die neue Wissenschaft und die neue Erforschung der Wahrheit durch gebildete Lebenskreise dringen solle? Warum nicht; jede wirklich neue Wissenschaft, die nützt oder erfreut, soll dies thun, eine neue Erforschung der Wahrheit aber gibt es nicht, die Wahrheit ist keine Wissenschaft, die Wahrheit ist ewig wie Gott. Es sind an ihr nicht neue Entdeckungen zu machen, wie in Astronomie und Geographie, dort ein Sternenhaufe im Aethermeere, dort eine Inselgruppe im stillen Ocean. Die Sterne waren vorher da, die Inseln waren auch da, beide sind nichts Neues, sie treten nur als neugefunden in unser Wissen und Erkennen ein. Kein Philosoph der Welt kann einen neuen Gott verkündigen; was bei neuen Götzen herauskommt, hat Frankreich dargethan, als es seine Vernunftgöttin durch eine schamlose Comödiantin vorstellen und vertreten ließ. Zweck und Mittel hielten sich die Wage, die Gottheit und ihr Abbild waren gleichen Schlages, und es wäre keineswegs eine neue Wahrheit, sondern nur eine Wiederkehr alter Narrheit, wenn es irgend einer Nation einfiele, Katzen und Kühe zu vergöttern, und die Götter mit Sperber- und Hundeköpfen darzustellen; ohnehin wird ja schon in Paris Hyänen, Krokodillen und blutlechzenden Tigern göttliche Ehre erwiesen!

Wie es in politisch bewegten Zeiten zu gehen pflegt, alle Parteien bilden sich erregt, heftig und unduldsam aus; die schönsten Kreise spalten sich, der Vater streitet gegen den Sohn, der Sohn gegen ihn und die Geschwister, "es lösen -- wie Schiller sagt -- sich alle Bande frommer Scheu" , und die besten und einsichtvollsten Menschen werden hingerissen zu maßlosen Reden, wenn nicht selbst zu solchen Handlungen; Streit und Zwietracht walten und zornvoll entflammter Hader, und die schöne Ruhe des Gemüthes, der heitere Friede, der innere Himmel geht auf lange, wenn nicht für immer, vielen Tausenden verloren.

Zum Glück wußten nach Wortwechseln, wie dieser letzte, deren von solcher Schärfe und Heftigkeit noch keiner auf dieser Reise vorgekommen war -- wie wäre eine weite gemeinschaftliche Reise ganz

von Ewigkeit her zu Recht beständig, und das Unrecht bleibt Unrecht, und wenn alle Nationen es für Recht ausschreien. Lassen Sie mich nur noch, da ich davon abkam, auf Ihre eigentliche erste Frage einfach antworten, es war diese, ob nie die neue Wissenschaft und die neue Erforschung der Wahrheit durch gebildete Lebenskreise dringen solle? Warum nicht; jede wirklich neue Wissenschaft, die nützt oder erfreut, soll dies thun, eine neue Erforschung der Wahrheit aber gibt es nicht, die Wahrheit ist keine Wissenschaft, die Wahrheit ist ewig wie Gott. Es sind an ihr nicht neue Entdeckungen zu machen, wie in Astronomie und Geographie, dort ein Sternenhaufe im Aethermeere, dort eine Inselgruppe im stillen Ocean. Die Sterne waren vorher da, die Inseln waren auch da, beide sind nichts Neues, sie treten nur als neugefunden in unser Wissen und Erkennen ein. Kein Philosoph der Welt kann einen neuen Gott verkündigen; was bei neuen Götzen herauskommt, hat Frankreich dargethan, als es seine Vernunftgöttin durch eine schamlose Comödiantin vorstellen und vertreten ließ. Zweck und Mittel hielten sich die Wage, die Gottheit und ihr Abbild waren gleichen Schlages, und es wäre keineswegs eine neue Wahrheit, sondern nur eine Wiederkehr alter Narrheit, wenn es irgend einer Nation einfiele, Katzen und Kühe zu vergöttern, und die Götter mit Sperber- und Hundeköpfen darzustellen; ohnehin wird ja schon in Paris Hyänen, Krokodillen und blutlechzenden Tigern göttliche Ehre erwiesen!

Wie es in politisch bewegten Zeiten zu gehen pflegt, alle Parteien bilden sich erregt, heftig und unduldsam aus; die schönsten Kreise spalten sich, der Vater streitet gegen den Sohn, der Sohn gegen ihn und die Geschwister, „es lösen — wie Schiller sagt — sich alle Bande frommer Scheu“ , und die besten und einsichtvollsten Menschen werden hingerissen zu maßlosen Reden, wenn nicht selbst zu solchen Handlungen; Streit und Zwietracht walten und zornvoll entflammter Hader, und die schöne Ruhe des Gemüthes, der heitere Friede, der innere Himmel geht auf lange, wenn nicht für immer, vielen Tausenden verloren.

