Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Psychosophia. reste. Wie nun die Schulen/ oder vielmehr ver-kehrte Vernünfftlung/ in den begreifflichen Lei- bern und derer Eigenschafft irret/ so fehlet sie in der andern Art der Betrachtung noch mehr/ wel- che allein ohne äusserliche Sinne durch die Ein- bildung müssen verstanden und betrachtet wer- den/ solches seyn entia rationis, Idaeen, Chymae- ren, notiones, actiones, termini, imaginationes, abstractiones, concepten, materia prima, for- ma, privatio, infinitum, da bringen sie grossen Theil ihres Lebens und Verstandes zu/ und indem sie meynen/ sie haben die Warheit und Essentz jeder Sachen von dem Leibe und Hülsen des Cörpers abgesondert/ so haben sie fürwar anders nichts/ als einen Rauch und Schatten darvon/ wormit die jenigen reich seyn und prangen/ welche gern mit subtilen speculationen und phantastischen con- cepten umgehen/ nemlich gern müssig gehen/ und nicht gern arbeiten wollen. Uber dieses hat auch die Metaphysic viel Böses in die Welt gebracht/ und der Menschen Gedancken in dieser Art von philosophiren so verwirrt/ daß von GOtt/ der Seel/ und andern geistlichen entien, sehr verkehr- te Meynungen vor den Tag kommen/ und viel un- nöthige Sachen ans Liecht gebracht werden/ wel- che besser wäre/ nicht gewust zu seyn/ wie dann des Cartesii Philosophia/ und des Spinosae Ethic nit wenig darzu contribuirt. Das gantze Werck aber
Pſychoſophia. reſte. Wie nun die Schulen/ oder vielmehr ver-kehrte Vernuͤnfftlung/ in den begreifflichen Lei- bern und derer Eigenſchafft irret/ ſo fehlet ſie in der andern Art der Betrachtung noch mehr/ wel- che allein ohne aͤuſſerliche Sinne durch die Ein- bildung muͤſſen verſtanden und betrachtet wer- den/ ſolches ſeyn entia rationis, Idæen, Chymæ- ren, notiones, actiones, termini, imaginationes, abſtractiones, concepten, materia prima, for- ma, privatio, infinitum, da bringen ſie groſſen Theil ihres Lebens und Verſtandes zu/ und indem ſie meynen/ ſie haben die Warheit und Eſſentz jeder Sachen von dem Leibe und Huͤlſen des Coͤrpers abgeſondert/ ſo haben ſie fuͤrwar anders nichts/ als einen Rauch und Schatten darvon/ wormit die jenigen reich ſeyn und prangen/ welche gern mit ſubtilen ſpeculationen und phantaſtiſchen con- cepten umgehen/ nemlich gern muͤſſig gehen/ und nicht gern arbeiten wollen. Uber dieſes hat auch die Metaphyſic viel Boͤſes in die Welt gebracht/ und der Menſchen Gedancken in dieſer Art von philoſophiren ſo verwirrt/ daß von GOtt/ der Seel/ und andern geiſtlichen entien, ſehr verkehr- te Meynungen vor den Tag kommen/ und viel un- noͤthige Sachen ans Liecht gebracht werden/ wel- che beſſer waͤre/ nicht gewuſt zu ſeyn/ wie dann des Carteſii Philoſophia/ und des Spinoſæ Ethic nit wenig darzu contribuirt. Das gantze Werck aber
