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Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

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Seelen-Weißheit.
etliche mißbrauchens/ und ob zwar einige ver-
meynen/ die Feuchtigkeit aus dem Leib könne
nicht dahin kommen und durchgehen/ so erweisets
doch der Effect/ daß viel schwehre Zustände durch
Fontanellen sind curirt worden/ die man sonst
auff keine Weiß hat remediren können/ in Pest-
Zeiten seynd sie trefflich gut/ aber truckenen und
mageren Complexionen dienen sie nicht.

Viel Leute seynd in schwehren Augen-Zustän-
den durch das Haarziehen im Gnick curirt wor-
den. Auch seynd viel schwehre Zustände und Zu-
fälle durchs Trepaniren curirt worden.

Auff das Baden haben die Alten sehr viel
gehalten/ und noch heutiges Tages wird in
Türckey/ Moßcovien/ Polen und Schweden
viel gebadet/ es ist sehr gut gegen den Scharbock/
und können viel schwehre Kranckheiten dardurch
curirt werden/ absonderlich seyn die Bäder von
süssem Wasser mit etwas Milch sehr gesund/ sie
erfrischen das Geblüt/ ziehen die Schärffe und
Saltzigkeit aus/ und können kecklich in allerhand
Zuständen gebraucht werden/ aber von den na-
türlichen hitzigen Schweffel-Bädern/ kan solches
nicht gesagt werden/ dann selbige erhitzen den
Leib/ und agitiren Humores, derentwegen das
Sprichwort: Corpus cacochymicum in balnea
mittere, est laceram navim in mare committere,

das ist/ einen übelgestellten Leib in das Bad las-

sen

Seelen-Weißheit.
etliche mißbrauchens/ und ob zwar einige ver-
meynen/ die Feuchtigkeit aus dem Leib koͤnne
nicht dahin kommen und durchgehen/ ſo erweiſets
doch der Effect/ daß viel ſchwehre Zuſtaͤnde durch
Fontanellen ſind curirt worden/ die man ſonſt
auff keine Weiß hat remediren koͤnnen/ in Peſt-
Zeiten ſeynd ſie trefflich gut/ aber truckenen und
mageren Complexionen dienen ſie nicht.

Viel Leute ſeynd in ſchwehren Augen-Zuſtaͤn-
den durch das Haarziehen im Gnick curirt wor-
den. Auch ſeynd viel ſchwehre Zuſtaͤnde und Zu-
faͤlle durchs Trepaniren curirt worden.

Auff das Baden haben die Alten ſehr viel
gehalten/ und noch heutiges Tages wird in
Tuͤrckey/ Moßcovien/ Polen und Schweden
viel gebadet/ es iſt ſehr gut gegen den Scharbock/
und koͤnnen viel ſchwehre Kranckheiten dardurch
curirt werden/ abſonderlich ſeyn die Baͤder von
ſuͤſſem Waſſer mit etwas Milch ſehr geſund/ ſie
erfriſchen das Gebluͤt/ ziehen die Schaͤrffe und
Saltzigkeit aus/ und koͤnnen kecklich in allerhand
Zuſtaͤnden gebraucht werden/ aber von den na-
tuͤrlichen hitzigen Schweffel-Baͤdern/ kan ſolches
nicht geſagt werden/ dann ſelbige erhitzen den
Leib/ und agitiren Humores, derentwegen das
Sprichwort: Corpus cacochymicum in balnea
mittere, eſt laceram navim in mare com̃ittere,

das iſt/ einen uͤbelgeſtellten Leib in das Bad laſ-

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[231/0289] Seelen-Weißheit. etliche mißbrauchens/ und ob zwar einige ver- meynen/ die Feuchtigkeit aus dem Leib koͤnne nicht dahin kommen und durchgehen/ ſo erweiſets doch der Effect/ daß viel ſchwehre Zuſtaͤnde durch Fontanellen ſind curirt worden/ die man ſonſt auff keine Weiß hat remediren koͤnnen/ in Peſt- Zeiten ſeynd ſie trefflich gut/ aber truckenen und mageren Complexionen dienen ſie nicht. Viel Leute ſeynd in ſchwehren Augen-Zuſtaͤn- den durch das Haarziehen im Gnick curirt wor- den. Auch ſeynd viel ſchwehre Zuſtaͤnde und Zu- faͤlle durchs Trepaniren curirt worden. Auff das Baden haben die Alten ſehr viel gehalten/ und noch heutiges Tages wird in Tuͤrckey/ Moßcovien/ Polen und Schweden viel gebadet/ es iſt ſehr gut gegen den Scharbock/ und koͤnnen viel ſchwehre Kranckheiten dardurch curirt werden/ abſonderlich ſeyn die Baͤder von ſuͤſſem Waſſer mit etwas Milch ſehr geſund/ ſie erfriſchen das Gebluͤt/ ziehen die Schaͤrffe und Saltzigkeit aus/ und koͤnnen kecklich in allerhand Zuſtaͤnden gebraucht werden/ aber von den na- tuͤrlichen hitzigen Schweffel-Baͤdern/ kan ſolches nicht geſagt werden/ dann ſelbige erhitzen den Leib/ und agitiren Humores, derentwegen das Sprichwort: Corpus cacochymicum in balnea mittere, eſt laceram navim in mare com̃ittere, das iſt/ einen uͤbelgeſtellten Leib in das Bad laſ- ſen

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Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/289>, abgerufen am 08.05.2024.