Zum Glück wußten nach Wortwechseln, wie dieser letzte, deren von solcher Schärfe und Heftigkeit noch keiner auf dieser Reise vorgekommen war — wie wäre eine weite gemeinschaftliche Reise ganz

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von Ewigkeit her zu Recht beständig, und das Unrecht bleibt Unrecht, und wenn alle Nationen es für Recht ausschreien. Lassen Sie mich nur noch, da ich davon abkam, auf Ihre eigentliche erste Frage einfach antworten, es war diese, ob nie die neue Wissenschaft und die neue Erforschung der Wahrheit durch gebildete Lebenskreise dringen solle? Warum nicht; jede wirklich neue Wissenschaft, die nützt oder erfreut, soll dies thun, eine neue Erforschung der Wahrheit aber gibt es nicht, die Wahrheit ist keine Wissenschaft, die Wahrheit ist ewig wie Gott. Es sind an ihr nicht neue Entdeckungen zu machen, wie in Astronomie und Geographie, dort ein Sternenhaufe im Aethermeere, dort eine Inselgruppe im stillen Ocean. Die Sterne waren vorher da, die Inseln waren auch da, beide sind nichts Neues, sie treten nur als neugefunden in unser Wissen und Erkennen ein. Kein Philosoph der Welt kann einen neuen <hi rendition="#g">Gott</hi> verkündigen; was bei neuen Götzen herauskommt, hat Frankreich dargethan, als es seine Vernunftgöttin durch eine schamlose Comödiantin vorstellen und vertreten ließ. Zweck und Mittel hielten sich die Wage, die Gottheit und ihr Abbild waren gleichen Schlages, und es wäre keineswegs eine neue Wahrheit, sondern nur eine Wiederkehr alter Narrheit, wenn es irgend einer Nation einfiele, Katzen und Kühe zu vergöttern, und die Götter mit Sperber- und Hundeköpfen darzustellen; ohnehin wird ja schon in Paris Hyänen, Krokodillen und blutlechzenden Tigern göttliche Ehre erwiesen!</p>
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[153/0157] von Ewigkeit her zu Recht beständig, und das Unrecht bleibt Unrecht, und wenn alle Nationen es für Recht ausschreien. Lassen Sie mich nur noch, da ich davon abkam, auf Ihre eigentliche erste Frage einfach antworten, es war diese, ob nie die neue Wissenschaft und die neue Erforschung der Wahrheit durch gebildete Lebenskreise dringen solle? Warum nicht; jede wirklich neue Wissenschaft, die nützt oder erfreut, soll dies thun, eine neue Erforschung der Wahrheit aber gibt es nicht, die Wahrheit ist keine Wissenschaft, die Wahrheit ist ewig wie Gott. Es sind an ihr nicht neue Entdeckungen zu machen, wie in Astronomie und Geographie, dort ein Sternenhaufe im Aethermeere, dort eine Inselgruppe im stillen Ocean. Die Sterne waren vorher da, die Inseln waren auch da, beide sind nichts Neues, sie treten nur als neugefunden in unser Wissen und Erkennen ein. Kein Philosoph der Welt kann einen neuen Gott verkündigen; was bei neuen Götzen herauskommt, hat Frankreich dargethan, als es seine Vernunftgöttin durch eine schamlose Comödiantin vorstellen und vertreten ließ. Zweck und Mittel hielten sich die Wage, die Gottheit und ihr Abbild waren gleichen Schlages, und es wäre keineswegs eine neue Wahrheit, sondern nur eine Wiederkehr alter Narrheit, wenn es irgend einer Nation einfiele, Katzen und Kühe zu vergöttern, und die Götter mit Sperber- und Hundeköpfen darzustellen; ohnehin wird ja schon in Paris Hyänen, Krokodillen und blutlechzenden Tigern göttliche Ehre erwiesen! Wie es in politisch bewegten Zeiten zu gehen pflegt, alle Parteien bilden sich erregt, heftig und unduldsam aus; die schönsten Kreise spalten sich, der Vater streitet gegen den Sohn, der Sohn gegen ihn und die Geschwister, „es lösen — wie Schiller sagt — sich alle Bande frommer Scheu“ , und die besten und einsichtvollsten Menschen werden hingerissen zu maßlosen Reden, wenn nicht selbst zu solchen Handlungen; Streit und Zwietracht walten und zornvoll entflammter Hader, und die schöne Ruhe des Gemüthes, der heitere Friede, der innere Himmel geht auf lange, wenn nicht für immer, vielen Tausenden verloren. Zum Glück wußten nach Wortwechseln, wie dieser letzte, deren von solcher Schärfe und Heftigkeit noch keiner auf dieser Reise vorgekommen war — wie wäre eine weite gemeinschaftliche Reise ganz

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/157>, abgerufen am 22.11.2024.