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0134" n="76"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Pſychoſophia.</hi></fw><lb/> reſte. Wie nun die Schulen/ oder vielmehr ver-<lb/> kehrte Vernuͤnfftlung/ in den begreifflichen Lei-<lb/> bern und derer Eigenſchafft irret/ ſo fehlet ſie in<lb/> der andern Art der Betrachtung noch mehr/ wel-<lb/> che allein ohne aͤuſſerliche Sinne durch die Ein-<lb/> bildung muͤſſen verſtanden und betrachtet wer-<lb/> den/ ſolches ſeyn <hi rendition="#aq">entia rationis, Idæ</hi>en, <hi rendition="#aq">Chymæ-<lb/> r</hi>en<hi rendition="#aq">, notiones, actiones, termini, imaginationes,<lb/> abſtractiones, concept</hi>en<hi rendition="#aq">, materia prima, for-<lb/> ma, privatio, infinitum,</hi> da bringen ſie groſſen<lb/> Theil ihres Lebens und Verſtandes zu/ und indem<lb/> ſie meynen/ ſie haben die Warheit und Eſſentz jeder<lb/> Sachen von dem Leibe und Huͤlſen des Coͤrpers<lb/> abgeſondert/ ſo haben ſie fuͤrwar anders nichts/ als<lb/> einen Rauch und Schatten darvon/ wormit die<lb/> jenigen reich ſeyn und prangen/ welche gern mit<lb/><hi rendition="#aq">ſubtil</hi>en <hi rendition="#aq">ſpeculation</hi>en und phantaſtiſchen <hi rendition="#aq">con-<lb/> cept</hi>en umgehen/ nemlich gern muͤſſig gehen/ und<lb/> nicht gern arbeiten wollen. <hi rendition="#fr">U</hi>ber dieſes hat auch<lb/> die <hi rendition="#aq">Metaphyſic</hi> viel Boͤſes in die Welt gebracht/<lb/> und der Menſchen Gedancken in dieſer Art von<lb/><hi rendition="#aq">philoſophir</hi>en ſo verwirrt/ daß von GOtt/ der<lb/> Seel/ und andern geiſtlichen <hi rendition="#aq">enti</hi>en, ſehr verkehr-<lb/> te Meynungen vor den Tag kommen/ und viel un-<lb/> noͤthige Sachen ans Liecht gebracht werden/ wel-<lb/> che beſſer waͤre/ nicht gewuſt zu ſeyn/ wie dann des<lb/><hi rendition="#aq">Carteſii Philoſophia/</hi> und des <hi rendition="#aq">Spinoſæ Ethic</hi> nit<lb/> wenig darzu <hi rendition="#aq">contribui</hi>rt. Das gantze Werck<lb/> <fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0134]
Pſychoſophia.
reſte. Wie nun die Schulen/ oder vielmehr ver-
kehrte Vernuͤnfftlung/ in den begreifflichen Lei-
bern und derer Eigenſchafft irret/ ſo fehlet ſie in
der andern Art der Betrachtung noch mehr/ wel-
che allein ohne aͤuſſerliche Sinne durch die Ein-
bildung muͤſſen verſtanden und betrachtet wer-
den/ ſolches ſeyn entia rationis, Idæen, Chymæ-
ren, notiones, actiones, termini, imaginationes,
abſtractiones, concepten, materia prima, for-
ma, privatio, infinitum, da bringen ſie groſſen
Theil ihres Lebens und Verſtandes zu/ und indem
ſie meynen/ ſie haben die Warheit und Eſſentz jeder
Sachen von dem Leibe und Huͤlſen des Coͤrpers
abgeſondert/ ſo haben ſie fuͤrwar anders nichts/ als
einen Rauch und Schatten darvon/ wormit die
jenigen reich ſeyn und prangen/ welche gern mit
ſubtilen ſpeculationen und phantaſtiſchen con-
cepten umgehen/ nemlich gern muͤſſig gehen/ und
nicht gern arbeiten wollen. Uber dieſes hat auch
die Metaphyſic viel Boͤſes in die Welt gebracht/
und der Menſchen Gedancken in dieſer Art von
philoſophiren ſo verwirrt/ daß von GOtt/ der
Seel/ und andern geiſtlichen entien, ſehr verkehr-
te Meynungen vor den Tag kommen/ und viel un-
noͤthige Sachen ans Liecht gebracht werden/ wel-
che beſſer waͤre/ nicht gewuſt zu ſeyn/ wie dann des
Carteſii Philoſophia/ und des Spinoſæ Ethic nit
wenig darzu contribuirt. Das gantze Werck
aber
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |