Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

Bild:
<< vorherige Seite

Seelen-Weißheit.
serste Gefahr setzen/ solten diesen Punct decidi-
r
en/ und den Pfaffen ihren Willen nicht so gar
lassen. Divortium ex impotentia, non modo
ex vasorum inhabilitate, sed temperamentorum
discrasia quoque definiri deberet.
Die Otto-
mannische Linie wäre längst außgestorben/ wann
sie bey der Monogamie geblieben wäre. Hinge-
gen wie viel vornehme alte familien seynd in
Europa abgestorben/ allein/ wegen unfruchtbarer
Weiber.

Desertio ist/ wann wegen Feindseligkeit oder
ungleichen humoren/ entweder der Mann vom
Weibe/ oder das Weib vom Manne gehet oder
lauffet ohne Ehescheiden/ und hierinn seynd die
Französische Weiber absonderlich fix/ die kön-
nen eine kleine Spazier-Reise von 100. Meiln
Weges von ihren Männern thun/ und kommen
hernach doch wieder/ zumalen aber/ wann die Wei-
ber mit anderen Männern/ oder die Männer
mit anderen Weibern davon lauffen/ das aber
wird alsdann genennet malitiosa desertio.

142. Phil.

Jch sehe wol/ daß das Heurathen viel
Ungelegenheit nach sich ziehet/ und muß das geste-
hen/ die Jtaliäner mit dem Concubinat einen gewalt-
samen Riß in den Heurath gemacht/ und dem
Frauen-Volck einen starcken Zaum angelegt/ dann
die Frauen verlassen sich nun darauff/ wann sie ge-
heurathet seyn/ daß man sie behalten muß/ eine Con-
cubin
aber kan man fortjagen/ wann man will; Jch

wolte
M iij

Seelen-Weißheit.
ſerſte Gefahr ſetzen/ ſolten dieſen Punct decidi-
r
en/ und den Pfaffen ihren Willen nicht ſo gar
laſſen. Divortium ex impotentia, non modò
ex vaſorum inhabilitate, ſed temperamentorum
diſcraſia quoque definiri deberet.
Die Otto-
manniſche Linie waͤre laͤngſt außgeſtorben/ wañ
ſie bey der Monogamie geblieben waͤre. Hinge-
gen wie viel vornehme alte familien ſeynd in
Europa abgeſtorben/ allein/ wegen unfruchtbarer
Weiber.

Deſertio iſt/ wann wegen Feindſeligkeit oder
ungleichen humoren/ entweder der Mann vom
Weibe/ oder das Weib vom Manne gehet oder
lauffet ohne Eheſcheiden/ und hieriñ ſeynd die
Franzoͤſiſche Weiber abſonderlich fix/ die koͤn-
nen eine kleine Spazier-Reiſe von 100. Meiln
Weges von ihren Maͤnnern thun/ und kommen
hernach doch wieder/ zumalen aber/ wann die Wei-
ber mit anderen Maͤnnern/ oder die Maͤnner
mit anderen Weibern davon lauffen/ das aber
wird alsdann genennet malitioſa deſertio.

142. Phil.

Jch ſehe wol/ daß das Heurathen viel
Ungelegenheit nach ſich ziehet/ und muß das geſte-
hen/ die Jtaliaͤner mit dem Concubinat einen gewalt-
ſamen Riß in den Heurath gemacht/ und dem
Frauen-Volck einen ſtarcken Zaum angelegt/ dann
die Frauen verlaſſen ſich nun darauff/ wann ſie ge-
heurathet ſeyn/ daß man ſie behalten muß/ eine Con-
cubin
aber kan man fortjagen/ wann man will; Jch

