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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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und völlig ohne irgend eine vorübergehende Mißstimmung denkbar? -- die befreundeten Gemüther immer bald wieder das rechte Maß zu finden und stritten, wenn sie stritten, immer nur sachlich, nie persönlich. Daher erreichte man zuletzt in guter Eintracht und durch die nahe Aussicht auf die Endschaft dieser langen Fahrt erheitert, das Städtchen Rheenen, wo eine Rast gehalten wurde und Windt ein Pferd nahm, um gleichsam als Quartiermacher seiner kleinen Caravane nach Doorwerth vorauszureiten. Als mit dem nahen Sonnenuntergange liebliche Abendkühle einzutreten begann und die Sonne ein zauberisches Licht auf alle die tiefgrünen Bäume und Sträuche warf, welche nach allen Richtungen hin die Landschaft durchzogen, die ganze Flur dieser Landschaft im Sonnengolde wie im heiligen Sabbath ewigen Gottesfriedens ruhte, da war jedes Herz der Reisenden von Freude erfüllt, jeder Gegenstand erregte lebendigen Antheil, und so mußte gleich hinter Rheenen der Kutscher halten, damit die Reisenden einen dicht am Wege sich erhebenden Hügel besteigen und besichtigen konnten, der seiner Form und Art nach aus der germanischen Frühzeit stammte. Es war ein in dieser Gegend seltener Hochpunkt; auf hohen Steinen, gleich kurzen rohen Säulen, lag eine mächtige Steinplatte, ähnlich einem Druidengrabe, vom umwohnenden Volke genannt die Königstafel; welcher König aber hier in der Zeiten Frühe getafelt, das war der Sage entfallen, ebenso der Grund, weshalb der ganze Hügel der Heimenberg genannt wurde und jener eine Strecke weiter davon einzeln stehende hochragende erratische Block der Heimensteen.

Wir wollen uns diese sagenhaften Stätten und Namen, wenn wir nicht auf den Grund ihres Ursprungs kommen, sprach Ludwig, zu günstigen Wahrzeichen und Vorzeichen dienen lassen, daß wir jetzt die Grenze unsers neuen Heim, für eine Zeit lang wenigstens, überschritten haben, daß nach so mancherlei Stürmen eine neue Heimath uns hier sich aufthun soll und will, und gebe nur Gott, auf den ich mehr hoffe und baue als unser übereifriger Freund und Philosophenfeind mir zutraut, daß unser allseitiges Hoffen in Erfüllung gehe!

Eine kurze Strecke von etwa drei Viertelstunden noch und der Wagen rollte durch die wunderschöne Allee auf das stattliche Herrenschloß Doorwerth zu.



und völlig ohne irgend eine vorübergehende Mißstimmung denkbar? — die befreundeten Gemüther immer bald wieder das rechte Maß zu finden und stritten, wenn sie stritten, immer nur sachlich, nie persönlich. Daher erreichte man zuletzt in guter Eintracht und durch die nahe Aussicht auf die Endschaft dieser langen Fahrt erheitert, das Städtchen Rheenen, wo eine Rast gehalten wurde und Windt ein Pferd nahm, um gleichsam als Quartiermacher seiner kleinen Caravane nach Doorwerth vorauszureiten. Als mit dem nahen Sonnenuntergange liebliche Abendkühle einzutreten begann und die Sonne ein zauberisches Licht auf alle die tiefgrünen Bäume und Sträuche warf, welche nach allen Richtungen hin die Landschaft durchzogen, die ganze Flur dieser Landschaft im Sonnengolde wie im heiligen Sabbath ewigen Gottesfriedens ruhte, da war jedes Herz der Reisenden von Freude erfüllt, jeder Gegenstand erregte lebendigen Antheil, und so mußte gleich hinter Rheenen der Kutscher halten, damit die Reisenden einen dicht am Wege sich erhebenden Hügel besteigen und besichtigen konnten, der seiner Form und Art nach aus der germanischen Frühzeit stammte. Es war ein in dieser Gegend seltener Hochpunkt; auf hohen Steinen, gleich kurzen rohen Säulen, lag eine mächtige Steinplatte, ähnlich einem Druidengrabe, vom umwohnenden Volke genannt die Königstafel; welcher König aber hier in der Zeiten Frühe getafelt, das war der Sage entfallen, ebenso der Grund, weshalb der ganze Hügel der Heimenberg genannt wurde und jener eine Strecke weiter davon einzeln stehende hochragende erratische Block der Heimensteen.

