Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

Bild:
<< vorherige Seite

Psychosophia.
Dann/ wer recht edel seyn will/ der setzet den Adel
in die Tugend/ und wer tugendhafft ist/ der sucht
solche als eine köstliche Perl und schätzbares Ju-
wel/ geheim zu halten/ und still vor der Welt dar-
mit zu seyn: Dann die wahre Tugend hat die
Art/ daß sie den Besitzer selbsten vergnügt; Die
falsche Tugend und Adel aber muß sich der Welt
zeigen/ und das Lob und aestimation von aussen/
nemlich von der Welt/ empfangen.

Die fünfte Abtheilung.
79. Phil. Sage mir/ Psychosophe/ was hat die Seel
ferner vor Kennungen von GOtt?

Psych. Daß Er allwissend und alles sey;
dann der ein so wunderliches Gebäu der grossen
und kleinen Welt erschaffen/ muß nothwendig
allwissend und allweise seyn/ zumalen zu so wun-
derlicher unergründlicher Regierung und Allmacht
GOttes/ in den Wercken und Geschichten/ die
wir täglich für Augen sehen/ nothwendig eine gött-
liche Wissenschafft und Weißheit erfordert wird.

80. Phil. Jst Wissen und Weiß seyn unter-
schieden?

Psych. Ungezweiffelt; dann weise seyn/ heist die
Sachen verstehen/ wie sie seyn;
Wissen
aber/ heist der Sachen thun/ lassen/ und
Geschichte wissen.
Zum Exempel; Daß

ein

Pſychoſophia.
Dann/ wer recht edel ſeyn will/ der ſetzet den Adel
in die Tugend/ und wer tugendhafft iſt/ der ſucht
ſolche als eine koͤſtliche Perl und ſchaͤtzbares Ju-
wel/ geheim zu halten/ und ſtill vor der Welt dar-
mit zu ſeyn: Dann die wahre Tugend hat die
Art/ daß ſie den Beſitzer ſelbſten vergnuͤgt; Die
falſche Tugend und Adel aber muß ſich der Welt
zeigen/ und das Lob und æſtimation von auſſen/
nemlich von der Welt/ empfangen.

Die fuͤnfte Abtheilung.
79. Phil. Sage mir/ Pſychoſophe/ was hat die Seel
ferner vor Kennungen von GOtt?

Pſych. Daß Er allwiſſend und alles ſey;
dann der ein ſo wunderliches Gebaͤu der groſſen
und kleinen Welt erſchaffen/ muß nothwendig
allwiſſend und allweiſe ſeyn/ zumalen zu ſo wun-
derlicher unergruͤndlicher Regierung uñ Allmacht
GOttes/ in den Wercken und Geſchichten/ die
wir taͤglich fuͤr Augen ſehen/ nothwendig eine goͤtt-
liche Wiſſenſchafft und Weißheit erfordert wird.

80. Phil. Jſt Wiſſen und Weiß ſeyn unter-
ſchieden?

Pſych. Ungezweiffelt; dann weiſe ſeyn/ heiſt die
Sachen verſtehen/ wie ſie ſeyn;
Wiſſen
aber/ heiſt der Sachen thun/ laſſen/ und
Geſchichte wiſſen.
Zum Exempel; Daß

ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0118" n="60"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">P&#x017F;ycho&#x017F;ophia.</hi></fw><lb/>
Dann/ wer recht edel &#x017F;eyn will/ der &#x017F;etzet den Adel<lb/>
in die Tugend/ und wer tugendhafft i&#x017F;t/ der &#x017F;ucht<lb/>
&#x017F;olche als eine ko&#x0364;&#x017F;tliche Perl und &#x017F;cha&#x0364;tzbares Ju-<lb/>
wel/ geheim zu halten/ und &#x017F;till vor der Welt dar-<lb/>
mit zu &#x017F;eyn: Dann die wahre Tugend hat die<lb/>
Art/ daß &#x017F;ie den Be&#x017F;itzer &#x017F;elb&#x017F;ten vergnu&#x0364;gt; Die<lb/>
fal&#x017F;che Tugend und Adel aber muß &#x017F;ich der Welt<lb/>
zeigen/ und das Lob und <hi rendition="#aq">æ&#x017F;timation</hi> von au&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
nemlich von der Welt/ empfangen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die fu&#x0364;nfte Abtheilung.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>79. <hi rendition="#aq">Phil.</hi> Sage mir/ P&#x017F;ycho&#x017F;ophe/ was hat die Seel<lb/>
ferner vor Kennungen von GOtt?</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">P&#x017F;ych.</hi> Daß Er <hi rendition="#fr">allwi&#x017F;&#x017F;end</hi> und <hi rendition="#fr">alles</hi> &#x017F;ey;<lb/>
dann der ein &#x017F;o wunderliches Geba&#x0364;u der gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und kleinen Welt er&#x017F;chaffen/ muß nothwendig<lb/>
allwi&#x017F;&#x017F;end und allwei&#x017F;e &#x017F;eyn/ zumalen zu &#x017F;o wun-<lb/>
derlicher unergru&#x0364;ndlicher Regierung un&#x0303; Allmacht<lb/>
GOttes/ in den Wercken und Ge&#x017F;chichten/ die<lb/>
wir ta&#x0364;glich fu&#x0364;r Augen &#x017F;ehen/ nothwendig eine go&#x0364;tt-<lb/>
liche Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft und Weißheit erfordert wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>80. <hi rendition="#aq">Phil.</hi> J&#x017F;t Wi&#x017F;&#x017F;en und Weiß &#x017F;eyn unter-<lb/>
&#x017F;chieden?</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">P&#x017F;ych.</hi> Ungezweiffelt; dann wei&#x017F;e &#x017F;eyn/ hei&#x017F;t <hi rendition="#fr">die<lb/>
Sachen ver&#x017F;tehen/ wie &#x017F;ie &#x017F;eyn;</hi> Wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
aber/ hei&#x017F;t <hi rendition="#fr">der Sachen thun/ la&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
Ge&#x017F;chichte wi&#x017F;&#x017F;en.</hi> Zum Exempel; Daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0118] Pſychoſophia. Dann/ wer recht edel ſeyn will/ der ſetzet den Adel in die Tugend/ und wer tugendhafft iſt/ der ſucht ſolche als eine koͤſtliche Perl und ſchaͤtzbares Ju- wel/ geheim zu halten/ und ſtill vor der Welt dar- mit zu ſeyn: Dann die wahre Tugend hat die Art/ daß ſie den Beſitzer ſelbſten vergnuͤgt; Die falſche Tugend und Adel aber muß ſich der Welt zeigen/ und das Lob und æſtimation von auſſen/ nemlich von der Welt/ empfangen. Die fuͤnfte Abtheilung. 79. Phil. Sage mir/ Pſychoſophe/ was hat die Seel ferner vor Kennungen von GOtt? Pſych. Daß Er allwiſſend und alles ſey; dann der ein ſo wunderliches Gebaͤu der groſſen und kleinen Welt erſchaffen/ muß nothwendig allwiſſend und allweiſe ſeyn/ zumalen zu ſo wun- derlicher unergruͤndlicher Regierung uñ Allmacht GOttes/ in den Wercken und Geſchichten/ die wir taͤglich fuͤr Augen ſehen/ nothwendig eine goͤtt- liche Wiſſenſchafft und Weißheit erfordert wird. 80. Phil. Jſt Wiſſen und Weiß ſeyn unter- ſchieden? Pſych. Ungezweiffelt; dann weiſe ſeyn/ heiſt die Sachen verſtehen/ wie ſie ſeyn; Wiſſen aber/ heiſt der Sachen thun/ laſſen/ und Geſchichte wiſſen. Zum Exempel; Daß ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/118
Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/118>, abgerufen am 27.04.2024.