wolte
M iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0327" n="269"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Seelen-Weißheit.</hi></fw><lb/>
&#x017F;er&#x017F;te Gefahr &#x017F;etzen/ &#x017F;olten die&#x017F;en Punct <hi rendition="#aq">decidi-<lb/>
r</hi>en/ und den Pfaffen ihren Willen nicht &#x017F;o gar<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#aq">Divortium ex impotentia, non modò<lb/>
ex va&#x017F;orum inhabilitate, &#x017F;ed temperamentorum<lb/>
di&#x017F;cra&#x017F;ia quoque definiri deberet.</hi> Die Otto-<lb/>
manni&#x017F;che Linie wa&#x0364;re la&#x0364;ng&#x017F;t außge&#x017F;torben/ wan&#x0303;<lb/>
&#x017F;ie bey der <hi rendition="#aq">Monogamie</hi> geblieben wa&#x0364;re. Hinge-<lb/>
gen wie viel vornehme alte <hi rendition="#aq">famili</hi>en &#x017F;eynd in<lb/><hi rendition="#aq">Europa</hi> abge&#x017F;torben/ allein/ wegen unfruchtbarer<lb/>
Weiber.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">De&#x017F;ertio</hi> i&#x017F;t/ wann wegen Feind&#x017F;eligkeit oder<lb/>
ungleichen <hi rendition="#aq">humor</hi>en/ entweder der Mann vom<lb/>
Weibe/ oder das Weib vom Manne gehet oder<lb/>
lauffet ohne Ehe&#x017F;cheiden/ und hierin&#x0303; &#x017F;eynd die<lb/>
Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Weiber ab&#x017F;onderlich fix/ die ko&#x0364;n-<lb/>
nen eine kleine Spazier-Rei&#x017F;e von 100. Meiln<lb/>
Weges von ihren Ma&#x0364;nnern thun/ und kommen<lb/>
hernach doch wieder/ zumalen aber/ wann die Wei-<lb/>
ber mit anderen Ma&#x0364;nnern/ oder die Ma&#x0364;nner<lb/>
mit anderen Weibern davon lauffen/ das aber<lb/>
wird alsdann genennet <hi rendition="#aq">malitio&#x017F;a de&#x017F;ertio.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>142. <hi rendition="#aq">Phil.</hi></head>
            <p> Jch &#x017F;ehe wol/ daß das Heurathen viel<lb/>
Ungelegenheit nach &#x017F;ich ziehet/ und muß das ge&#x017F;te-<lb/>
hen/ die Jtalia&#x0364;ner mit dem <hi rendition="#aq">Concubinat</hi> einen gewalt-<lb/>
&#x017F;amen Riß in den Heurath gemacht/ und dem<lb/>
Frauen-Volck einen &#x017F;tarcken Zaum angelegt/ dann<lb/>
die Frauen verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nun darauff/ wann &#x017F;ie ge-<lb/>
heurathet &#x017F;eyn/ daß man &#x017F;ie behalten muß/ eine <hi rendition="#aq">Con-<lb/>
cubin</hi> aber kan man fortjagen/ wann man will; Jch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M iij</fw><fw place="bottom" type="catch">wolte</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0327] Seelen-Weißheit. ſerſte Gefahr ſetzen/ ſolten dieſen Punct decidi- ren/ und den Pfaffen ihren Willen nicht ſo gar laſſen. Divortium ex impotentia, non modò ex vaſorum inhabilitate, ſed temperamentorum diſcraſia quoque definiri deberet. Die Otto- manniſche Linie waͤre laͤngſt außgeſtorben/ wañ ſie bey der Monogamie geblieben waͤre. Hinge- gen wie viel vornehme alte familien ſeynd in Europa abgeſtorben/ allein/ wegen unfruchtbarer Weiber. Deſertio iſt/ wann wegen Feindſeligkeit oder ungleichen humoren/ entweder der Mann vom Weibe/ oder das Weib vom Manne gehet oder lauffet ohne Eheſcheiden/ und hieriñ ſeynd die Franzoͤſiſche Weiber abſonderlich fix/ die koͤn- nen eine kleine Spazier-Reiſe von 100. Meiln Weges von ihren Maͤnnern thun/ und kommen hernach doch wieder/ zumalen aber/ wann die Wei- ber mit anderen Maͤnnern/ oder die Maͤnner mit anderen Weibern davon lauffen/ das aber wird alsdann genennet malitioſa deſertio. 142. Phil. Jch ſehe wol/ daß das Heurathen viel Ungelegenheit nach ſich ziehet/ und muß das geſte- hen/ die Jtaliaͤner mit dem Concubinat einen gewalt- ſamen Riß in den Heurath gemacht/ und dem Frauen-Volck einen ſtarcken Zaum angelegt/ dann die Frauen verlaſſen ſich nun darauff/ wann ſie ge- heurathet ſeyn/ daß man ſie behalten muß/ eine Con- cubin aber kan man fortjagen/ wann man will; Jch wolte M iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/327
Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/327>, abgerufen am 08.05.2024.