Wir wollen uns diese sagenhaften Stätten und Namen, wenn wir nicht auf den Grund ihres Ursprungs kommen, sprach Ludwig, zu günstigen Wahrzeichen und Vorzeichen dienen lassen, daß wir jetzt die Grenze unsers neuen Heim, für eine Zeit lang wenigstens, überschritten haben, daß nach so mancherlei Stürmen eine neue Heimath uns hier sich aufthun soll und will, und gebe nur Gott, auf den ich mehr hoffe und baue als unser übereifriger Freund und Philosophenfeind mir zutraut, daß unser allseitiges Hoffen in Erfüllung gehe!

Eine kurze Strecke von etwa drei Viertelstunden noch und der Wagen rollte durch die wunderschöne Allee auf das stattliche Herrenschloß Doorwerth zu.



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[154/0158] und völlig ohne irgend eine vorübergehende Mißstimmung denkbar? — die befreundeten Gemüther immer bald wieder das rechte Maß zu finden und stritten, wenn sie stritten, immer nur sachlich, nie persönlich. Daher erreichte man zuletzt in guter Eintracht und durch die nahe Aussicht auf die Endschaft dieser langen Fahrt erheitert, das Städtchen Rheenen, wo eine Rast gehalten wurde und Windt ein Pferd nahm, um gleichsam als Quartiermacher seiner kleinen Caravane nach Doorwerth vorauszureiten. Als mit dem nahen Sonnenuntergange liebliche Abendkühle einzutreten begann und die Sonne ein zauberisches Licht auf alle die tiefgrünen Bäume und Sträuche warf, welche nach allen Richtungen hin die Landschaft durchzogen, die ganze Flur dieser Landschaft im Sonnengolde wie im heiligen Sabbath ewigen Gottesfriedens ruhte, da war jedes Herz der Reisenden von Freude erfüllt, jeder Gegenstand erregte lebendigen Antheil, und so mußte gleich hinter Rheenen der Kutscher halten, damit die Reisenden einen dicht am Wege sich erhebenden Hügel besteigen und besichtigen konnten, der seiner Form und Art nach aus der germanischen Frühzeit stammte. Es war ein in dieser Gegend seltener Hochpunkt; auf hohen Steinen, gleich kurzen rohen Säulen, lag eine mächtige Steinplatte, ähnlich einem Druidengrabe, vom umwohnenden Volke genannt die Königstafel; welcher König aber hier in der Zeiten Frühe getafelt, das war der Sage entfallen, ebenso der Grund, weshalb der ganze Hügel der Heimenberg genannt wurde und jener eine Strecke weiter davon einzeln stehende hochragende erratische Block der Heimensteen. Wir wollen uns diese sagenhaften Stätten und Namen, wenn wir nicht auf den Grund ihres Ursprungs kommen, sprach Ludwig, zu günstigen Wahrzeichen und Vorzeichen dienen lassen, daß wir jetzt die Grenze unsers neuen Heim, für eine Zeit lang wenigstens, überschritten haben, daß nach so mancherlei Stürmen eine neue Heimath uns hier sich aufthun soll und will, und gebe nur Gott, auf den ich mehr hoffe und baue als unser übereifriger Freund und Philosophenfeind mir zutraut, daß unser allseitiges Hoffen in Erfüllung gehe! Eine kurze Strecke von etwa drei Viertelstunden noch und der Wagen rollte durch die wunderschöne Allee auf das stattliche Herrenschloß Doorwerth zu.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/158>, abgerufen am 22.11.2024.