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Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

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Psychosophia.
Mir ist nicht gelegen/ und beliebet mir auch
nicht/ von den Peinigungen hier weiter zu reden/
auff daß ich nicht angesehen werde/ mehr eine
ansehnliche Rede zu halten/ als Außlegungen
zu schreiben. Bey den Rednern ist ein gemeiner
Orth von den Peinigungen und gegen die Pei-
nigungen. Es seynd die stärckste Sachen/ wel-
che sie gegen die Peinigungen vorbringen/ aber die
sie für die Peinigungen fürbringen nichtig und
schwach.

Eben dieser Ludov. Vives, über die Wort:
(quid quod aliquande & ipsi qui arguunt) per
legem illam,
sagt er/ accusator idem patiatur,
quod reus esset passurus, si non eum convicerit.

Worauß klärlich zu sehen/ was für ein Unglück
und Elend das Peinigen und Foltern verursa-
chen kan/ und wie unrecht mit diesem Recht ge-
schicht/ und zu weit gegangen wird/ bey man-
chem ist der Nahme/ oder das Träuen mit der
Folter/ schon so groß/ als der Tod selbsten. Es
heist zwar: Metus non cadit in fortem virum.
aber das ist gewiß/ quod dolor cadat in fortem
virum,
dann je stärckerer Leib/ je stärckere Ner-
ven/ stärckere Peinigung/ und je stärckere Em-
pfindung. Es seyn nicht alle Platinae, Campa-
nellae
und Tampier, die so grausame Peinigun-
gen außstehen können/ wie Campanella von sich
schreihtz Quadraginta horis acerrimis fidiculis

dis-

Pſychoſophia.
Mir iſt nicht gelegen/ und beliebet mir auch
nicht/ von den Peinigungen hier weiter zu reden/
auff daß ich nicht angeſehen werde/ mehr eine
anſehnliche Rede zu halten/ als Außlegungen
zu ſchreiben. Bey den Rednern iſt ein gemeiner
Orth von den Peinigungen und gegen die Pei-
nigungen. Es ſeynd die ſtaͤrckſte Sachen/ wel-
che ſie gegen die Peinigungen vorbringen/ aber die
ſie fuͤr die Peinigungen fuͤrbringen nichtig und
ſchwach.

Eben dieſer Ludov. Vives, uͤber die Wort:
(quid quod aliquande & ipſi qui arguunt) per
legem illam,
ſagt er/ accuſator idem patiatur,
quod reus eſſet paſſurus, ſi non eum convicerit.

Worauß klaͤrlich zu ſehen/ was fuͤr ein Ungluͤck
und Elend das Peinigen und Foltern verurſa-
chen kan/ und wie unrecht mit dieſem Recht ge-
ſchicht/ und zu weit gegangen wird/ bey man-
chem iſt der Nahme/ oder das Traͤuen mit der
Folter/ ſchon ſo groß/ als der Tod ſelbſten. Es
heiſt zwar: Metus non cadit in fortem virum.
aber das iſt gewiß/ quod dolor cadat in fortem
virum,
dann je ſtaͤrckerer Leib/ je ſtaͤrckere Ner-
ven/ ſtaͤrckere Peinigung/ und je ſtaͤrckere Em-
pfindung. Es ſeyn nicht alle Platinæ, Campa-
nellæ
und Tampier, die ſo grauſame Peinigun-
gen außſtehen koͤnnen/ wie Campanella von ſich
ſchreihtz Quadraginta horis acerrimis fidiculis

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[288/0346] Pſychoſophia. Mir iſt nicht gelegen/ und beliebet mir auch nicht/ von den Peinigungen hier weiter zu reden/ auff daß ich nicht angeſehen werde/ mehr eine anſehnliche Rede zu halten/ als Außlegungen zu ſchreiben. Bey den Rednern iſt ein gemeiner Orth von den Peinigungen und gegen die Pei- nigungen. Es ſeynd die ſtaͤrckſte Sachen/ wel- che ſie gegen die Peinigungen vorbringen/ aber die ſie fuͤr die Peinigungen fuͤrbringen nichtig und ſchwach. Eben dieſer Ludov. Vives, uͤber die Wort: (quid quod aliquande & ipſi qui arguunt) per legem illam, ſagt er/ accuſator idem patiatur, quod reus eſſet paſſurus, ſi non eum convicerit. Worauß klaͤrlich zu ſehen/ was fuͤr ein Ungluͤck und Elend das Peinigen und Foltern verurſa- chen kan/ und wie unrecht mit dieſem Recht ge- ſchicht/ und zu weit gegangen wird/ bey man- chem iſt der Nahme/ oder das Traͤuen mit der Folter/ ſchon ſo groß/ als der Tod ſelbſten. Es heiſt zwar: Metus non cadit in fortem virum. aber das iſt gewiß/ quod dolor cadat in fortem virum, dann je ſtaͤrckerer Leib/ je ſtaͤrckere Ner- ven/ ſtaͤrckere Peinigung/ und je ſtaͤrckere Em- pfindung. Es ſeyn nicht alle Platinæ, Campa- nellæ und Tampier, die ſo grauſame Peinigun- gen außſtehen koͤnnen/ wie Campanella von ſich ſchreihtz Quadraginta horis acerrimis fidiculis diſ-

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Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/346>, abgerufen am 08.05.2024.